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Ambler by Ambler

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Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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spielten, waren auch gut. Die ersten Aufführungen liefen erstaunlich gut. Die Zuschauer fanden das Stück ungewöhnlich und hatten offenbar nichts dagegen, mit Wörtern bombardiert zu werden und sich später fragen zu müssen, worum es eigentlich ging. Bei der Endrunde freilich war alles ganz anders. Wir spielten in einem relativ alten Theater (damals in der Tottenham Road) und obwohl es nicht besonders groß war, hatte es eine miserable Akustik. Allen Wettbewerbsteilnehmern wurde eingeschärft, laut zu sprechen. Studenten, die bei Madam Ginnett Unterricht in Stimmbildung hatten, bedurften eines solchen Rates nicht, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund nahm sich unser Hauptdarsteller die Warnung sehr zu Herzen. Das Ergebnis war, daß seine Spielweise, bislang gemessen, überlegt und von überzeugendem Ernst, etwas Schrilles bekam. Statt eines Schauspielers sahen und hörten wir nun einen dicklichen, jungen Versammlungsredner, der sich krampfhaft bemühte, in wohlformulierten Monologen auf die obersten Ränge einzureden. Das Stück, das ohnehin auf nicht allzu kräftigen Beinen stand, kippte sofort um.
    Der Punktrichter, John Fernald, hatte ein paar unangenehme Dinge zu dem Stück zu sagen, das ihm offensichtlich von Anfang an mißfallen hatte. Er sei durchaus für Experimente auf der Bühne, sagte er, und dafür, daß hin und wieder gegen die Regeln verstoßen werde. Das bedeute aber nicht, daß gegen alle Regeln auf einmal verstoßen werden dürfe. Er gratulierte den Schauspielern zu der Tapferkeit, die sie gezeigt hätten. Ihre Couragiertheit und die Kompetenz des Regisseurs hätten Besseres verdient. Das saß.
    Madam zuckte bloß mit den Schultern. Bei den Zuschauern sei das Stück angekommen, sagte sie. Was Mr. Fernald angehe, so habe er mit Laienspielgruppen Theaterkarriere gemacht. In die Nähe des experimentellen Theaters sei er lediglich mit einer Inszenierung der Herzogin von Amalfi gekommen. Das nächste Mal würden wir es schon besser machen. Und jetzt müsse sie sich nach neuen Stücken für ihre jungen Schauspielerinnen umgucken. Ob ich wüßte, daß auf der Samuel-French-Liste (Fünf-Personen-Stücke mit reiner Frauenbesetzung) kein einziger Einakter sei? Das sei doch eine Herausforderung! Ich sollte doch mal versuchen, einen zu schreiben!
    Ich habe es versucht. Das Ergebnis war ein Einakter in zwei Szenen mit dem Titel Feminine Singular . Bei der Gestaltung der Hauptperson, einer Geschäftsfrau, ließ ich mich von dem inspirieren, was ich von Miss Miller zu wissen glaubte. Von dem Stück weiß ich eigentlich nur noch, daß es »gut geschrieben« war und als Komödie lief. Madam griff auf das Stück mehrmals zurück und versprach, sich eines Tages dafür erkenntlich zu zeigen: Unter ihrer Aufsicht sollte ich einmal selbst Regie führen dürfen. In der Zwischenzeit sollte ich zusehen, Wörter wie »exquisit« richtig auszusprechen, wenn ich sie weiterhin zu verwenden gedachte.
    Ich sah im Arts Theatre eine Inszenierung von Ibsens Gespenstern und beschloß, die Sache mit Wedekind und Toller zu vergessen. William Archers Würdigung von Ibsens Klein Eyolf war noch immer der richtige Wegweiser.
     
    In der Agentur ließ man mich für einen Arzneimittelhersteller arbeiten. Das Produkt war ein nach Schokolade schmeckendes Abführmittel. In der Textabteilung wurde dieser Auftrag als Beförderung empfunden. Ich versuchte, es auch so zu sehen.
    In jenem Sommer hatte ich zwei Wochen Urlaub. Zehn Tage davon verbrachte ich mit der Hin- und Rückreise (auf Schiffen der p&o -Linie) nach Marseille, und die vier Tage, die ich in der Stadt und Umgebung verbrachte, waren anregend und letztlich auch produktiv.
    Im alten Hafen von Marseille gab es damals einen Kai, an dem Fischer warteten und billige Motorbootrundfahrten anboten, zum Überseehafen, die Küste entlang nach Cassis oder zur Ile d’If mit ihren Festungsanlagen. Meine Kindheitserinnerungen an Dumas bewirkten, daß ich mich für die Exkursion zum Château d’If entschied.
    Die bunt beschrifteten Reklameschilder der Fischer ließen mich Touristenführer und Souvenirbuden erwarten, aber die eigentümliche Verschandelung des Ortes überraschte mich doch. Das Château d’If war ein aus dem sechzehnten Jahrhundert stammendes Gefängnis, in dem bedeutende und einflußreiche Persönlichkeiten, die sich politisch mißliebig gemacht hatten, relativ komfortabel untergebracht waren. Das Gebäude hatte konkrete historische Bezugspunkte, die aber von künstlich

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