Am Sonntag blieb der Rabbi weg
drin ist, deswegen darf man den Tempel noch lange nicht zerstören. Das kann ich nicht zulassen. Es ist gegen meinen Glauben …» Er sah den Rabbi durchdringend an. «Verstehen Sie mich recht – ich suche keinen Streit mit der Polizei oder mit der Stadtverwaltung, aber wenn die darauf bestehen, wird es Streit geben. Ja, und …» Er zögerte, fuhr aber gleich wieder fort: «Es heißt, dass Sie mit Lanigan befreundet sind, Rabbi. Da hab ich mir gedacht, vielleicht können Sie mal mit ihm reden.»
«Ja – aber auf welcher Rechtsgrundlage? Ich bin kein Anwalt; ich kann Sie nicht vor dem Gesetz vertreten. Warum nehmen Sie keinen Anwalt?»
Carter schüttelte den Kopf. «Ich will keinen Streit, Rabbi. Wenn die Sache vor Gericht kommt, werd ich mir schon einen Anwalt nehmen. Einstweilen geht’s nur darum, ob man Lanigan überzeugen kann … Bitte, Rabbi! Versuchen Sie’s. Um meinetwillen und um meiner Frau willen!»
«Gut. Ich werde mit ihm sprechen», erklärte der Rabbi. «Aber machen Sie sich keine großen Hoffnungen. Wie ich Lanigan kenne, würde er eine solche Bitte nicht abschlagen, wenn er nicht gute Gründe dafür hätte. Und wenn er die hat, werde auch ich nicht viel ausrichten können … Aber wenn Sie wollen, spreche ich mit ihm.»
«Wann?», fragte Carter mit Nachdruck.
«Wann Sie wollen.»
«Dann tun Sie’s gleich jetzt. Heute Abend noch.»
35
«Hast du schon mit den Hillsons gesprochen?», fragte Lanigan.
«So gut wie.» Lieutenant Jennings grinste. «War aber nicht ganz einfach … Die Haushälterin hat sich gemeldet. Mann, die hat vielleicht Haare auf den Zähnen – na! Die Mädchen schlafen schon, hat sie gesagt … Mädchen ist gut; die jüngere von den beiden Schwestern ist Mitte siebzig … Ja, und sie wird sie auf keinen Fall wecken, und überhaupt, um die Tageszeit rufen anständige Leute nicht mehr an, und es ist ihr ganz egal, ob ich auf der Polizeiwache sitze oder im Pentagon.»
«Hat sie Pentagon gesagt?»
«Wörtlich. Und aufgelegt … Ich ruf sie also wieder an und sag ihr, wenn sie das nochmal macht, lass ich sie von der Streife abholen. Daraufhin wurde sie umgänglicher und wollte wissen, was los ist. Ich sag zu ihr, jetzt ist keine Zeit für lange Erklärungen – so ganz ruhig, ja? Keift sie mich doch an, jetzt langt’s ihr aber, jetzt ruft sie die Polizei an – ihre Polizei … Also, es war schon sehr lustig. So nach und nach hab ich dann rausgekriegt, dass sie das Haus verkaufen wollen, und die Maklerfirma Bellmore in Lynn hat die Schlüssel. Gott sei Dank fiel mir gleich ein, dass das bloß der Firmenname ist, zusammengezogen aus Bell und Morehead, und dass John Morehead hier in Barnard’s Crossing wohnt. Ich ruf ihn also an, und er sagt, er hat den Schlüssel jemand gegeben, einem Interessenten, der heute Abend um halb neun mit ein paar Leuten da draußen verabredet war. Er konnte nicht selber rausfahren, sagt Morehead, weil …»
«Hat er gesagt, wer die Leute sind?»
«Wusste er selber nicht. Er kennt nur den Mann, dem er den Schlüssel gegeben hat.»
«Und wem hat er … Mensch, mach’s doch nicht so spannend!»
«Meyer Paff. Weißt du, der …»
«Ja, ich weiß. Der mit den Kegelbahnen.»
«Genau. Überall hat er welche: in Lynn, in Revere … bis rauf nach Gloucester.»
«In Lynn …» Lanigans Augen glänzten. «Ausgerechnet in Lynn! Kevin O’Connor hat mich vor ein paar Tagen angerufen und sich nach Paff erkundigt … Die Polizei von Lynn hat ein Auge auf die Kegelbahn dort. Möglicherweise ein Umschlagplatz für Hasch.»
«Na, ich weiß nicht … Da kann er viel überwachen; wo sich junge Leute rumtreiben, wird heutzutage mit Hasch gehandelt.»
«Ja, aber überleg doch mal: Moose Carter ist tot, und wir finden das Zeug in seiner Tasche. Eine Zeugin hat ihn ein paar Stunden zuvor in Boston bei diesem Wilcox gesehen – bei Wilcox, der im Verdacht steht, mit Rauschgift zu handeln. Bei Wilcox, der auch tot ist … Und wo wird Moose gefunden? In der Hillson-Villa, zu der Meyer Paff den Schlüssel hat, wo er heute Abend verabredet war … Der gleiche Meyer Paff, der eine Kegelbahn in Lynn hat, von der die dortige Polizei annimmt, dass dort Rauschgift gehandelt wird – und wo Moose gearbeitet hat … Ich finde, das addiert sich ganz nett!»
«Du addierst Zufälle.»
«Hm … Immerhin, der Zufall, dass beide mit Rauschgift zu tun haben – also gut, im Fall Paff habe ich nur den Namen in Zusammenhang mit Rauschgift nennen hören … Durch diesen Zufall
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