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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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können wir ihn ja dort erreichen.»
    «Moment mal, Sergeant – ich bin sein Schwager, Harvey Kanter von der Times-Herald … Ist ein Unfall passiert? Oder wurde bei den Gorfinkles eingebrochen?»
    «Nein, Mr. Kanter, nichts Derartiges.» Und der Beamte legte auf. Kanter hatte ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend und überlegte, was er tun sollte.
31
    Sergeant Herder von der Bostoner Polizei war bekannt für seine Engelsgeduld; aber die Vernehmung der alten Schlampe, die ihm gegenübersaß, stellte sie auf eine harte Probe.
    «Schaun Sie mal, Madelaine – wir sind auf Ihre Mitarbeit angewiesen … Erinnern Sie sich noch, was ich Ihnen gesagt habe? Der Mann weiß, dass Sie ihn gesehen haben, als er die Wohnung von Wilcox verließ. Darum hat er jetzt wahrscheinlich Angst, und das kann gefährlich werden … Verstehen Sie?»
    Sie nickte eifrig und glotzte ihn weiter an wie hypnotisiert.
    «Was verstehen Sie?»
    «Er kann gefährlich werden.»
    «Gefährlich für wen?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Weiß ich nicht.»
    Sergeant Herder erhob sich und ging mit raschen Schritten zum andern Ende des Zimmers. Er blieb vor der Wand stehen, starrte sie mit leerem Blick an und kam dann langsam zurück. «Er könnte versuchen, Sie umzubringen, Madelaine. So, wie er Wilcox umgebracht hat.»
    «Ja, Sir.»
    «Ja, Sir – was?»
    «Er könnte versuchen, mich umzubringen.»
    «Gut. Vergessen Sie das nicht. Wir müssen ihn kriegen, bevor er das womöglich tut. Und um ihn zu finden, müssen wir wissen, wie er aussieht … Verstehen Sie?»
    «Ich weiß doch, wie er aussieht.»
    «Ich weiß, dass Sie’s wissen. Aber wir müssen’s auch wissen. Darum müssen Sie’s uns sagen … Wie groß war er etwa? War er groß oder klein?»
    «Also … So mittel, ja?»
    «Welche Haarfarbe?»
    «Er hat ’n Hut aufgehabt.»
    «Na schön. Und welche Farbe hatte der Hut?»
    «Na, eben wie so ’n Hut.»
    «Wie ein Hut – fein. Und jetzt passen Sie mal auf, Madelaine: Mein Kollege Donovan hier, der ist ein Künstler. Er kann Bilder malen.»
    «Ich weiß, was ein Künstler ist», erklärte sie mit Würde.
    «Natürlich wissen Sie’s. Endlich kommen wir voran … Donovan wird Ihnen jetzt ein paar Zeichnungen vorlegen. Auf jeder ist ein anderes Gesicht. Schauen Sie sich die Bilder genau an und sagen Sie mir dann, welches dem Mann, den Sie gesehen haben, am ähnlichsten sieht … okay?»
    Sie nickte.
    «Zeig ihr eins mit Hut, Donovan!»
    «Jaaa …» Sie betrachtete die Skizze. «Also, er war mehr verknautscht, der Hut», erklärte sie schließlich.
    «Und das Gesicht?»
    «Ja, so hat er ausgesehn.»
    «Sehr gut. Jetzt kommen wir weiter …»
    «Moment mal!» Donovan zeichnete mit raschen Strichen ein zweites Gesicht auf ein Blatt, völlig verschieden von dem ersten, und hielt es der Frau vor die Nase: «Und das Gesicht hier?»
    «Ja, so hat er auch ausgesehn.»
    «Vielleicht probierst du’s doch besser nochmal mit den Fotos aus der Kartei», schlug Donovan vor.
    Herder schüttelte müde den Kopf. «Wenn sie ihn sähe, würde sie ihn wieder erkennen, da bin ich sicher … Sie kann ihn bloß nicht beschreiben.»
    «Ich frag mich allmählich, ob sie ihn überhaupt gesehen hat.»
    «Mit dem andern war’s doch dasselbe Theater, mit diesem abgetakelten Footballstar, wegen dem dieser Dings – na … Lanigan aus Barnard’s Crossing angerufen hat … Aber dann hat sie doch sein Bild unter den Fotos rausgefunden, die wir ihr vorgelegt haben …» Er wandte sich wieder zu der Frau: «Also, Madelaine: Ich werde Ihnen jetzt Bilder zeigen, Fotos … eine ganze Menge Fotos. Wenn Sie ihn auf einem davon erkennen, sagen Sie Halt … Kapiert?»
    «Klar, Sergeant. Ich mach alles, was Sie wollen.»
32
    Als das Telefon klingelte, war Mrs. Carter sicher, dass es Moose sein müsse. Aber dann war es eine fremde Stimme:
    «Kann ich Mr. Carter sprechen, bitte?»
    «Er ist ausgegangen», antwortete sie. «Soll ich ihm etwas bestellen?»
    «Hier ist die Polizeiwache von Barnard’s Crossing. Wissen Sie, wo Mr. Carter zu erreichen ist? Wann erwarten Sie ihn?»
    «Er ist nach dem Abendessen ausgegangen», sagte sie. «Und ich weiß nicht … Moment mal! Ich höre einen Wagen … Vielleicht ist er’s. Bleiben Sie am Apparat …»
    Sie hörte, wie jemand die Tür aufmachte. «Bist du’s, Raphael?», rief sie. «Da ist ein Anruf für dich …»
    Er griff nach dem Hörer. «Ja? Carter hier …»
    «Polizeiwache Barnard’s Crossing, Lieutenant Jennings. Könnten Sie bitte

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