Amber-Zyklus 07 - Das Blut von Amber: der Titel
und ich mich umsah, erschauderte ich.
Ich wartete, um zu sehen, was er im Sinn hatte. Doch es dauerte eine geraume Zeit, bis er sprach. Er schien meine Anwesenheit für eine Weile völlig vergessen zu haben, denn er starrte einfach nur auf die öde Landschaft.
Endlich: »Ich habe dich in den Weisheiten des Schattens unterwiesen«, sagte er langsam, »und dir die Zusammensetzung von Zaubersprüchen und ihre Wirkungsweise erklärt.«
Ich schwieg. Seine Bemerkung schien keine Antwort zu erfordern.
»Dann kennst du dich also ein wenig mit der Macht aus«, fuhr er fort. »Du beziehst sie aus dem Zeichen des Chaos, dem Logrus, und du wendest sie in unterschiedlicher Weise an.«
Schließlich sah er mich an, und ich nickte.
»Soweit ich weiß, tun jene, die das Muster - also das Zeichen der Ordnung - in sich tragen, etwas ähnliches, auf eine Weise, die ähnlich sein mag oder auch nicht«, fuhr er fort. »Ich weiß es nicht genau, denn ich bin nicht in das Muster eingeweiht. Ich bezweifle, daß der Geist die Anstrengung verkraften kann, beides zu kennen. Aber du sollst begreifen, daß es noch eine andere Form der Macht gibt, der unseren entgegengerichtet.«
»Ich verstehe«, sagte ich, denn anscheinend erwartete er eine Antwort.
»Doch du kannst aus einer Quelle schöpfen«, sagte er, »die in Amber niemandem zur Verfügung steht. Paß auf!«
Seine letzten Worte bedeuteten nicht, daß ich ihm einfach zusehen sollte, während er seinen Stock gegen einen Felsen lehnte und die Hände hob. Sie bedeuteten, daß ich den Logrus vor mir entstehen lassen sollte, damit ich auf dieser Ebene sähe, was er tat. Ich rief also meine Vision herbei und beobachtete ihn durch sie.
Jetzt erschien die Vision, die vor ihm hing, wie eine Fortsetzung meiner eigenen; sie dehnte und drehte sich. Ich sah und spürte sie, während er seine Hände damit verband und zwei seiner gezackten Glieder ausstreckte und die Entfernung bis zu einem Felsbrocken überbrückte, der am Fuß des Hügels unter uns lag. Diesen berührte er.
»Dring du nun selbst in den Logrus ein«, forderte er mich auf, »aber bleib dabei untätig. Bleib bei mir, während ich das vollbringe, was ich zu tun beabsichtige. Versuch auf keinen Fall, zu keinem Zeitpunkt, dich einzumischen.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
Ich schob die Hände in meine Vision, bewegte sie und tastete nach einer Übereinstimmung, bis sie Teil davon wurden.
»Gut«, sagte er, als ich sie an Ort und Stelle gebracht hatte. »Jetzt brauchst du nur noch zuzusehen, auf allen Ebenen.«
Etwas pulsierte an den Gliedern, die er bediente, und setzte sich bis hinunter zu dem Stein fort. Auf das danach Folgende war ich nicht vorbereitet.
Das Bild des Logrus vor mir wurde schwarz, verwandelte sich in eine brodelnde, tintenartige Masse. Ein schreckliches Gefühl zertrümmernder Macht durchwallte mich, eine gewaltige zerstörerische Kraft, die mich zu überwältigen und in das glückselige Nichts der höchsten Unordnung davonzutragen drohte. Ein Teil von mir schien sich danach zu sehnen, während ein anderer Teil in wortlosen Schreien um Beendigung flehte. Doch Suhuy behielt die Beherrschung über das Phänomen, und ich durchschaute, wie er es tat, ebenso wie ich anfangs gesehen hatte, wie er es überhaupt erst hatte entstehen lassen.
Der Stein wurde eins mit der brodelnden Masse, verband sich mit ihr und war verschwunden. Es gab keine Explosion, keine Implosion, nur das Gefühl von kaltem Wind und mißtönenden Lauten. Dann bewegte mein Onkel die Hände langsam auseinander, und die Streifen brodelnder Schwärze folgten ihm, fluteten von jenem Bereich des Chaos, das der Stein gewesen war, in beide Richtungen und erzeugten einen langen dunklen Graben, in dem ich das Paradoxon des Nichts und der Aktivität wahrnahm.
Dann hielt er inne und gab an diesem Punkt eine Sperre ein. Nach einer Weile sprach er.
»Ich könnte es lösen und ihm einfach seinen freien Lauf lassen«, erklärte er, »oder ich könnte es in eine bestimmte Richtung lenken und es dann lösen.«
Als er nicht weiter fortfuhr, fragte ich: »Was geschähe dann? Würde es einfach weitermachen, bis es den gesamten Schatten vernichtet hätte?«
»Nein«, antwortete er. »Es gibt Beschränkungsfaktoren. Der Widerstand der Ordnung gegen das Chaos würde sich aufbauen, während sich jenes erweitern würde. Es gäbe einen Punkt, an dem es eingedämmt würde.«
»Und wenn du so bleiben würdest, wie du bist, und immer noch mehr herbeirufen
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