Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
noch nicht sicher wegen Vasquez«, fügte Amanda schnell hinzu, solange sie noch im Vorteil war, »aber ich will das Recht haben zu entscheiden, ob er dabei ist oder nicht.«
Frank stieß die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte.
»Lass uns später darüber reden!«
»Ich will das jetzt entschieden haben. Hältst du mich für kompetent genug, um diese Verteidigung zu übernehmen?«
Frank zögerte.
»Was ist, Dad? Wir arbeiten seit fünf Jahren zusammen. Du hattest eine Ewigkeit Zeit, um dir ein Bild von meinen Fähigkeiten zu machen. Wenn du nicht glaubst, dass ich es schaffe, scheide ich noch heute aus der Kanzlei aus.«
Frank legte den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen.
»Du bringst mich noch dazu, dass ich mir die gute alte Zeit zurückwünsche, als kleine Mädchen höflich zu ihren Vätern waren und Hauswirtschaft studierten.«
»Leck mich!«, sagte Amanda, der es nicht ganz gelang, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken.
»Wo hast du denn diese Sprache her?«
»Von dir, du alter Mistkerl. Aber jetzt lass uns zu Justines Fall zurückkehren!«
»Das wird wohl besser sein, bevor du auch noch eine Gehaltserhöhung verlangst.«
Amanda hob eine Augenbraue. »Keine schlechte Idee.«
»Hör auf, solange du im Vorteil bist, du undankbares Ding!«
Amanda lachte. Dann wurde sie ernst. »Gab es eigentlich auch andere Verdächtige bei Cardonis Verschwinden?«
Frank nickte. »Martin Breachs Mann fürs Grobe, Art Prochaska, der Kerl, von dem du dachtest, du hättest ihn von der Hütte wegfahren sehen.«
»Natürlich.«
»Breach ist berüchtigt dafür, Leute zu Kleinholz zu machen, die er nicht mag, und er hatte auf Cardoni ein Kopfgeld ausgesetzt, weil er glaubte, dass er ihn beim Schwarzmarkthandel mit Organen übers Ohr gehauen hat. Vielleicht war der Rest von Cardoni im Kofferraum, als Prochaskas Auto an dir vorbeifuhr.«
»Was für ein angenehmer Gedanke.«
»Du hast mich gefragt.«
»Kennst du Prochaska so gut, dass er mit dir reden würde?«
»Warum?«
»Ich möchte gern wissen, was er in der Nacht, als ich die Hand fand, in der Hütte wollte. Wenn er Cardoni nicht umgebracht hat, erzählt er es uns vielleicht.«
»Prochaska behauptete, er wäre überhaupt nicht im Umkreis der Hütte gewesen. Er hatte ein Alibi.«
»Er lügt, Dad. Ich könnte zwar nicht vor Gericht beschwören, dass ich ihn gesehen habe, aber er war in dem Auto.«
Frank überlegte einen Augenblick. »Martin hat mir immer vertraut. Ich bin mir sicher, dass er Art damals befohlen hat, als Zeuge für Cardoni auszusagen. Ich will mal sehen, was ich tun kann. Ich lasse dich wissen, was Martin gesagt hat, sobald ich mit ihm geredet habe.«
Frank ging in sein Büro, um sich durch den Stapel Post zu arbeiten, der sich während seiner Abwesenheit angesammelt hatte. Amanda ging zum Empfangstisch, holte sich einen dicken Stapel Anrufaufzeichnungen ab und kehrte in ihr Büro zurück. Frank hatte nicht gelogen, was die Anrufe von Geraldo und Co. anging, aber die Nachricht, die sie aufhören ließ, kam nicht aus New York oder Los Angeles. Amanda schlug sich mit dem Zettel auf die Handfläche, weil sie unschlüssig war, ob sie die Nummer anrufen sollte oder nicht. Sie drehte sich mit ihrem Stuhl und schaute zum Fenster hinaus. Der Name auf dem Zettel rief gemischte Gefühle in ihr hervor. Plötzlich sagte Amanda: »Warum nicht?«, und wählte die Nummer des St. Francis Medical Center. Sie nannte der Vermittlerin den Namen des Anrufers und wurde durchgestellt. Einen Augenblick später hörte sie Tony Fioris Stimme.
»Amanda?«, fragte er zögernd.
»Lange her, Tony«, sagte sie sachlich. »Ich wusste gar nicht, dass du wieder in der Stadt bist.«
»Ja. Ich bin wieder am St. Francis.«
»Wie war's in New York?«
»Gut. Aber eigentlich hatte ich die meiste Zeit so viel zu tun, dass ich das Dortsein gar nicht so recht genießen konnte.«
»Und, was gibt's?«, fragte Amanda, die längst wusste, warum er angerufen hatte, aber nicht mit der Tür ins Haus fallen wollte.
»Ich war seit letztem Freitag in New Orleans und habe bis heute Morgen keine Zeitung gesehen. Ich habe gelesen, dass Justine wegen dieser Morde angeklagt wird.«
Vor Amanda tauchte kurz das Bild auf, wie Justine und Tony vor vier Jahren nebeneinander in Fioris Haustür gestanden hatten.
»Deshalb hast du also angerufen, wegen Justine?«, fragte sie.
»Dein Name stand auch in der Zeitung, Amanda.« Er hielt inne. »Hör zu, ich muss in drei Minuten
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