Ambient 02 - Heidern
Bernard. »Er sagt etwas, und wir kleiden's in andere Worte.«
»Was sagen Sie zu Mystic in Connecticut?« fragte Thatcher. Bernard blinzelte, als hätte er einen Splitter im Auge.
»Daß es in keiner Hinsicht seinem Namen gerecht wird«, lautete seine Antwort.
»Die Erwähnung von ›Mystic‹ auf dem Zettel betrifft Mystic in Connecticut.«
»So?« meinte Bernard, sah erst Thatcher, dann Lester an. »Sollte es wahr sein, daß Sie die internsten Vorgänge in Gegenwart des Personals erörtern? Oder kommt diese Erkenntnis aus heiterem Himmel?«
»Mystic und Mahaica«, sagte Thatcher. »Zwei Häfen. Einer führt ein, der andere aus. Warum sollte man annehmen, daß die Schmuggler Neuenglands ihre Kontakte auf Rio beschränken?«
»Falls die beiden genannten Häfen fürs Schmuggeln genutzt werden«, entgegnete Bernard, »und ich betone das ›Falls‹, dann muß die Ware per Schiff verfrachtet werden, ist jemand ins Geschäft eingestiegen, wo wir ausgestiegen sind.«
»Genau das ist es«, kollerte Thatcher. »Ich riech's. Womöglich wird der Stoff als Rohware aus Bolivien raufgeschafft. Oder aus Kolumbien über die amazonischen Fernstraßen. Wahrscheinlich werden die jeweiligen Lieferungen mit diesen scheißigen Kleinlastern befördert. Könnten wir das anhand von Satellitenfotos überprüfen, mal nachschauen, was sie hinten drauf haben?«
»Bei ausreichender Bildauflösung können wir das Wechselgeld in den Taschen der Fahrer zählen«, beteuerte Bernard. »Sagen wir mal, da hat wirklich jemand so einen Deal angeleiert. Muß uns deswegen schon in diesem Stadium der Draht aus der Mütze springen? Wir brauchen diesen Geschäftsbereich nicht beizubehalten, das schärfen Sie uns jetzt schon seit über einem Jahr ein. Kann ja sein, es ist die Lodenmantelmafia vom Medellin-Kartell, diese alten Wurzelseppen haben's nie ganz drangegeben …«
»Sie hätten Direktkontakte geknüpft«, sagte Thatcher. »Die sind's nicht. Und auch keine Amateure. Jensen hatte die Fäden nicht in der Hand, das ist offensichtlich.«
»Mit Sicherheit steht dahinter eine Organisation«, stimmte Bernard zu. »Zu viele Aspekte des Vorgangs machen einen zu sinnlosen Eindruck, als daß es anders sein könnte. Jensen ist von den Hintermännern, egal wer sie sind, lediglich benutzt worden, so wie sie vielerorts, da und dort, irgendwelche örtlichen Kontaktleute unter Nebenvertrag genommen haben dürften.«
»Meine Leute«, beschwerte sich Thatcher. »Bei dem Schlendrian, den ich wahrscheinlich dulde, kommt ihnen sicher die Gelegenheit zupaß, sich's Gehalt aufzubessern.«
»Die Organisation kann nicht groß sein, sonst wären wir mittlerweile schon aus anderen Anlässen auf sie aufmerksam geworden«, sagte Thatcher. »Auf mich wirkt's wie eine probeweise Vermarktung.«
»Dann kann ich mir denken, wer den Versuch riskiert hat.«
Bernard streckte die Hand nach der Fotografie seiner Frau aus und schob sie um einige Millimeter weit nach links. »Das wiederum kann ich mir denken«, bemerkte er. »Selbst wenn die Japaner das Ding drehen, Thatcher, welchen Unterschied bedeutet's denn? Sie bleiben doch dabei, daß wir uns in dieser Branche nicht mehr betätigen wollen.«
»Drogen halten die Welt in Schwung«, sagte Thatcher, schloß die Augen. »Die Japsen brauchen Bargeld. Schließlich müssen sie mit noch was anderem als Elektronika Handel treiben. Wenn sie sich auf Stoff verlegen, streichen sie Bares ein und können auf jedem Markt, wo wir nicht mitmischen, nach Lust und Laune absahnen. Raten Sie mal, welchen Markt sie übernehmen werden, wenn wir uns dünne machen.«
»Natürlich wäre es vorzuziehen«, pflichtete Bernard ihm bei, »daß Amerikaner sich mit amerikanischen Drogen volldröhnen.«
»Und was, wenn dieser Geier Otsuka hinter allem steckt? Bis jetzt habe ich nur ein einziges Mal Gelegenheit gehabt, mir den Vertragstext anzusehen. Steht da nicht 'ne Zusage drin, den Japsen bei neuen lateinamerikanischen Geschäftsanbahnungen Unterstützung zu leisten?«
»Nur pro forma«, sagte Bernard. »Wir willigen ein, mit ihnen Vorhaben zu diskutieren, die Länder unserer Hemisphäre tangieren, bevor wir unser Einverständnis erteilen. Sind wir dagegen, erklären wir uns eben nicht einverstanden, und sie lassen die Finger davon.«
»Dieses Abkommen ist doch auf Ihrem Mist gewachsen«, stellte Thatcher fest. »Warum wollen die Japsen so was überhaupt unterschreiben?«
»Damit sie wieder ins Geschäft kommen, so einfach ist das. Ihre
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