Am Ufer (German Edition)
wird zum Objekt seines Hasses, er hasst die Bretter, hasst die Maschinen und Werkzeuge, hasst die Halle, weil all das nicht mehr dazu beitragen wird, den Wohnwagen und seine blöde Freude an sommerlichem Schnee und winterlichen Stränden zu bezahlen, diese ganzen Instrumente, Installationen und Werkzeuge werden ihm nicht dabei zu Diensten sein, seinen selbstsüchtigen Traum zu erfüllen von einem Leben auf Achse, immer hin zu der Sonne, die am meisten wärmt, der infantile Traum, dem er sein Leben gewidmet hat; selbstverständlich trifft die Galle vor allem mich, realer Geifer, der weiß und klebrig in den Mundwinkeln nistet, vom Zorn gestockte Spucke, klebriger weißer Schleim, Tischlerleim. Es sind nicht nur die Worte, die er ausgesprochen hat, es ist der Ton, dieGesten und die Gewalt, die sich auf seine Werkzeug-Hände überträgt und sie in Zangen, Hämmer verwandelt: Die Nägel zeichnen die Handflächen, auf die sie drücken, kleine, rötliche Kerben, er drückt sehr stark, konzentriert in diesem Druck der Finger seine Wut. Als wären wir von der ersten Begegnung an Feinde gewesen und als hätte er schon immer gewusst, dass ich ihn am Ende betrügen würde. Jetzt gerade schweigt er, er war noch nie freimütig in seinen Reaktionen, er ist glitschig, schlüpfrig, sumpfig, nun aber ist da eine gewisse Klarheit, Festigkeit, du kannst den Fuß drauf stellen und meinst nicht einzusinken: Ich habe dir nie vertraut und mich nicht geirrt, dein Vater hatte recht, sagen mir die Augen, die zusammengepressten Lippen, die in die Handfläche gedrückten Nägel, da ist ein Verdacht explodiert, der über dreißig Jahre vorhanden war. Álvaro kam ins Haus, als ich an die Kunstakademie ging und mein Vater allein zurückblieb, er hat mich ersetzt, und mein Vater hat den Jungen so gut wie adoptiert, als dessen Vater starb, er war ein geliebtes Kind, der die Mängel des unerwünschten Sohnes auszugleichen hatte; obwohl mich besonders ärgert, was seine Augen mir sagen, blicke ich auf seine angespannten Fäuste, zwei Werk zeuge, die so aussehen, als würden sie gleich ihre Kraft an der Glasplatte, die auf dem Tisch im Büro liegt, auslassen, an diesem vorgeblich eleganten Möbel mit den Schnitzereien im Stil der Renaissance oder der spanischen Spätgotik, das mein Großvater gefertigt hat, oder mein Vater und mein Großvater zusammen, und das im Büro ausgestellt ist, von meinem Vater inzwischen als sein Meisterstück deklariert – womöglich ein Akt widerrechtlicher Aneignung. Mein Vater tut so, als ob die Fertigkeiten vererbt würden und nicht Resultat einer mühseligen Lehrzeit wären. Ein Fortführer der Arbeit seines Vaters. Der Tisch ist das Schaustück des fiktiven Katalogs unserer Arbeiten, ausgestellt, um den Kunden zu bezirzen, der sieht den Tisch, sieht die vier Stühle, alle passend, in ihren Hauptlinien gleich, doch unterschieden, wenn man die Details betrachtet: die Einschnitte an den Rückenlehnen, das Schnitzwerk an den hinterenStuhlbeinen, was bei dem einen ein geometrisches Relief und beim anderen eine Girlande oder ein Blumenmuster darstellt, und er wird davon ausgehen, dass dies alles den Händen dessen entsprungen ist, der einmal Bildhauer werden wollte, obwohl, wie ich schon sagte, die Urheberschaft hängt in der Luft, hat er sie gemacht und der Großvater half dabei, oder hat der Großvater sie mit des Sohnes Hilfe gemacht: die Version änderte sich je nach dem Kunden, der Vater wird gewusst haben, warum, er wird sich seine Gedanken gemacht, Berechnungen angestellt haben, wann er die Tradition des Hauses, wann die eigenen Verdienste herausstellen musste, jedem Tier seinen Köder, wie sein Bruder sagte; mit der Zeit setzte sich immer mehr die erste Version durch, bei der er der Urheber, der Großvater gerade mal eine Hilfskraft oder ein Zuschauer war, mein Onkel hat das Geheimnis nie gelüftet, als ginge es darum, den Mörder zu decken, der das ursprüngliche Verbrechen beging, auf dem die Firma aufbaut, und als tauge das Verwirrspiel dazu, das, was wichtig war, zu verbergen. Mein Vater hinter dem Tisch: Eine Firma, die bald hundert wird, sagt er in dem Augenblick, in dem ich ins Büro trete und ihn um einen Kostenvoranschlag bitten will, und wenn er so redet, glaubt er den Käufer davon zu überzeugen, dass er sich in einer angesehenen Kunsttischlerei befindet, die daran gewohnt ist, mit den edelsten Hölzern zu arbeiten, Linde, Nussbaum, Mahagoni, und nicht in einer Klitsche, die sich nur mit kleinen
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