Am Ufer (German Edition)
das Laden und Entladen des Mülls, bei dem du nachts völlig geschafft endest; andererseits kommt jetzt alle naslang der Aufseher, um dich anzutreiben, und freitags und samstags wird nachts bei den kollektiven Besäufnissen so viel Müll produziert, du kannst es dir nicht vorstellen, die halbe Stadt ein Abort, eine Spelunke, was man da manchmal findet, unglaublich, junge Leute mit mittlerer Reife, Abitur, solche, die schon zur Universität gehen, sind derartige Rüpel und hinterlassen einen Schweinestall. Einmal hatten sie alle kleinen Palmen am Boulevard herausgerissen, dabei waren die erst eine Woche zuvor gepflanzt worden, und man hatte alles hübsch hergerichtet für den Präsidenten der Generalität, der das gärtnerische Werk einweihen sollte; ein andermal waren es die Rosen im Park, die man entwurzelt hatte, oder sie hatten die Bäumchen auf irgendeiner neuen Plaza abrasiert, nichts als die kahlen Stämme, das habe ich selbst gesehen: Du fährst heute vorbei, siehst eine gepflegte Anlage, richtig hübsch, und am nächsten Tag siehst du, dass die Bäumchen, die vor ein paar Monaten von den Gärtnern gepflanzt worden waren und sich nett entwickelt hatten, nur noch dreißig oder vierzig Pfähle sind, kein Ast, kein Blatt, nichts, kannst du mir mal sagen, was das für einen Spaß machen soll, Bäume zu rasieren, sollen sie sich doch mit sich selbst oder der Freundin verlustieren, und dann, was müssen die gerackert haben, da muss man schon sehr übel drauf sein. Man sieht ja, am Tag hängen diese Scheißkerle nur faul rum, und in der Nacht überkommt sie plötzlich die Lust zu arbeiten, sie müssen die ganze Nacht mit Axt, Säge, Kreissäge oderwas auch immer geschuftet haben, um die Bäume so zuzurichten; jedes Wochenende der gleiche Saustall, Kotze, Pisse, kaputtes Glas, sogar Kackwürste, sie scheißen unter die Arkaden oder hinter die Büsche oder Hecken, auf den Rasen, und dann kommen die Mütter mit ihren Kleinen, und die spielen im Sandkasten und kommen mit Kot an den Händen zurück, und die Mütter protestieren bei der Stadtverwaltung, da sei so viel Schmutz, sogar menschliche Exkremente, klagen sie dem Beauftragten für die Grünanlagen vor, und der Schwarze Peter liegt bei uns, als wären das unsere Exkremente, die der Straßenkehrer. Diese verzogenen Bürschchen scheißen überallhin, können gar nicht anders, weil sie sich mit allem möglichen Dreck abfüllen und ihre Körper rebellieren und Dünnschiss produzieren, aber da ist auch Böswilligkeit dabei, sie wollen ärgern, Schaden anrichten, einfach aus Gemeinheit; es gab Augenblicke, da glaubte ich, als Müllmann sei man besser dran, man hat seine Route, seine feste Arbeit, soundso viele Container an dieser oder jener Strecke, und das gab einem Sicherheit, selbst wenn ab und zu eine böse Überraschung kam, dies dagegen war eine ständige Überraschung, und an Markttagen oder wenn die Stadtverwaltung irgendeinen Rummel, eine öffentliche Veranstaltung organisierte, dann war die Arbeit so etwas von beschissen, dann dachte ich, hundert Mal lieber Müllmann, aber, wenn ich ehrlich bin, gab es da auch Momente, wo ich das Gegen teil dachte: diese leuchtenden Morgen im Winter oder auch im Frühling, egal, da war man mit sich und seinem Besen allein und fühlte sich als Herr der Stadt, frische Morgen, sonnig, die Straßen leer, die Menschen in ihren Häusern oder bei der Arbeit, die Kinder in der Schule, höchstens die eine oder andere alte Frau mit ihrem Einkaufswägelchen, sie lächelt dir zu, wünscht dir einen guten Tag, nennt dich mein Sohn, da sagst du dir, dass du niemals sterben willst, und holst dein belegtes Brot und deine Bierdose raus, setzt dich auf eine Parkbank und isst und trinkst in der Wintersonne oder im frühlingshaften Schatten einer Pinie: Kaum zu glauben, dass du für diese Arbeit auch noch bezahlt wirst. Wenn es sich manchmal morgens ergab, dass ich vor der Schule kehrte, in die Iván, der Kleine, geht, und Pause war,da war es mir anfangs peinlich, wenn er nach mir rief und für einen Kuss zum Zaun kam (Befriedigung war auch dabei, klar), aber später wärmte es mir das Herz, wenn ich sah, wie alle Kinder mit Iván zum Zaun rannten, um mich zu begrüßen, geradezu ein kleines Fest veranstalteten, sie sprangen und riefen, lachten ganz natürlich, denn in diesem Alter sind sie noch nicht boshaft, außerdem mögen sie Verkleidungen und Uniformen. Sie sahen mich in der Uniform, und da sagten die Engelchen doch, sie wollten, wenn sie
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