Ambient 02 - Heidern
Vermögenswerte loseisen können. Sie sind zu lange ausgeschlossen gewesen …«
»Bestimmt gibt's noch einen Grund«, beharrte Thatcher. »Und wenn Otsuka ein so großer Fisch ist, wie Sie sagen, muß er zwangsläufig mit drinstecken.«
»Na, dann behalten wir die Ware bei und verdrängen sie vom Markt«, schlug Bernard vor. »Aber wenn Sie wünschen, daß dieser verdammte Computer jemals die Arbeit aufnimmt, brauchen wir ihre Mitarbeit. Unsere Helferlein sind nicht fähig, die Entwicklung allein weiterzuforcieren. Wir beziehen die Japaner ein, wie's der Vertrag vorsieht, und wir stehen an der Spitze. Unterzeichnen wir nicht, bleibt ihre Hilfe aus. Ich bezweifle, daß wir uns unter diesen Umständen eine Entführung erlauben dürfen, also spielen Sie lieber erst gar nicht mit dieser Idee.«
»Es ist immer gut, sich alle Optionen offenzuhalten«, erwiderte Thatcher. »Otsuka ist 'n ziemlich gewiefter Spasti, sagen Sie?«
»Er kann Yen von Yang unterscheiden«, sagte Bernard. »Man sieht's ihm nicht an. Er hat Ähnlichkeit mit einer von den Strünken, wie man sie in Chinatown in Tante-Emma-Läden findet. Tun Sie nichts, was ihn verdrießen könnte, Thatcher. Keine Polemik, keine Eskapaden, keine Hintertürchen. Er will unterschreiben und mit Ihnen plaudern. Gönnen Sie's ihm.«
»Über was plaudern?«
»Was er möchte. Er hat Interesse an Hockey, reden Sie darüber. Er mag alte Automobile, Ikebana und Bondage-Kabarett. Er schreibt Gedichte.« Thatcher schnaubte geringschätzig. »Sprechen Sie mit ihm über seine Enkel.«
»Enkel? Wie alt ist denn der Knacker?«
»Ist das erheblich?« fragte Bernard, strich sich mit trockener Handfläche über seiner Stirn die Haarbüschel glatt.
»Ist er im Krieg gewesen?«
»Spielt das eine Rolle? Wir haben ständig mit Griesing in Frankfurt Geschäfte gemacht, bis er vergangenes Jahr verstorben ist, und wir hatten eindeutige Beweise für das, was er damals an Verbrechen verübt hat.«
Thatcher schüttelte den Kopf, als könnte er nach dieser Geste der Verneinung um so zuversichtlicherer schwören, es sei nie irgend etwas Peinliches geschehen. »Keine Sorge, Bernard. Ich werde das Kind schon schaukeln. Sie wissen, daß ich derlei schon oft über die Bühne gebracht habe. Ich nehme Joanna mit. Schließlich handelt's sich dabei ja auch um 'n neues Projekt.«
»Es ist ja ein wahrer Jammer, die beiden zu trennen, selbst bloß für ein Weilchen«, sagte Bernard, musterte Lester und mich auf einmal, als wäre er ein Rausschmeißer, wären wir zwei Pizzaboten. »Sie geben ein so reizendes Paar ab.«
Aus der Sprechanlage drang Susies Stimme. »Wir müssen uns mal dringend um was kümmern, Bernard. Ich komme.«
»Setzen Sie, was Lester betrifft, die Vorbereitungen fort«, sagte Thatcher. »Sobald ich Otsuka kirre gemacht habe, kann ich mir besser drüber im klaren werden, wann wir damit anfangen, unseren Lehrer an die Arbeit zu schicken.«
»Inwiefern kirre?« fragte Bernard; er lachte vor sich hin, obwohl er offenbar an unserem Gespräch wenig Belustigendes fand. »Wie meinen Sie das?«
»Mystic, Bernard. Recherchieren Sie.«
Als Gus sich zu gehen anschickte, fiel mir an ihm auf, daß er, während rings um ihn die Besprechung ihren Lauf nahm, die Methode von Susies besonderem Trick entdeckt hatte, den zu beherrschen ich mir schon oft gewünscht hatte. Er zählte ohnehin zu den unnahbareren Männern, die ich kannte, doch jetzt schien sich um seine Erscheinung eine nahezu greifbare Panzerung gebildet zu haben, die ihn ebenso beschützte wie sie ihn in einen Zustand der Vereinzelung und Distanziertheit versetzte, vor denen schützte, als deren Beschützer er fungierte. Er zögerte, blieb bei Lester stehen, drehte sich Bernards Schreibtisch zu.
»Hat niemand Sie aufgehalten?« fragte Lester, deutete auf den Plastikbrocken des Stifteständers. Bernard beobachtete die beiden, als sähe er einen Film eine unverzeihliche Wendung nehmen.
»Nein«, sagte Gus, als beendete er damit die unterbrochene Unterhaltung. »Man hat geglaubt, ich hätte damit nichts zu tun.« Er ging hinaus, streifte Susie, als sie eintrat; beim Gefühl, wie eine die andere Panzerung streifte, krampfte sie sich unwillkürlich zusammen.
»Bernard hat nichts gewußt«, erzählte ich Lester am Abend im Bett. »Thatcher hat mir verraten, daß er nichts wußte. Falls er es doch gewußt haben sollte, glaube ich, er wollte ungern daran erinnert werden.«
»Sonst kommt er mir nich wie 'n allzu sentimentaler
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