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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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Geld, und dann schlug die Stunde der Nudel- und Espresso-Maschinen und was nicht noch alles.
    Diese Freunde ließen sich übrigens nicht groß blicken. Wenn sie nicht gerade an Dan schrieb oder ihre Briefe an ihn zurückgeschickt bekam oder sich am Telefon mit ihrer Mutter stritt, versuchte Charlotte die ganze Zeit, bei ihren Freunden anzurufen, aber die schienen sie alle nur abzuwimmeln. Einmal ging sie auf eine Party, kam früh wieder nach Hause, verschwand in ihrem Schlafzimmer und weinte zirka drei Stunden lang.
    »Die glauben alle, er war’s«, sagte sie, mit roten, verquollenen Augen. Charlotte war geradezu Großkundin beim Boots-Drogeriemarkt, so viele Taschentücher, Augen-Pads und Beruhigungsmittelchen verbrauchte sie. »Die glauben, er ist ein, na ja, ein Rassist. Und sie finden, nach dem, was er getan hat, sollte ich nicht zu ihm halten. Heute Abend hat mich tatsächlich ein Typ gefragt, wie ich es überhaupt noch mit mir selbst aushalte!« Sie fummelte die ganze Zeit mit ihren Händen herum, das konnte einen echt wahnsinnig machen. Der weiße Streifen an ihrem Finger, den ihr Ring hinterlassen hatte, zeichnete sich ganz deutlich ab. »Und ich weiß dann gar nicht, was ich dazu sagen soll. Halte ich denn überhaupt noch zu ihm? Ich habe meinen Ring verkauft, und ich habe Dan jetzt schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Bin ich überhaupt noch verlobt?« Und dann wieder die Tränen, das Schluchzen und Schniefen und Schnaufen, und dann schnäuzte sie sich in Kleenex-Balsam-Taschentücher – nicht gerade billig.
    Keisha konnte es sich nicht leisten, so zu weinen, und darum weinte sie lieber gar nicht. Sie ging meist abends um sechs zur Arbeit, kam um vier wieder heim und schlief bis mittags. Wenn Charlotte nicht da war, hatte sie irgendwie das Gefühl, nicht das Recht zu haben, in dieser Wohnung zu sein, als müsste sie auf Zehenspitzen umherschleichen. Manchmal klingelte das Telefon, und dann zuckte sie zusammen. Normalerweise ging sie nicht ran, aber eines Tages hörte es überhaupt nicht mehr auf zu klingeln, und deshalb nahm sie den Hörer ab, nur um endlich wieder ihre Ruhe zu haben. »Ja?«
    Eine vornehm klingende Frauenstimme: »Wer ist da? Bist du das, Charlotte?«
    »Nein, äh. Sie ist nicht da.«
    »Und mit wem spreche ich?«
    »Äh … ich bin bloß ’ne Freundin.«
    »Haben Sie keinen Namen? Wissen Sie nicht, wie man sich anständig am Telefon meldet?«
    Keisha sagte nichts darauf; sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte.
    »Sind Sie schwerhörig? Wo ist meine Tochter?« Ach du Scheiße, das war Charlottes Mutter.
    »Sie kommt bald wieder, ja?«
    »Unerhört!« Am anderen Ende wurde der Hörer aufgeknallt. Hochnäsige Zicke!
    Danach ging Keisha nicht mehr ans Telefon. Man konnte ja nie wissen, wer dran war. Nachmittags lag sie einfach nur da und dachte an ihre Mutter und an Ruby – und an Chris. Sie fragte sich, wo er wohl steckte. Das waren die Menschen, die sie als ihre Familie bezeichnet hätte, diese drei Personen, und alle anderen konnten sie mal. Aber diese drei waren jetzt weg, jeder auf seine Weise.
    Als Keisha an ihrem ersten Abend in den Club kam, war sie in ihrem üblichen Arbeitsmodus, das heißt, sie wartete nur darauf, mies behandelt zu werden. Klopfte förmlich mit dem Fuß, wo denn der Stunk blieb.
    Der Geschäftsführer hieß Dario, ein schlanker Schwarzer mit echtem Cockney-Akzent. Wie es angehen konnte, dass er Dario hieß, wo er doch aus Essex stammte, war ihr ein Rätsel. Wahrscheinlich hieß er in Wirklichkeit Darren. Als er sie das erste Mal erblickte, musterte »Dario« sie von oben bis unten. »Ja, Schätzchen?« Sie war sich ziemlich sicher, dass er schwul war. Mercy wäre entsetzt gewesen.
    Sie trat ihm selbstsicher entgegen. Er trug eine Hüftjeans und ein enges T-Shirt. Das ganze Personal hatte diese schwarzen Shirts an, Dario aber schien eine Frauengröße zu tragen. »Ich will zu Ronald«, sagte sie. Seine schlanken Augenbrauen hoben sich. Waren die etwa gezupft? Und dann wurde sie zur Arbeit eingeteilt, stapelte benutzte Gläser, schaufelte Eis, bis ihr fast die Hand abfror, und öffnete zirka sechzigtausend Flaschen. In dieser ersten Nacht ließ man sie nicht mit der Kundschaft in Kontakt kommen – größtenteils Schwarze, die wegen der dröhnenden Reggaemusik kamen, aber zwischendrin auch ein paar weiße Wichser, die Hände voller Geld. Und die große blinkende Kasse durfte sie auch noch nicht bedienen. Alle taten so, als brauchte man ein

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