Ambient 02 - Heidern
Scheiße gebaut hat.«
»Und die Ärzte hätten im Hinterzimmerchen das Versäumte nachholen und anschließend die Leiche an Campbell weiterleiten sollen?«
»Haben sie aber nicht«, konstatierte Thatcher. »Vielleicht mochten sie ihn nicht killen. Kann sein, die Zombifizierung war doch Absicht, und wir raffen bloß nicht, aus was für hinterlistigen Gründen …«
»Sind alle Zugänge, an denen seine Fingerabdrücke oder Netzhautmuster benutzt werden könnten, umcodiert worden?« erkundigte ich mich.
»Na klar«, gab Thatcher zur Antwort. »Falls sie ihn spazierenführen, um sich auf die Weise – durch seine Person – irgendwo bei uns Zutritt zu verschaffen, wird er ihnen nicht nützlicher als 'n Garderobenständer sein.« Thatcher sah Gus an, der die Achseln zuckte und dann zur Seite blickte. »Es ist möglich, Jensen hat sich selbst zur Verfügung gestellt und ist reingelegt worden. Denkbar ist auch, jemand hat ihn mit irgendwem verwechselt. Oder es könnte sein, es hat ihn wahllos und willkürlich getroffen, sonst nichts.«
»Hat Avi umfassende Kenntnis der Situation?« fragte ich.
»Nicht in vollem Umfang.«
»Sind Bernard und Susie informiert?«
»Bernard ist heute morgen von mir ins Bild gesetzt worden«, sagte Thatcher, befummelte mit zwei Fingern die Seitenränder des Arztberichts. »Du weißt, in welche Erregbarkeit Susie sich in dieser Angelegenheit hineingesteigert hat. Er spricht mit ihr, während wir hier diskutieren. Ich dachte mir, daß jetzt der passende Zeitpunkt ist, um sie einzubeziehen.«
»Warum lassen Sie mich den ganzen Sums mitanhören?« wollte Lester erfahren. »Eigentlich geht all das mich absolut nichts an …«
»Es ist 'n betrieblicher Vorgang«, sagte Thatcher, zwinkerte ihm zu. »Und Sie sind Mitarbeiter des Betriebs.«
»Was soll ich nun, falls Ihr Vertrauen zu mir noch soweit reicht, für Maßnahmen veranlassen?« fragte Gus.
»Fassen Sie nicht alles so persönlich auf, Gus«, empfahl Thatcher. »Jeder hat gelegentlich mal 'n miesen Tag. Hören Sie zu, gehen Sie hinunter und klopfen Sie uns die Ärzte weich. Wenn sie bis heute abend nicht plaudern, na ja, tja, dann …«
»Ist das Palaver inzwischen vorbei?« unterbrach ihn aus der Sprechanlage Bernards Stimme, ertönte wie auf ein Stichwort hin, erweckte den Anschein, als wüßte er genau, wann er sich zu Wort melden mußte, um den geeigneten dramatischen Effekt zu erzielen.
»Kommen Sie rüber«, rief Thatcher, stemmte sich aus dem Sessel hoch. »Lester, halten Sie, was die ganzen Belange betrifft, bis auf weiteres dicht. Wir hüten hier jede Menge kleine Geheimnisse, Sie werden sich dran gewöhnen. Wüßten Sie nach dem, was Sie eben gehört haben, noch irgendwas hinzuzufügen?«
»Falls 's keine versehentlich selbstverursachte Verletzung war«, sagte Lester, »dürft sie, würd ich meinen, jemandem nicht ungelegen gekommen sein.«
Thatcher nickte. »Wenn's dafür 'n Grund gibt, finden wir ihn raus.«
Als Bernard in sein Büro zurückkehrte, kam er wortlos ins Zimmer, nahm seinen Platz hinterm Schreibtisch ein, stellte seine Familienbilder wieder auf, rückte sie in den blickgünstigsten Winkel.
»Was wurmt Sie, Bernard?« fragte Thatcher. »Konstruktives Gespräch gehabt?«
»Wir machen Fortschritte«, antwortete Bernard. »Ich habe mir überlegt, daß wir Macaffreys Predigten für ihn vorformulieren sollten. Wir dürfen nicht das Risiko eingehen, daß …«
»Wovon quasseln Sie?« fiel Thatcher, den Bernards permanente Tüchtigkeit anscheinend reizte, ihm ins Wort.
»Ich habe mir das Protokoll der Fragen durchgelesen, die ihm im Verlauf des Tages gestellt worden sind«, sagte Bernard. »Es ist noch schlimmer als von mir befürchtet. Wenn aus Macaffrey Gott spricht, kann ich nur sagen, Er ist wohl 'n ziemlicher Leimsieder.«
»Man kann einem Messias doch keinen Redenschreiber unterjubeln, verdammt noch mal.«
»Macaffrey«, fragte Bernard, indem er sich an Lester wandte, »was ist der Zweck des Universums?«
»Zwecklosigkeit.«
Thatcher schob die Hände in die Hosentaschen und heftete den Blick auf den Fernsehbildschirm. Was es auch darstellen sollte, was da gegenwärtig flirrte, die Bedeutung blieb dermaßen schleierhaft, daß ich glaube, sogar Bernard hätte gezögert, es mit einer Exegese zu versuchen. Wiederholt musterte Gus uns der Reihe nach, plagte sich vielleicht mit der Frage, wer von uns wohl zum krassesten Verrat imstande sein mochte. »Von mir aus nennen Sie's Umformulieren«, konzedierte
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