Amarilis (German Edition)
saßen,
schauten herüber. Sie dämpfte ihre Stimme, aber der grollende Unterton blieb.
Sie pflanzte auf ihrem einen Hektar großen Grundstück in Hakenfelde schnellwachsende
Gräser, deren kompostiertes Gas ihr Haus und das der umliegenden Höfe mit Energie
versorgte. Steff war gerne dort, denn bei ihr gab es keine 50 Meter hohen
Betonwände, kein hektisches Herumgerenne und keinen ständigen Luftverkehr. Es
war dort wie im Zentrum eines Orkans. Friedliche Stille.
In diesem Augenblick kam der Kellner, und sie bestellten ihr
Frühstück. Ei, Toast und Kaffee. Dazu frisch gepressten Karottensaft.
»Du wolltest mich wegen deiner Reise sprechen, Steff?« Meika
beugte ihren Oberkörper vor und schaute ihm in die Augen. »Mmh? Da ist doch
was. Du klangst so besorgt.«
»Jaa«, sagte er gedehnt und zögerte. »Eigentlich darf ich gar
nicht darüber sprechen, weißt du...«
»Aber dann hättest du mich überhaupt nicht anrufen brauchen.
Was soll das. Du willst doch mit mir darüber reden. Nun komm schon, Steff.« manchmal
mußte sie das Spiel halt mitmachen.
»Das muss aber wirklich unter uns bleiben.« Er sah sie an,
Meika erwiderte aber nichts. »Du weißt ja, dass wir gestern unser
Arbeitstreffen hatten. Ich meine, mit allen, die auch übermorgen nach Santoga
fahren.« Er machte eine Pause und strich sich die rechte Schläfe, als ob er
etwas verscheuchen wollte. »Gestern nun haben sich bei einigen von uns Leute...
Irgend so ein geheimer Bund... Gemeldet, übrigens auch bei mir.« Er blickte
wieder auf. Seine Lippen pressten sich aufeinander.
»Bei dir?« Für Meika schien die Tatsache, dass jemand auch bei
Steff war, nicht im Bereich des Möglichen zu liegen. »Was wollten die denn?«
Und er erzählte ihr alles. Er schwächte zwar die
Wahrscheinlichkeit, dass die Positronen jemals aufgespürt werden konnten,
erheblich ab, aber da sie Biologin war, zeigte sie sich an der Wirkung der
Elementarteilchen äußerst interessiert. Vor allem an der möglicherweise erfolgenden
Instabilität des osmotischen Druckverhältnisses. »Die menschliche Zellmembran
reagiert auf eine ganz spezifische Spannungsveränderung. Wenn nämlich durch
einen Nervenimpuls die chemische Leitfähigkeit der Ionenlösung angeregt wird,
verändert sich ihr Ladungsgleichgewicht und somit der Druck auf die Zellwände.
Je nach dem«, fügte er hinzu, »ob der Impuls von der Zelle kommt oder zu ihr
geht.«
Meika nickte langsam. Ohne Leitfähigkeit und Zuordnung der
Ionen konnte es keine Aufnahme beziehungsweise Weitergabe von sensitiven Eindrücken
und Gehirnbefehlen geben. Der Schmerz wurde nicht gefühlt, Verdauung, Blut- und
Abwehrkörperchen stellten sich nicht um, Muskeln blieben schlaff. Bis zum Schluss
der gesamte menschliche Stoffwechsel versagte. »Und diese Positronen, die bi-3,
was unterscheidet sie von den anderen?«
Steff überlegte. Darüber hatte er sich mit seinen Kollegen
auch den Kopf zerbrochen. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die meisten
auch Bescheid wussten, wurde die Thematik der Positronengefahr in den Vordergrund
gestellt. »Das ist es eben. Wir wissen es nicht - ganz einfach, weil wir dieser
ominösen Pflanze noch nie begegnet sind. Denn wenn das der Fall wäre, wären wir
entweder resistent dagegen oder schon längst ausgestorben.« Eine Konsequenz,
die ihnen vielleicht noch bevorstand. Steff schloss für einige Sekunden die
Augen. Wo blieb jetzt die Wirklichkeit? Das war doch alles nur ein Traum!
»Und was wollt ihr tun?« Meika begriff allmählich. Außerdem
gewann ihr Hass auf die Fremden neue Nahrung. Sie merkte, wie sich ihre Magensäure
nach oben arbeitete.
»Heute Nachmittag haben wir ein Treffen mit Shan-Ucci. Da
werden wir ihm einige Fragen zu stellen haben. Denn bevor wir...«
»Und wie wollt ihr das machen?« Meikas Augenbrauen fuhren
zusammen. Bei den meisten Frauen waren die Santoganer nicht beliebt. »Einfach
hingehen und mal kurz auf den Busch klopfen? Meinst du nicht, der wird euch was
husten? Der weiß doch ganz genau, was er euch darauf zu antworten hat. Fangt
bloß nicht an und glaubt, auf eure naiven Fragen eine aufrichtige Antwort zu
bekommen.«
»Nein, natürlich nicht, Meika. Wir haben aber die
Information, dass nur er allein vom Schiff darüber Bescheid weiß. Das heißt,
wir werden nur ihn persönlich und unter Ausschluss der anderen befragen.
Außerdem wollen wir gar nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern zuerst nur
etwas
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