Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
vier Teile des Rituals (»Gott ist groß, etcetera«), bevor er bemerkte: »Guten Abend, Mama. Guten Abend, Papa. Hattet ihr einen ereignisreichen Tag in Kairo?«
     
    Emerson nahm Vater Todorus’ Angebot, einen Becher Cognac mit ihm zu trinken, dankend an. Ich lehnte ab. Ich brauchte alle meine fünf Sinne, um mit Ramses fertig zu werden.
    »Darf ich fragen«, bohrte ich, während ich mich neben ihn setzte, »was du da tust?«
    Ich verabscheute es, ihn danach zu fragen, denn ich war mir sicher, daß er mir alles in epischer Breite erzählen würde; doch die ungewöhnliche Vorstellung hatte mich so irritiert, daß ich nicht ganz Herr der Lage war. Es war augenscheinlich, daß nicht nur der letzte, sondern alle Rufe des Muezzins aus der jugendlichen Kehle meines Sohnes gedrungen waren. Emerson nippte weiter an seinem Cognac, während er mit weit aufgerissenen Augen Ramses’ Adamsapfel fixierte.
    Ramses räusperte sich. »Als du und Papa die unerfreuliche Situation von Vater Todorus hier diskutiert habt, stimmte ich eurer Schlußfolgerung, daß er irgendwo in der Umgebung von Kairo festgehalten worden ist, voll und ganz zu. Von eurer weiteren Überlegung, daß es unmöglich sei, diesen Aufenthaltsort näher zu bestimmen, mußte ich mich notgedrungen distanzieren. Denn meiner Meinung nach …«
    »Ramses.«
    »Ja, Mama?«
    »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du den Gebrauch dieser Formulierung etwas einschränken könntest.«
    »Welcher Formulierung, Mama?«
    »>Meiner Meinung nach …<«
    Der Cognac hatte Emersons Sprachgewalt wiederhergestellt. Mit rauher Stimme meinte er: »Ich bin geneigt, deiner Mama zuzustimmen, Ramses. Aber lassen wir das für den Augenblick. Bitte fahre mit deiner Erklärung fort.«
    »Ja, Papa. Also meiner Mei … Also, ich hatte das Gefühl, daß, auch wenn Vater Todorus nicht aus den Fenstern sehen konnte, er vermutlich aber etwas von draußen hören konnte. Während nun der Lärmpegel, den man auch als >Geräuschkulisse der Stadt< bezeichnen könnte, im allgemeinen nicht unterscheidbar ist – ich beziehe mich dabei auf das Schreien der Esel, die Rufe der Wasserverkäufer und der Händler, das jammernde Klagen der Bettler, die …«
    »Ich bemerke mit Bedauern, Ramses, daß du eine literarische, um nicht zu sagen poetische Form der Berichterstattung entwickelst. Die Niederschrift von Versen und das Führen eines Tagebuchs sind hervorragende Methoden, um diese Neigung zu entfalten. Sie in einen aufklärenden Bericht zu integrieren allerdings nicht.«
    »Ah«, sagte Ramses nachdenklich.
    »Bitte fahre fort, Ramses«, sagte sein Vater. »Und, mein geliebter Sohn, fasse dich kurz!«
    »Ja, Papa. Es gibt allerdings eine Besonderheit in bezug auf das Hörphänomen, etwas, das im Vergleich zu den von mir erwähnten (und anderen, von mir besser nicht erwähnten) Geräuschen unterscheidbar und unterschiedlich ist. Ich beziehe mich natürlich auf die Rufe der Muezzins in den Moscheen von Kairo. Mir kam der Gedanke, daß Vater Todorus, der diese Rufe vermutlich ununterbrochen mit anhören mußte, vielleicht in der Lage sein könnte, zwischen ihnen zu unterscheiden und sich vielleicht sogar an ihre Lautstärke und ihre Eindringlichkeit zu erinnern. Deshalb bin ich hierhergeritten, um dieses Experiment zu versuchen. Indem ich die Stimmen imitierte …«
    »Oh, gütiger Himmel!« entfuhr es mir. »Ramses – sitzt du etwa schon mehr als drei Stunden hier und wiederholst den Adan in den unterschiedlichen Stimm- und Tonlagen? Emerson – wie du weißt, erleide ich selten einen Schwächeanfall, aber ich muß zugeben, daß ich mich … daß ich mich … ziemlich schwach fühle.«
    »Trink etwas Cognac.« Emerson reichte mir einen Becher. »War das Experiment denn erfolgreich, mein Sohn?«
    »Teilweise ja, Papa. Ich glaube, ich habe das Gebiet auf ungefähr einen halben Quadratkilometer eingegrenzt.«
    »Ich kann es einfach nicht glauben«, murmelte ich halb zu mir selbst – völlig zu mir selbst, denn es stellte sich heraus, daß mir niemand zuhörte.
    »Es war sehr interessant«, sagte Vater Todorus und nickte dabei wie ein aufgezogenes Spielzeug. »Als ich meine Augen schloß, stellte ich mir vor, mich erneut im Haus dieses Satans zu befinden, und hörte wieder wie so oft die Rufe der Barbaren.«
    »Ich kann es einfach nicht glauben«, wiederholte ich. »Ramses, wie ist es dir denn gelungen, die unterschiedlichen Rufe zu lernen? Es gibt in Kairo an die dreihundert Moscheen!«
    »Aber nur schätzungsweise

Weitere Kostenlose Bücher