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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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stellte ich für niemanden eine Gefahr dar. Ich erteilte keine Anweisungen, unterschrieb keine Meldungen, übte keine Macht aus und erzählte keine Lügen. Nicht einmal Aufzeichnungen machte ich. Ich hörte und sah bloß zu und fing allmählich an, zu verstehen.
    Ich machte beispielsweise bald die Erfahrung, daß ein Mann, der bei der Erklärung seiner Arbeit darauf hinweist, daß es sich dabei um »eine Art Kunst« handelt, höchstwahrscheinlich eine im Grunde unqualifizierte Arbeit verrichtet, die ich nach einem halben Tag auch tun konnte.
    Dieser Satz liest sich dermaßen arrogant, daß ich ein Beispiel dafür geben sollte, welche Art von Qualifikation hier gemeint ist.
    Die Herstellung von gewöhnlichen Haushaltsglühbirnen bestand damals schon aus einer Abfolge von im wesentlichen automatisierten Vorgängen. Die Maschinen dafür kamen zum größten Teil aus Holland, wo sie entwickelt worden waren. Es gab jedoch noch eine Reihe von nicht-automatisierten Vorgängen. Das Blasen von nicht-standardisierten Glühbirnen war selbstverständlich eine hochqualifizierte Arbeit, und bei der Herstellung der dafür benötigten Spezialdrähte waren die Dinge schon nicht mehr so eindeutig. Einer dieser Drähte trug die Bezeichnung »Kupfermanteldraht« und bestand aus mehreren Schichten verschiedener Metalle, deren Zusammensetzung denselben Ausdehnungskoeffizienten besaß wie die Quetschstelle, welche die Glühfäden trug. In den frühen Lampen bestand die Quetschstelle aus Platin. Kupfermanteldraht war billiger.
    Die Bezeichnung »Kupfermanteldraht« kam daher, daß Kupfer die äußere Schicht bildete. Im Innern waren es vier oder fünf andere Metalle, unter anderem Nickel und Zink. Die Herstellung geschah so, daß in ein ca. ein Meter langes Kupferrohr mehrere, im Durchmesser immer kleinere, aus diesen anderen Metallen bestehende Röhren geschoben und der noch verbleibende Raum mit einem Metallstäbchen geschlossen wurde. Das Ganze wurde dann durch mehrere rotierende Gesenkschmieden geführt, die das Rohr in die Länge zogen und immer dünner werden ließen. Wenn es schließlich so dünn war, daß es durch ein Zieheisen paßte und ausgezogen werden konnte, wurde es rasch noch dünner und endete als konzentrisch geschichteter Draht, der nur wenige Hundertstel Millimeter stark war. Der Draht konnte nun in eine Maschine eingeführt werden, wo er zurechtgeschnitten und an Molybdändrähtchen desselben Durchmessers punktgeschweißt wurde. Das alles war natürlich nur möglich, wenn die Leute an den Drahtziehmaschinen und Gesenkschmieden sauber gearbeitet hatten und wenn, wichtiger noch, die Schneidstanzer, die einen eigenen Raum hatten, vollgestopft mit ungewöhnlichen Maschinen mit rotierenden Spindeln, die sich so gleichförmig wie Tänzer bewegten, wenn die Schneidstanzer auf gleichbleibend hohe Qualität ihrer Arbeit geachtet hatten. Sie empfanden ihre Arbeit nicht als Kunst, sie hielten sich nicht für besonders qualifiziert. Sie hatten sich darum zu kümmern (und dafür wurden sie bezahlt), daß in ihrer Abteilung sorgfältig und präzise gearbeitet wurde, damit teure Materialien wie Kupfer, Nickel und Molybdän nicht durch Pfuscherei vergeudet wurden. Einige ihrer Arbeiten habe ich auch gelernt, aber ich war nie gut. Mir fehlte die erforderliche Sorgfalt und Geduld, der Sinn für Präzision.
    Der Mann, der den leichtesten Job hatte, bestand sehr nachdrücklich auf der Kunstfertigkeit, die er aufbringen müsse. Er fertigte die Stäbe aus Tungsten an, das damals zur Herstellung der meisten Glühfäden benutzt wurde. Aber nicht alle Glühfäden waren aus Tungsten. Die Royal Navy bestand bei den Glühbirnen, die auf ihren Schlachtschiffen verwendet wurden, noch immer auf Kohlefäden, weil nach dem Abfeuern einer Breitseite nur die alten, elastischen Kohlefäden noch funktionierten. Wir behielten dies als ein kurioses Geheimnis für uns. Wir gehörten ja zur Tungsten-Generation.
    Geliefert wurde es uns als graues Pulver (Tungstenoxyd), und es war sehr teuer. Der Künstler, der sich ihm widmete, trug einen weißen Kittel und arbeitete allein in einem großen, ziemlich leeren Raum. Die Leere und sein wichtigtuerisches Gehabe paßten gut zusammen. Sein Werkzeug bestand aus einer Präzisionswaage, einer kleinen hydraulischen Presse und einem elektrischen Ofen. Der erste Arbeitsvorgang war, mit Hilfe der Waage ein bestimmtes Quantum Pulver abzuwiegen und durch einen kleinen Schlitz in die Presse zu geben. Dann wurde die Presse

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