Ambler-Warnung
wirkte beleidigt, klopfte aber die Tasche ab. Dann zog er den Geldbeutel heraus und klappte ihn auf, als müsse er sich davon überzeugen, dass es wirklich seiner war.
Wessen Geldbeutel soll das denn sonst sein, du fetter Idiot? McConnelly verzichtete auf ein Lächeln, der Mann hätte es bestimmt falsch verstanden. »Na, dann ist ja alles in Ordnung«, sagte er.
»Sonst habe ich meinen Geldbeutel nie ihn der Jacke«, sagte der Mann störrisch. »Seltsam.« Er warf McConnelly einen misstrauischen Blick zu, als sei der irgendwie an der Sache schuld. Als habe er sich einen blöden Scherz mit ihm erlaubt. Er lächelte mit schmalen Lippen: »Tut mir leid, dass ich ihre Zeit verschwendet habe.« Sein Tonfall deutete an, dass McConnelly daran selbst schuld war.
Ein klassisches Verhalten. McConnelly zuckte nur mit den Schultern. »Kein Problem. So etwas kommt gelegentlich vor.« Besonders bei arroganten Mistkerlen wie dir, die nicht zugeben können, dass sie im Unrecht sind Dieses Problem hatte er in seiner Zeit als MP nie gehabt. Die Militärpolizei beschäftigte sich nicht mit Leuten, die auf ihren Status pochen mussten. Ihr Status war durch ihre Rangabzeichen genau festgelegt.
Er wollte gerade ein Formular holen und einen Bericht über den Zwischenfall – oder vielmehr den Nicht-Zwischenfall, denn meistens handelte es sich um völlig grundlose Beschwerden - verfassen, als er Schreie aus dem Poolbereich hörte.
Ein weiteres Projektil schoss ins Wasser und zog einen Schweif aus Blasen hinter sich her wie eine Perlenkette. Sie verfehlte Ambler nur knapp. Die Lichtbrechung des Wassers hatte die
Zielsicherheit des Schützen beeinträchtigt. Aber den gleichen Fehler würde er nicht noch einmal machen. Wie groß war der Schusswinkel? Wie nahe stand der »Hausmeister« am Beckenrand? Ambler blieb tief unter der Wasseroberfläche und schwamm mit kraftvollen Arm- und Beinbewegungen schnell zur Seite, auf der sein Gegner stand. Je näher er ihm kam, desto sicherer war er. Der Schütze musste seine Position wechseln, um Ambler erneut in die Schusslinie zu bekommen.
Ambler blickte zu den roten Schwaden im Zentrum der tiefen Seite des Beckens. Osiris war bereits tot, wie er sah, und trieb mit ausgestreckten Armen und Beinen dicht unter der Wasseroberfläche.
Oh Jesus, lass das nicht wahr sein.
Wo war er sicher? Ambler war seit ungefähr fünfzehn Sekunden unter Wasser. Seine Atemreserven reichten insgesamt vielleicht für fünfzig bis sechzig Sekunden. In dem kristallklaren Wasser gab es keinerlei Deckung. Außer ... das Blut, die rote Wolke in ein paar Metern Entfernung ... Nur Osiris’ Leiche konnte ihm Schutz bieten. Allerdings nur kurz. Ambler, der nur die Hotel-Badehose trug, war äußerst verwundbar.
Er schnellte dicht neben dem Beckenrand auf der Seite des Angreifers an die Oberfläche und holte mit weit geöffnetem Mund ein paarmal tief Atem, so geräuschlos wie möglich. Panische Schreie schrillten durch die Luft. Die anderen Gäste im Pool und am Beckenrand flohen hektisch und kreischend. Bald würden die Sicherheitsleute des Hotels eintreffen, aber sie würden Ambler auch nicht mehr retten können. Und außerdem konnten sie dem chinesischen Schützen wahrscheinlich nicht das Wasser reichen.
Völlig schutzlos – aber das stimmte nicht ganz. Das Wasser selbst bildete eine Art Rüstung für ihn. Am tiefen Ende war
das Becken über vier Meter tief. Wasser war tausendmal dichter als Luft und bot Projektilen also auch einen tausendfach höheren Widerstand. Geschosse verloren im Wasser schon auf kurze Distanz an Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit.
Er tauchte tief ins Wasser. Als er wieder in Richtung Oberfläche schwamm, verbarg er sich in der roten Blutwolke unter dem leblosen Geheimagenten. Dann zerrte er die Leiche in Richtung Sprungturm. Ein weiteres Projektil verfehlte Amblers Schulter nur um Zentimeter. Ein Gewehr, das sich leicht zusammenbauen und auseinandernehmen ließ und dessen Lauf als Mopp getarnt werden konnte, büßte einen Teil seiner Funktionalität ein. Wahrscheinlich war es ein Einzellader. Deshalb lagen zwischen den einzelnen Schüssen immer vier bis fünf Sekunden. Der Schütze musste jedes Mal nachladen.
Durch das blutige Wasser sah er, dass er sich direkt unter dem Sprungbrett befand. Der Betonpfeiler, der es stützte, könnte ihm einen gewissen Schutz verleihen.
Der Chinese hatte den Schaft des langen Gewehres an die Wange gelegt. Es sah nach einer kleinkalibrigen Waffe aus:
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