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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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bedaure, daß Mr. Leibson heute nicht zugegen sein kann. In letzter Zeit haben wir so eng zusammengearbeitet, daß Sie mich bestimmt verstehen, wenn ich sage, bisweilen denke ich, er sei mein Angestellter.«
    »Das Gefühl kenne ich«, bestätigte Thatcher, wippte auf den Fersen, als wollte er sich im nächsten Moment zum Sprung abstoßen. »Er zieht in unserem Betrieb 'ne Einmannschau ab. Dadurch bleibt er beschäftigt.«
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Otsuka, betatterte eine in die Tischplatte integrierte Chromtaste. »Unsere Zusammenkunft verdient Ehrung.« Eine Tür glitt auf, die man Sekunden zuvor nicht hatte unterscheiden können, und eine junge Frau kam herein; das von ihr getragene Silbertablett stellte ihre körperliche Gegenwart unter Beweis. Sie brachte auf dem Tablett eine Kristallglaskaraffe und Trinkgefäße in der Größe von Fingerhüten. »Ein sechzig Jahre alter Single-Malt-Whiskey«, erklärte Otsuka. »Schwer erhältlich.«
    »Ich bin kein starker Trinker«, beteuerte Thatcher, kippte seinen Drink hinab wie irgendeinen Rachenputzer. »Aus der Hausbar des Kaisers?«
    Otsuka schüttelte dermaßen nachdrücklich den Kopf, daß ich glaubte, das verhutzelte Gesicht könnte ihm vom Schädel bröseln. »Er ist Abstinenzler«, widersprach er Thatchers Mutmaßung. »Eine Zuwendung unseres verstorbenen Ministerpräsidenten. Wo ist Ihre Gattin?« Thatcher zuckte die Achseln, streckte der Frau, indem er sein Versprechen hielt, sich gesittet zu geben, darauf verzichtete, sich die Karaffe am Hals zu greifen, sein Becherchen zum Nachfüllen hin. »Mr. Leibson sagte mir, sie sei eine aktive Befürworterin unserer erneuerten Verbindungen. Ich glaube, sie hat bereits in der Vergangenheit mit mehreren politischen Beamten, wie ich sie wohl nennen muß, aus meinem Heimatland geschäftlich zu tun gehabt. Die Auffassung, daß Mitglieder einer Klasse gleiche Rechte besitzen sollten, ist typisch amerikanisch, meinen Sie nicht? Sogar im heutigen Japan bleibt die Ehefrau allzu oft einfach nur Vermittlungsstelle zwischen dem Gatten und den Kindern.«
    »Für so was betreiben wir hier inzwischen digitale Telefonnetze«, sagte Thatcher. »Was sie macht, macht sie richtig.«
    »Leider haben vielleicht meine Untergebenen recht, und man sollte Frauen von der Mitwirkung an Wirtschaftsfragen ausschließen. Sie sind zu tüchtig darin, uns zu überlisten. Die reizende Dame, die Sie begleitet …« Otsukas Schlingelaugen musterten mich, während er seine Meinungen absonderte. »Sie ist mehr als Ihre Sekretärin, aber nicht Ihre tayu.«
    »Wir lassen hier die Finger von so was«, behauptete Thatcher. »Wegen der Seuchen, wissen Sie. Man muß den Geschäftsverkehr einigermaßen risikofrei halten.«
    »Dann ist Sie Ihre miko?«
    »Was 'n das?«
    »Schwierig zu übersetzen«, sagte Otsuka, tippte sich mit dünnem Finger, nichts als Haut und Knochen, gegen die Wange. »In dem Sinn, wie ich den Begriff verwende, ist es eine Schamanin mit statistisch relevanter Produktivität. Eine Person, die den Schrein des Kapitals heiligt.«
    »Dafür ist bei uns auch gesorgt«, versicherte Thatcher. »Aber Joanna ist zu weltlich für irgendwelchen feministisch-mystizistischen Quark. Sie ist Leiterin der Abteilung Neue Projekte.«
    »Und ich bin für Sie wahrhaftig ein ganz neues Projekt«, sagte Otsuka. »Trotzdem sollten Sie bedenken, Mr. Dryden, daß die Verteidigung der spirituellen Qualitäten Ihres Unternehmens ebenso wichtig ist wie die Beschäftigung treuer nihirisuto zum Schutz Ihres persönlichen Wohlergehens. Bitte verzeihen Sie. Mit Mr. Leibson sprechen wir meine Muttersprache, als wären wir Freunde. Nihirisuto. Lachende Samurai, könnte man sagen. Tänzer am Krater des Vulkans.« Er betrachtete unsere Gorillas, als überlegte er, wieviel sie taugen mochten. »In meiner Jugend führte ich stets das Katana, das jetzt Hiro für mich trägt.« Der größere Mann rechts Otsukas verbeugte sich nochmals, diesmal tiefer; das Ende der Schwertscheide, das unter seinem Jackett hervorragte, erregte wegen der Stumpfheit den Eindruck von Anstößigkeit. »Doch Sie hören die Worte jemandes, der sich darauf vorbereitet, aus dieser Welt zu scheiden. Es erübrigt sich, die geschwundenen Kräfte aufzuwenden, die ich noch habe, wenn meine Mitarbeiter an meiner Stelle handeln können. Jedenfalls kommt es mir in dieser Umgebung höchst unnötig vor.«
    »Mir auch«, stimmte Thatcher zu. »Vertrauen hält die Welt in Schwung.«
    »Und unsere Nationen haben

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