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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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empörte Passagier war gebeten worden, auszusteigen, während sich die Beamten das Auto genauer ansahen. Der Chauffeur durfte sitzen bleiben. »Bürokratischer Wahnsinn«, keifte der reiche Mann. Schließlich überquere er jeden Tag diese Grenze und sei noch nie derartig schikaniert worden.
    Die Wachposten bedauerten das, blieben aber fest. Es habe Warnungen gegeben, heute müssten sie besondere Vorsicht walten lassen. Er könne seine Beschwerden an die Zollbehörde richten. Zufällig sei ein leitender Beamter heute hier. Er könne sich ja an ihn wenden.

    Der rotgesichtige Geschäftsmann sah den uniformierten Zollaufseher an, registrierte die eiskalte Gleichgültigkeit, die verächtliche Miene. Der Mann seufzte resigniert, seine Proteste verwandelten sich in ärgerliches Gemurmel. Einen Augenblick später hob sich die orangefarbene Schranke, der Motor sprang an, und das Luxusauto glitt seinem Ziel entgegen. Ein Bild verletzter Würde.
    Aber der lautstarke Protest des Mannes hatte Ambler Deckung gegeben.
    Er konnte die Situation zwar nicht zu seinem Vorteil nutzen, wenigstens aber den Vorteil seiner Gegner verringern. Er kroch auf die Straße zu, bis er einen stämmigen Mann mit teurer Armbanduhr sah, deren breites goldenes Band in der Morgensonne glänzte, die gerade hinter einer Wolke hervorlugte. Der Texaner. Die Uhr war völlig unpassend für einen solchen Einsatz. Sie deutete auf einen überprivilegierten Agenten mit großzügigem Spesenkonto hin, der seine aktive Zeit lange hinter sich hatte. Man hatte ihn wahrscheinlich nur deshalb zu diesem Last-Minute-Einsatz abgerufen, weil er zufällig in der Nähe lebte. Ambler schlich sich im Schutz einer Schneewehe an ihn heran, legte ihm von hinten blitzschnell den linken Arm um den Hals und setzte mit dem rechten Arm einen Hebel an. Die Kehle des Mannes wurde direkt unter dem Unterkiefer in die Beuge zwischen Amblers Bizeps und seinem Unterarm gequetscht. Der rechte Unterarm presste die Halsschlagadern ab, was zu augenblicklicher Bewusstlosigkeit führte. Der Mann – zweifellos nur ein Beobachtungsposten – grunzte verblüfft und wurde schlaff. Schnell tastete Ambler ihn ab, er suchte nach dem Kommunikator.
    Er fand ihn in der unteren Tasche des schwarzen, pelzgefütterten Ledermantels, den der Mann trug. Das teure Kleidungsstück
war zwar für einen Wachposten in der alpinen Winterkälte wenig geeignet, passte dafür aber umso besser zu der goldenen Audemars Piguet an seinem Handgelenk. Den Kommunikator hatte der Texaner bestimmt erst heute Morgen mit dem Einsatzbefehl erhalten. Es war ein kleines Modell aus schwarzem Hartplastik mit begrenzter Reichweite, aber starkem Signal. Ambler steckte sich den winzigen Kopfhörer ins Ohr, holte tief Luft und vergegenwärtigte sich die Aussprache und Sprachmelodie des Texaners. Dann drückte er den SPEAK-Knopf und grummelte mit passablem texanischem Akzent: »Hier Beta Lambda Epsilon. Bitte kommen ...«
    Eine Stimme mit starkem Akzent – das raue Französisch des Departement Savoy – schnitt ihm das Wort ab. »Du solltest doch die Kommunikation einstellen. Du gefährdest den ganzen Einsatz. Wir jagen keinen Amateur! Der einzige Amateur hier bist offenbar du. «
    Die Stimme gehörte nicht dem Killer aus Marseille. Dies war der dritte Mann – mit Sicherheit der Einsatzleiter.
    »Halt’s Maul und hör mir zu«, fauchte Ambler wütend. Das kleine Funkgerät übertrug die Stimmen klar und metallisch. Es war auf maximale Verständlichkeit ausgerichtet, verschluckte aber die klanglichen Merkmale einzelner Stimmen. »Ich hab das Schwein gesehen . Auf der anderen Straßenseite. Er ist über den Parkplatz gerannt. Der Pisser will uns verarschen.«
    Schweigen am anderen Ende. Dann fragte die Stimme wachsam und drängend: »Wo genau befindet er sich jetzt?«
    Was sollte er darauf antworten? Ambler hatte die Sache nicht durchgeplant und wusste jetzt nicht weiter. »Er ist in den Jeep gekrochen«, sagte er dann impulsiv. »Hat sich unter der Plane versteckt.«
    »Ist er immer noch dort?«

    »Ja. Sonst hätte ich ihn gesehen.«
    »Okay.« Pause. Dann, widerwillig: »Gute Arbeit.«
    Wären Amblers Wangen nicht halb erfroren gewesen, hätte er gelächelt. Das Killerkommando bestand aus Männern seiner eigenen Profession. Sie würden jedes Manöver durchschauen, das er sich ausdenken konnte. Ambler konnte sie nur überlisten, wenn er nicht nachdachte, sondern sich nur blind und instinktiv von Augenblick zu Augenblick hangelte.

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