Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
noch verlegener. Auf der Bühne tanzte eine Frau mit unnatürlich großen Brüsten ekstatisch zu einem dröhnenden ZZ-Top-Song. Amanda wandte den Blick ab und folgte Frank an der Bar vorbei zu einem kurzen Gang, an dessen Ende sich ein Büro befand. Ein Mann mit Stiernacken und enormen Schultern stand vor der Tür.
»Wir wollen zu Mr. Prochaska«, sagte Frank zu dem Mann.
»Er erwartet Sie.«
Art Prochaska saß eingeklemmt hinter einem Schreibtisch am anderen Ende des schmalen Zimmers. Seit dem Antrag auf Nichtzulassung hatte er zugenommen, wirkte aber kein bisschen weniger einschüchternd. Ein maßgeschneiderter Anzug ließ ihn beinahe respektabel aussehen. Er und Frank gaben sich über den Schreibtisch hinweg die Hand.
»Schon eine Weile her, Art.«
»Ein paar Jahre.«
»Das ist meine Tochter Amanda.« Amandas Hand verschwand in der Pranke des Gangsters. »Sie erinnern sich vielleicht noch an sie. Sie war während der Vorverhandlung in Cedar City meine Assistentin.«
»Angenehm«, sagte Prochaska und wandte sich dann wieder Frank zu. »Martin sagte, Sie wollen mit mir reden.«
»Vielen Dank, dass Sie so schnell reagiert haben.«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann, aber ich werd's versuchen. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich möchte wissen, was vor vier Jahren in dieser Berghütte in Milton County passiert ist«, sagte Amanda.
Prochaska schien überrascht, dass Amanda die Frage gestellt hatte. Als er antwortete, wandte er sich an Frank.
»Ich war nie dort. Ich spielte in dieser Nacht Karten. Ich hatte fünf Zeugen.«
Amanda wollte Prochaska schleunigst die Vorstellung austreiben, sie sei Franks Sekretärin.
»Ich bin mir sicher, das waren ganz wunderbare Zeugen, Mr. Prochaska«, sagt sie bestimmt. »Aber ich war auch dort, und als ich vor der Hütte ankam, sah ich Sie wegfahren.«
Nun wandte Prochaska sich doch Amanda zu. Sie begegnete seinem Blick und hielt ihm stand.
»Da irren Sie sich.«
»Wahrscheinlich, wenn Sie fünf Zeugen haben«, erwiderte Amanda mit einem Lächeln, das andeutete, dass sie ihm nicht glaubte. »Aber gehen wir einmal rein theoretisch davon aus, dass ich mich nicht irre. Was hätten Sie dann um diese Nachtzeit in dem Anwesen zu tun gehabt?«
»Warum sollte das von Interesse sein?«
»Ich vertrete Vincent Cardonis Exfrau, Justine Castle. Ihr wird vorgeworfen, in einem Farmhaus in Multnomah County mehrere Menschen ermordet zu haben. Im Keller dieses Farmhauses befindet sich eine Art Operationsraum. In einem Gräberfeld auf der Farm wurden noch andere Opfer gefunden.«
»Und?«
»Der Tatort ist fast identisch mit dem Tatort in Milton County.«
»Und warum sollte mich das etwas angehen?«
»Es ist möglich, dass Vincent Cardoni sich vor vier Jahren selbst die Hand abschnitt, um alle in dem Glauben zu wiegen, er sei ermordet worden. Wenn Cardoni alle überzeugen wollte, dass er tot sei, dann wäre es für mich von Vorteil, wenn ich Sie beim Verlassen der Hütte beobachtet hätte, bevor ich die Hand fand.«
Prochaska starrte sie an wie ein Gangster-Buddha.
»Ich will Sie nicht in Schwierigkeiten bringen, Mr. Prochaska. Aber soweit ich weiß, würde es Martin Breach sehr interessieren, falls Cardoni noch lebt. Und auch Sie sollten ein Interesse daran haben, falls Cardoni versucht hat, Sie hinters Licht zu führen.«
Prochaska dachte über das nach, was Amanda eben gesagt hatte.
»Alles, was Sie uns sagen, bleibt in diesem Zimmer, Art«, versicherte ihm Frank.
Als Prochaska dann wieder sprach, richtete er sich direkt an Amanda.
»Ich war nie in der Hütte, verstanden?«
Amanda nickte.
Prochaska beugte sich vor und sprach so leise, dass seine Worte in der lauten Musik aus dem Club fast untergingen. »Martin hatte ein Geschäft mit einem Arzt am St. Francis laufen. Dieser Arzt hat Martin um eine ziemliche Stange Geld betrogen, und dieses Geld wollte er wiederhaben. Dann tauchte der Arzt als eine der Leichen bei dieser Berghütte auf, aber das Geld blieb verschwunden. Martin glaubte, dass Cardoni es hatte.«
Prochaska hielt inne, um zu sehen, ob Amanda ihm folgen konnte. Als sie nickte, fuhr er fort.
»An dem Abend, als Sie die Hand fanden, ruft Cardoni aus heiterem Himmel an und sagt, dass er einen Waffenstillstand will. Und dass er die Kohle in der Hütte hat. Martin soll jemanden schicken. Martin schickte mich. Als ich die Hand sah, wusste ich sofort, dass das ein fauler Trick war. Ich stieg wieder ins Auto und fuhr davon. Das ist alles.«
»Das Geld haben
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