Amelia Peabody 05: Der Sarkophag
außer der Beule an seinem Kopf, und diesem Dickschädel kann so leicht niemand etwas anhaben. Die Drohung galt dir, Emerson. Das Wissen, wieviel Ramses dir bedeutet –«
Mit wenigen langen Schritten durchquerte Emerson den Raum und drückte mich an sich. »Da ist jemand, der mir noch mehr bedeutet als Ramses«, meinte er mit rauher Stimme. »Meine geliebte Peabody …«
Von einem unbeschreiblichen Schmerz übermannt, befreite ich mich höflich, aber bestimmt aus seiner Umarmung. »Wir sind nicht allein, Emerson.«
»Ist dieses verfluchte – äh – Mädchen schon wieder hier?« entfuhr es Emerson. »Zum Teufel, hat sie denn nichts anderes zu tun? Komm, Peabody, wir können ebensogut nach unten gehen. In diesem verdammten Mausoleum hat man nicht die Spur einer Privatsphäre. Wie lange müssen wir eigentlich noch hierbleiben?«
»Bis du dein Manuskript fertiggestellt hast«, erwiderte ich und nahm seinen mir angebotenen Arm.
»Zur Hölle mit diesem verfluchten Manuskript! Ich möchte, daß du dich aus der Sache heraushältst, Peabody. Ich möchte, daß du mit den Kindern nach Kent zurückkehrst.«
»Ach wirklich? Und warum, Emerson?«
»Verflucht, Peabody, du weißt genau, warum. – Hallo, Gargery! Wie geht es uns denn heute abend? – Mir gefällt das Denken dieses Burschen nicht. Er wird mich nicht angreifen. Niemand greift MICH an. Er wird mich zu treffen versuchen, indem er Hand an einen meiner Lieben legt, und wie ich bereits erwähnte, Peabody –«
»Ja, ich weiß. Aber du hast bislang noch nie versucht, mich aus irgendwelchen Gefahren herauszuhalten.«
»Stimmt nicht, Peabody, stimmt nicht. Das versuche ich ständig. Es gelingt mir zwar nicht, aber ich versuche es immer wieder.«
»Verzeihung, Sir, Verzeihung, Madam.« Gargery stellte einen Teller Suppe vor Emerson. »Ich weiß, daß ich nicht fragen sollte, aber in Anbetracht des tiefen Respekts, den ich für Sie beide empfinde, muß ich wissen, ob eine drohende Gefahr besteht, und wenn ja, wie wir Bediensteten Ihnen helfen können.«
Gargerys Besorgnis bewegte mich so sehr, daß ich seine Gefühle niemals hätte verletzen können, indem ich ihn darauf hinwies, daß es ihm nicht zustand, sich in unsere Unterhaltung einzumischen. Emerson war gleichermaßen berührt; seine Augen strahlten vor Begeisterung, und er klopfte unserem Butler auf die Schulter.
»Sehr nett von Ihnen, das zu sagen, Gargery. Mrs. Emerson und ich wissen Ihre Worte zu schätzen. Sind Sie informiert, was geschehen ist …«
Während ich meine Suppe löffelte, schilderte Emerson Gargery die ganze Geschichte. Gargerys Augen funkelten. »Sir und Madam, es gibt keinen Bediensteten in diesem Hause, der nicht sein Leben für Ihre Verteidigung riskierte. Machen Sie sich keine Sorgen, Sir, wir werden nicht zulassen, daß dieser Bursche an Mrs. Emerson herankommt. Ich habe eine Idee, Sir; angenommen, Bob – er ist der kräftigste von uns Dienern, Sir – angenommen, er begleitete Mrs. Emerson auf ihren kleinen Ausflügen und dergleichen? Ich könnte ihm einen netten kleinen Revolver besorgen, Sir.«
»Nein, nein, keine Feuerwaffen«, meinte Emerson kopfschüttelnd. »Dergleichen dulde ich nicht in meinem Haus; Sie kennen den jungen Herrn Ramses, er würde sich eine Kugel durch den Kopf jagen, noch ehe Sie Luft geholt hätten. Vielleicht eher einen ordentlichen Knüppel?«
»Unsinn«, entfuhr es mir unwirsch. »Niemand begleitet mich auf irgendwelchen Ausflügen. Gargery, räumen Sie bitte die Suppenteller ab, und servieren Sie den nächsten Gang.«
Mir blieb kaum Zeit, Emerson zuzuzischen: »Wenn du einen Leibwächter auf mich ansetzt, Emerson, werde ich nie …«, als Gargery auch schon atemlos und voller Ideen zurückkehrte.
»Haben Sie schon einmal daran gedacht, Sir«, sagte er, während er mir einen Teller Steinbutt mit Hummersauce vor die Nase knallte, »daß diese Sache vielleicht nicht gegen Sie persönlich gerichtet ist? Wie diese Uschbers – Uschbits –«
»Das habe ich mir auch schon überlegt«, erwiderte Emerson. »Wir sind einer Meinung, nicht wahr, daß die Entführung von Ramses von derselben Person initiiert wurde, die auch die Uschebtis verschickte?«
»Ja, Sir«, entgegnete Gargery hastig.
Stirnrunzelnd blickte ich zu Gargery. »Falls ich an meinem eigenen Eßtisch auch einmal etwas sagen darf …«
»Verzeihen Sie, Madam«, erwiderte Gargery und zog sich zur Anrichte zurück.
»Ich danke Ihnen, Gargery. Ich stimme zu – sofern die unmaßgebliche
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