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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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ein; als John mich weckte, sah ich auf der Uhr, daß ich fünfzig Minuten lang weggewesen war.
    »Washington«, sagte er. »Ein Siamese, wie sich erweist.«
    Keine Werbung versperrte die Sicht auf die Hauptstadt. Der Obelisk und die Kuppel sahen wie unsere aus. Der Highway führte flußseitig den Potomac entlang, und seine sechzehn Spuren tilgten Georgetown. »Fast«, sagte ich. »Kein Lincoln Memorial.« Kein Lincoln hier; Mora hatte uns informiert, daß seine Ermordung im Jahr 1861 dieser Welt offenbar der auslösende Kiesel im Teich war, dessen Wellen die Geschichte seitdem verzerrten. Hier, hatte Luther entdeckt, hatte es keinen Bürgerkrieg gegeben und keine Emanzipation versklavter Menschen bis 1905. Doch wohin waren meine Leute verschwunden? Ich hatte in New York keinen einzigen Farbigen gesehen; nur Schneevögel während der mehreren hundert Kilometer, die wir bis jetzt gefahren waren. Nach allem war die Rassentrennung in diesem Amerika viel ausgeprägter und offener als in unserem; wie weit hatten sie ihre Methoden raffiniert? Als ich mich an die unbegründete Abneigung des Ladenbesitzers erinnerte, sorgte ich mich, ob meine falsche Haut mich vielleicht doch nicht so gut unkenntlich machte, wie ich dachte; vielleicht zeigte sich durch irgendeine in unserer Welt unbekannte Technik doch meine Ethnizität. Es mißfiel mir, wie leicht ich mir selbst gegenüber zu einer Rassistin geworden war.
    Als die Straße südlich von Arlingtons laublosen Bäumen den Fluß überquerte, tauchten wieder Werbeflächen auf und versperrten uns die Sicht auf das, was dem Pentagon ähnelte, obwohl es hier doppelt so groß wie unseres war. Rechts vom Anfang der Brücke stand wieder einer der riesigen Hinweistürme, an dem der Gruß Willkommen in der alten Dominion, Interstate Bus Check an der nächsten Ausfahrt befestigt war.
    »Hunger, Iz?« fragte John. Als wir die Ausfahrt passierten, versuchte ich zu erkennen, was gecheckt werden sollte; eine lange Reihe Busse parkte vor einem niedrigen Gebäude und war von uniformierten Männern umgeben. »Wir sollten anhalten und dich füttern.« Als der Dunst sich schließlich auflöste, sah ich entfernt Pfützen auf der Straße erscheinen und wieder verschwinden.
    »An einem geeigneten Ort«, sagte ich.
    »Genauer bitte.«
    »Wo wir Interaktion minimieren können«, sagte ich. »Wir werden lang genug anhalten, um zu essen, und sofort weiterfahren, bevor wir aufgedeckt werden können.«
    »Du übertreibst, Iz«, sagte er. »Wir sind hier runde Pfähle in runden Löchern. Übergroße Besorgnis wird dich um so eher verraten, das ist Tatsache. Ich kenne das Spiel. Wenn man unter Tarnung arbeitet, sollte man sich verhalten, als gehörte einem die Welt. Es ist jetzt unsere Welt, vorübergehend.«
    »Mein Kleid ist falsch«, sagte ich. »Meine Haut vielleicht auch.«
    »Deine Haut?« fragte John. »Du siehst Gespenster, dein eigenes Röntgenbild.«
    »Die Abwesenheit beunruhigt mich am meisten«, sagte ich. »Ich vermisse mich.«
    »Du bist unverändert außer deiner Haut«, sagte er. »Und Haaren und Augen.«
    »Das bin ich. Ich bin meine Haut. Ich meine, ich bin mehr als das, aber trotzdem bin ich es, es ist …«
    »Iz«, sagte John und behielt die Straße im Auge, während er seine Besorgnis zu zeigen versuchte. »Es ist bekannt, daß du noch du bist. Ich weiß.«
    »Ich verdumme«, sagte ich und beruhigte mich wieder. War Paranoia hier vielleicht ansteckend? »Schon gut.«
    »Mach dir klar, daß uns diese Welt gehört, vorübergehend«, sagte er. »Ein Faktum.«
    Ich lächelte; wünschte mir, ich hätte mich so leicht beruhigen können wie er mich. Eine Tafel, die viel größer als alle anderen war, hob sich am Straßenrand ins Blickfeld. Eine Comic-Sprechblase quoll aus dem Mund eines zahnlückigen Jungen; seine Miene ließ auf Bleivergiftung im frühesten Alter schließen. In der Blase standen die Worte: HIER IST ES, PA! NÄCHSTE AUSFAHRT DIXIELAND!
    »Wir könnten dort essen«, sagte John. »Und die Einheimischen beobachten.«
    »Nur mit Minimalkontakt«, warnte ich.
    »Unsere Reaktionszeit wird sich verbessern, wenn wir ihre Aktionen im voraus beobachten.«
    »In Ordnung«, sagte ich und wunderte mich, warum ich so schnell einverstanden war, warum Aktionsbeobachtung so erforderlich war, wenn John nicht in der Lage war, angemessen zu reagieren. Als wir in die Ausfahrtsspur einlenkten, sahen wir Dixieland; die Spur führte uns direkt auf den Parkplatz: einen sonnenglänzenden, über zwei

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