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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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keine Arbeit haben. Er will uns bloß auf die Schippe nehmen, Jack, ich hab’s dir ja gleich gesagt!«
    »Soweit ist es also mit der Welt schon gekommen«, sagte Jack und wurde des Spiels plötzlich überdrüssig. »Also gut, Kleiner. Du hast ja gehört, was der Chef hier gesagt hat. Keine freien Stellen. Schluß mit den Faxen. Verpiß dich!«
    Das tat ich dann auch, ohne noch mehr Würdeverlust verzeichnen zu müssen, während der Chef mir ein amüsiertes Nicken hinterherschickte. Er war der einzige richtig ausgebildete Elektriker dort. Jack gehörte zu den Hilfsarbeitern mit großer Klappe. Das wußten wir beide. Ich hatte angefangen, ein Ohr für die Stimmen der Erfahrung und Autorität zu entwickeln.
    Manchmal gab es aber auch merkwürdige Sachen zu hören. Unter den Büchern in meiner Aktentasche befand sich auch Infantry Training, Part 1 , ein Leitfaden der Armee. »Nichts zu tun«, so erfuhr der junge Offizier, an den sich das Buch wendete, »heißt, etwas ganz entschieden Falsches zu tun.« Das war die Stimme des Kriegsministeriums. Das fand ich beunruhigend. Cogito, ergo sum. Wie war es möglich, nichts zu tun? Oder wollte das Kriegsministerium nicht ernst genommen werden? Frag nicht so viel, Mann, dann mußt du dir auch nicht so viel Lügen anhören. Was der Soldat sagte, Mr. Birkett, ist kein Beweis. Wie Euer Lordschaft meinen.
    Hugh Cooke hatte inzwischen einen Job in der City und trug eine Melone. Er war es gewesen, der gesagt hatte, ich sollte in die Territorialarmee eintreten. Er selbst war eingetreten, um den Schießsport, den er schon auf der Schule ausgeübt hatte, auch weiterhin praktizieren zu können. Die Sache hätte aber auch einen gesellschaftlichen Aspekt, sagte er. Es gebe nur zwei wirklich anständige Regimenter, und beide hätten ihr Hauptquartier in der City. Das eine sei die Honourable Artillery Company, das andere die London Rifle Brigade. Er war in der lrb und wollte unbedingt am Turnier um den King’s Cup teilnehmen. Eines Abends ging ich mit ihm zur alten lrb -Übungshalle in Bunhill Row, schwor feierlich, daß ich achtzehn war, und wurde aufgenommen.
    Der erste Lehrgang, an dem ich teilnahm, fand in Shorncliffe statt. Ich gehörte zur Vorausabteilung, und in den drei Wochen dort erfuhr ich einiges über mich. Ich stellte beispielsweise fest, daß ich von bitterem Bier nicht betrunken wurde, weil mir nach dem dritten Glas regelmäßig schlecht wurde. Und ich besaß eine gute Nachtsicht. Diese beiden Eigenschaften machten mich zu einem sehr nützlichen Mann bei nächtlichen Sauftouren. Ich würde ja nüchtern bleiben, und die Truppe sicher und unauffällig nach dem Lichterlöschen ins Lager zurücklotsen.
    Mit einem 303 er-Gewehr konnte ich recht gut schießen, doch am Maschinengewehr stellte ich eine gewisse Gefahr dar. An Wochenenden fuhren wir abteilungsweise zum Schießstand Bisley, um dort zu üben. Als ich zum ersten Mal ein Maschinengewehr bediente, zeichnete ich mich dadurch aus, daß ich das Ziel, eine »Feindsilhouette«, nicht erkannte und statt dessen ein ganzes Magazin in Fünfersalven ohne Ladehemmung in den Pappkameraden reinballerte, der am unteren Ende des Schießstandes hochgezogen worden war, um uns den Befehl »Feuer einstellen!« zu signalisieren. Der wachhabende Sergeant dort, der den Pappkameraden an einer Stange hochgehalten hatte, beschwerte sich, daß die Einschlagwirkung der Kugeln über die Arme bis in die Hoden zu spüren gewesen sei und er einen bleibenden Schaden hätte davontragen können. Er war einer der Berufssoldaten der lrb , die an diesem Wochenende als unsere Kindermädchen fungierten. Ich mußte ihn zum Trost zum Bier einladen. Das Geld dafür mußte ich mir natürlich zusammenborgen.
    In diesen Tagen des Schwänzens hatte ich ständig Schulden. Mein rechtmäßiges Einkommen bestand aus der väterlichen Zuwendung von zwei Shilling pro Tag plus einer Monatskarte. Das Geld für alle Extraausgaben mußte ich stehlen oder anderweitig schnorren. Stehlen – das waren zumeist kleinere Betrügereien. Streichholzheftchen waren damals etwas Neues. Hunderte dieser Heftchen, auf denen der Name einer Wohlfahrtsorganisation aufgedruckt war, verkaufte ich zum Dreifachen des Anschaffungspreises. Der Wohlfahrtsorganisation gab ich aber nur die Hälfte meiner Einnahmen. Schnorren – das war ein über Zeitungsinserate betriebener Horoskopschwindel. Ich hatte, ausgehend von meinen frühen phrenologischen Studien und einer noch nicht so weit zurückliegenden

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