Ambler by Ambler
nicht, und das wußte er. Er hätte sich wohl gerne als zweiten Denry Machin gesehen, den Helden von Bennetts Eine tolle Nummer und Theater , dem »dazu verdammten Heiterkeitserfolg«, aber er besaß nicht die Frechheit und Unverfrorenheit Denrys. Er war ein sanfterer Humorist.
Als meine Zeit in Lydbrook zu Ende ging, wurde beschlossen, daß ich, während das Unternehmen in den neuen Konzern Associated Electrical Industries eingegliedert wurde, an die Zentrale versetzt werden und mich dort in der Werbeabteilung nützlich machen sollte. Mein Vater freute sich. »Es wird eine gute Erfahrung sein«, sagte er, »aber blamier mich ja nicht bei Miss Miller!«
In den zwanziger Jahren waren weibliche Führungskräfte in der Industrie eine Seltenheit. Vielleicht weil es eine relativ junge Branche war, hatten sich die Fähigeren der Elektroindustrie zugewandt. Viele, darunter auch Nora Miller, gehörten der Electrical Association for Women an, einer Organisation, die Pionierarbeit darin leistete, eine Öffentlichkeit, die größtenteils noch von den Gas-, Licht- und Koksgesellschaften des Landes abhängig war, davon zu überzeugen, daß die Tage des Gasglühstrumpfs und des Teppichklopfers gezählt waren. Miss Miller leitete nicht nur die Werbeabteilung, sondern war auch für die Werbefeldzüge des Unternehmens verantwortlich.
Der erste Auftrag, den sie mir gab, sollte ihr wohl zeigen, ob ich überhaupt von Nutzen für sie war, mir wohl aber auch einen Begriff davon vermitteln, was ihr und ihrer Abteilung von der Verkaufsabteilung zugemutet wurde.
Die letzte Inventur hatte ergeben, daß das Unternehmen haufenweise Glühlampen für Autoscheinwerfer produziert hatte, die niemand haben wollte. Die Leute von oben baten um eine Werbeaktion, um die Dinger loszuwerden. Miss Miller hatte für derartigen Unsinn kein Geld. Sie bat mich, ein paar unaufdringlich formulierte Vorschläge zu machen, wie man sich dieser ungewollten Lampen entledigen konnte. Gab es vielleicht eine andere Verwendungsmöglichkeit? Konnte man sie, aneinandergereiht, beispielsweise als Weihnachtsschmuck verwenden? Oder als elektrische Signale? Denk mal drüber nach und arbeite etwas aus und leg es mir zur Unterschrift vor!
Daß niemand die Glühlampen haben wollte, lag daran, daß sie aus »Tageslicht«-Glas angefertigt waren. Auf wessen Idee das zurückging, habe ich nicht feststellen können. Ich war sicher, daß Dr. Hyatt nichts damit zu tun hatte, weil ich über »Tageslicht«-Glas Bescheid wußte. Sein hervorstechendes und unangenehmstes Merkmal war der Umstand, daß es mehr als fünfzig Prozent des vom Glühfaden ausgestrahlten Lichts absorbierte und in Wärme umwandelte. Und das abgegebene »Tageslicht« war auch kein Tageslicht, sondern nur eine bläulichweiße Imitation.
Unbeeindruckt von meiner Kenntnis der Wahrheit, begann ich, mir ein Plädoyer für die Vorzüge der Tageslichtlampe auszudenken. Ohne groß nachzudenken oder zu zögern, griff ich auf einen in der Werbebranche damals üblichen Standardtrick zurück. Ich beschrieb eine fiktive Krankheit und gab dann zu erkennen, daß ich wüßte, wie man sie heilt. Die Krankheit, die ich bei allen gewöhnlichen Scheinwerferlampen diagnostizierte, war »Penumbra«, der Halbschatten am Rande des mittleren Lichtstrahls eines Scheinwerfers. Bei der Tageslichtlampe, so behauptete ich, gäbe es keinen Halbschatten, und der Lichtstrahl sei am Rand sauber und scharf.
In meiner Darstellung, in der ich all diese Dinge erklärte, vermied ich es allerdings, den fehlenden Halbschatten darauf zurückzuführen, daß bei Tageslichtlampen aus dem Halbschatten ein totaler Schatten wurde. Unsere Tageslichtlampen gaben schlicht und einfach weniger Licht und bewirkten dadurch eine kleine optische Täuschung. Mir war allerdings klar, daß sich für derartige Spitzfindigkeiten niemand interessierte. Mein Geschreibsel ging in unveränderter Form als Pressemitteilung an Motorjournalisten und die Zeitschriften des Fachhandels. Überraschend viele druckten es ab oder zitierten daraus. Plötzlich entstand eine lebhafte Nachfrage nach Tageslichtlampen, und die Bestände waren rasch aufgebraucht.
Natürlich wurde sofort davon gefaselt, mehr von den blödsinnigen Dingern herzustellen, um den Bedarf decken zu können. Zum Glück wurde daraus nichts. Doch die Leute von der Verkaufsabteilung suchten bereits nach anderem Krempel, den sie mit Hilfe meiner Lobhudeleien an den Mann bringen wollten. Mein Geschreibsel nannten sie
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