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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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plötzlich wieder ein, und sie lief nach unten, wobei sie mit ihren Socken auf dem abgewetzten Teppichboden ausrutschte. »Renn nicht so!«, hörte sie Mercy förmlich rufen.
    Im Flur stand, zwischen zehn riesigen Müllsäcken halb versteckt, ihr Rucksack mit den Sachen, die sie aufheben wollte, ein altes Ding von Adidas mit verschlissenen Trägern. Sie steckte die Hand in sein warmes Plastikinneres und zog einen großen braunen Umschlag daraus hervor, dessen Ränder mit Klebeband geflickt waren. In Mercys Handschrift stand darauf: WICHTIGE SACHEN .
    Sie schüttelte den Inhalt heraus: Gasrechnungen, ein Sparbuch, eine Krankenversicherungskarte. Und ein zusammengefalteter grüner Zettel, an den sich Keisha aus der Zeit erinnerte, als sie eine vorläufige Fahrerlaubnis beantragt hatte (um in Pubs reinzudürfen). Ihre Mutter hatte darauf bestanden, das Formular auszufüllen, damit Keisha ihre eigene Geburtsurkunde nicht zu Gesicht bekam, aber sie hatte dann den Umschlag aufgebogen und kurz hineingespäht, so kurz nur, dass sie fast nichts sah, als wollte sie gar nicht wissen, was da stand.
    Da stand der Name ihrer Mutter und rechts daneben: Beruf: Studentin . Ihre Mutter hatte sich als Studentin bezeichnet? Ihre Mutter, die tagein, tagaus nichts anderes tat, als Ärsche abzuwischen? Aber ihr blieb keine Zeit, erstaunt zu sein, denn in dem Moment erblickte sie diesen Namen. Unter Vater stand da: Ian Stone. Beruf: Dozent .
    Hegarty
    Hegarty warf noch einmal einen Blick auf die Adresse in seinem Notizbuch. Ja, er war hier richtig. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ein Ganove wie Jonny McGivern in so einem hübschen, gepflegten Reihenhaus in West Hampstead wohnte. Doch als er die Datenbank nach Chris Deans Komplizen abgefragt hatte, hatte sie diese Adresse ausgespuckt.
    Es dauerte eine ganze Weile, doch schließlich kam ein großer, kräftiger Typ an die Tür. Er trug weiter nichts als eine Unterhose und kratzte sich am Kopf.
    »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie geweckt habe, Sir«, sagte Hegarty in spitzem Ton. Es war schon fast zwei Uhr nachmittags.
    Der Mann guckte verwirrt und schaute dann an Hegarty vorbei auf die stille Straße hinaus. Dann erstarrte er plötzlich. »Sind Sie von der Polizei?«
    »Wow, Bestnoten. Dürfte ich Sie kurz sprechen – Jonny, nicht wahr?«
    Jonny ließ ihn widerwillig herein, und Hegarty blieb im Durchgang zum Wohnzimmer stehen. Auf sämtlichen Sitzgelegenheiten lagen Klamotten, auf dem Sofa auch eine verknäulte Bettdecke mit Arsenal-Bezug. Es stank nach Schnaps und Marihuana, und bei einem Blick in die Küche hatte er gesehen, dass sich in der Spüle Schmutzgeschirr stapelte. Apropos: Wann hatte er bei sich daheim eigentlich das letzte Mal Geschirr gespült? Diese Neben-Ermittlungen ließen ihm kaum noch Zeit für so etwas.
    Hegarty wies mit einem Nicken auf das Sofa. »Hat jemand bei Ihnen übernachtet?«
    »Äh … nö. Äh, ich meine: Ja. Ich. Das hier ist die Wohnung meiner Mutter.«
    »Und wo ist Ihre Mutter?«
    »Äh, die ist verreist. Nach Spanien.«
    Hegarty beschloss, die Drogen-Utensilien, die Jonny dummerweise im ganzen Raum hatte herumliegen lassen, nicht zu beachten. Deshalb war er nicht hier. »Haben Sie Ihren Kumpel Chris Dean in letzter Zeit mal gesehen?«
    »Wen?«
    Dieser armselige Versuch zu lügen entlockte ihm ein Lachen. »Hören Sie doch auf. Sie beide kennen sich doch schon seit Ewigkeiten. Wann war das – 1999? Da sind Sie beide wegen Ladendiebstahls eingelocht worden. Sie waren doch ein richtiges Diebesgespann.«
    Jonny schaute verwirrt und schlang sich in einer defensiven Geste die Bettdecke um den nackten Oberkörper. »Ich hab ihn ewig nicht gesehen.«
    »So, so. Sie wohnen hier also allein, und Ihre Mutter ist verreist?«
    »Äh … ja.«
    »Und dennoch pennen Sie auf dem Sofa.«
    Wieder dieser verwirrte und auch schmerzerfüllte Blick, als bekäme der Mann von dem Versuch zu lügen tatsächlich Kopfschmerzen. »Ja.«
    »Dann sagen Sie mir eins, Jonny: Wissen Sie irgendwas über den Mord im Kingston Town Club?«
    »Ich dachte, ihr hättet den Schuldigen längst geschnappt?«
    Hegarty schlenderte im Zimmer umher, wobei er mit der Schuhspitze Imbissverpackungen aus dem Weg schob. »Er hatte was mit irgendwelchen Gangs zu tun, dieser Anthony Johnson, nicht wahr? Ich dachte, Sie wüssten vielleicht irgendwas darüber.« Er wandte sich um und sah Jonny eindringlich an. »Oder wollen Sie mir erzählen, dass Sie auch davon keinen blassen Schimmer haben?

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