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Amber Rain

Amber Rain

Titel: Amber Rain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicity La Forgia
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gelesen. Nicht nur einmal. So viele Male, dass das steife Papier ganz weich ist mittlerweile und Spuren trägt von meinen Tränen. Er hat mich nur darum gebeten, dass ich wi e der spiele, dass ich mich nicht aufgebe, und das tue ich. Ihm zu liebe. Aber viel mehr mir zu liebe.
    Ich winke den anderen zu und setzte mich zu ihnen an den Tisch. Alle sind sehr freundlich zu mir, fragen, wie es mir geht und ob alles wieder in Ordnung ist. Ich nicke, obwohl das eine Lüge ist. Wie sollte etwas in Ordnung sein, wenn man nur noch halb ist. Wenn das, was das Wertvollste in einem ist, ze r brochen ist. Charly meinte, ich solle versuchen, einen Schritt auf Crispin zuzugehen. Aber ich glaube, dass er das gar nicht will. Ich gebe ihm nicht mehr die Schuld an dem, was passiert ist. Auch nicht mir. Es war niemandes Schuld. Eine Verkettung von unglücklichen Umständen. Aber nun, es ist zu viel gesagt worden in der Zwischenzeit. Oder nein. Es ist zu viel nicht g e sagt worden, ich habe zu wenig gesagt, habe zu lange g e schwiegen und jetzt steht eine Mauer zwischen uns aus Schweigen, seinem Schweigen und meinem, die sich nicht mehr einreißen lässt. Nach seinem Brief hat er nicht mehr ve r sucht, mich zu erreichen. Unsere Liebe ist gescheitert an fe h lenden Worten und den Umständen. Falsche Zeit, falscher Ort. Das Schicksal ist eine verdammte Hure.
    „Können wir anfangen?“ Ich ertrage die Blicke nicht mehr, die die anderen mir zuwerfen.
    Celia klatscht mit den flachen Handflächen auf den Tisch und richtet sich auf. Sie sieht aus, als habe sie nur darauf g e wartet, dass wir endlich arbeiten können. Sie nimmt einen kle i nen Silberlöffel und tippt damit ein paar Mal gegen ihr Glas. „Silenzio, meine Lieben.“
    Nach und nach verstummen die Gespräche um uns herum. Sie lächelt einmal in die Runde. Immer wieder fasziniert es mich, wie viel Präsenz Celia ausstrahlt. Sie ist nur ein kleines Persönchen, aber sie hat die Aura einer Diva.
    „Heute wollen wir die Szene aus Romeo und Julia proben. Amber, meinst du, dass du die Julia machen kannst?“ Ich schlucke ein wenig. Ein Liebesdrama war nun nicht wirklich das, was ich mir für die erste Probe nach meinem Zusamme n bruch und allem, was daraus erwachsen ist, vorgestellt habe. Aber ich nicke und stehe tapfer auf.
    „Kellan, dann bist du unser Romeo. Ihr könnt improvisieren, wenn ihr wollt. Aber ich denke, es ist wichtig, dass die Textste l len, die jeder kennt, auch wörtlich übernommen werden. Die Irritation ist zu groß, wenn die bekannten Zitate abgewandelt werden. Also, alles klar? Wir fangen im zweiten Akt an, in Ordnung?“
    Auch Kellan steht auf. Er ist ein Kerl, wahrscheinlich in me i nem Alter, aber schlaksig und mit ziemlich vielen Pickeln auf Stirn und Nase. Ganz sicher ist er nicht mein Romeo, aber dann, er kann ja nichts dafür, dass ausgerechnet dieser pubert ä re Unbill ihm geblieben ist, wo sonst die Zeit durchaus ihre Spuren hinterlassen hat in seinem Gesicht. Wir bauen uns in der Mitte des Raumes auf.
    Am Anfang halte ich mich ganz gut. Ich meistere die Ba l konszene, und während Kellan proklamiert: „Doch still, was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Ost und Julia die Sonne“, tauche ich in die Rolle. Ich sehe seine Pickel nicht mehr und auch nicht seine viel zu roten Haare. Er wird bege h renswert in meinen Augen. Liebenswert. Ein anderes Gesicht legt sich über seines. Das Gesicht des einzigen Mannes, von dem ich solche Worte hören möchte.
    „Der Liebe leichte Schwingen trugen mich,
    Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren.“
    Das erste Mal wankt meine Fassung. Der gute William hatte keine Ahnung von der Liebe. Es gibt Bollwerke, deren Mauern zu stark sind für eine Liebe, die noch wachsen muss.
    „Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann.“
    Hätte ich ihn anhören müssen? War ich es, die aufgegeben hat zu früh? Mein Herz rast, mein Puls trommelt in me i nen Ohren. Hätte ich ihn fragen müssen? Ich denke an einen A u genblick, ganz am Anfang. An ein Geschenk, ein Päckchen, auf dem mein vollständiger Name stand und meine Adresse, und an meine Unsicherheit, woher er so viel über mich wusste. Ich wollte ihn fragen, woher er das wusste. Hätte ich ihn g e fragt, all das wäre nicht passiert. Ich habe mich hineinziehen lassen in einen Strudel, ich habe mich blenden lassen, er war so gut zu mir, es wurde so unwichtig, woher er Dinge wusste, die er nicht hätte wissen dürfen. Ich wollte einfach nur mit ihm z u sammen sein.
    Ich

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