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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hielt den Atem an. »Emerson! Ist dir eigentlich klar, was du gesagt hast? Ein Nachtwächter und dann ein Assistent … Der Verrückte arbeitet sich die gesellschaftliche Leiter empor. Wo wird er als nächstes zuschlagen?«
    Emersons verkniffenes Gesicht hellte sich auf. »Budge!« brüllte er. »Welch ein faszinierender Gedanke, Peabody!«
    »Mein lieber Emerson, derart leichtfertige und unangemessene Äußerungen könnten entsetzlich mißinterpretiert werden, falls man uns belauschte. Ich kenne dich besser; du würdest doch nicht ernsthaft wollen, daß Mr. Budge  hinterhältig ermordet –«
    »Nein«, gestand Emerson. »Ich sähe es lieber, wenn er bei lebendigem Leibe gequält würde.«
    »Aber was, wenn Mr. Budge  nicht das nächste Opfer ist? In London gibt es eine ganze Reihe von Orientalisten, Emerson. Bald wird ein weiterer von ihnen in Erscheinung treten – der bedeutendste, der renommierteste von allen.«
    Emerson, der sich – nach seinem Grinsen zu urteilen – genüßlich die Qualen von Mr. Budge  ausgemalt hatte, blickte wie vom Donner gerührt auf. Seine dichten, dunklen Brauen zogen sich zusammen, seine Lippen bewegten sich, als suche er nach dem präzisen, dem treffenden Begriff. Schließlich wurde er fündig.
    »Verrückt!« brüllte er. »Von allen verrückten Theorien, die du jemals aufgestellt hast – und, meine liebe Peabody, das waren eine ganze Menge –, ist das die abwegigste … die wildeste … die … Aber – aber ich muß Fassung bewahren. Ich muß die strenge Selbstbeherrschung üben, die mich all die Jahre bitterer Erfahrung gelehrt haben.«
    »Das mußt du tatsächlich«, bekräftigte ich. »Dein Gesicht ist rot angelaufen, Emerson. Entweder kontrollierst du deine Gefühle, oder du läßt sie raus – mach dich frei davon. Zerreiß die Zeitung, Emerson. Zerschlag irgend etwas. Diese Vase da hat mir noch nie gefallen.«
    Emerson sprang von seinem Stuhl auf. Er griff nach der Vase, besann sich jedoch eines Besseren. Mit geballten Fäusten blieb er bewegungslos stehen und murmelte unverständlich vor sich hin; und langsam verschwand die Zornesröte von seinen Wangen. Ihm entfuhr ein leises Lachen. »Für einen Augenblick hast du mich wirklich ins Bockshorn gejagt, Peabody. Was bist du bloß für ein Spaßvogel. Das glaubst du doch selbst nicht. Du hast mich lediglich foppen wollen.«
    Ich erwiderte nichts. Die Wahrheit konnte ich ihm aus Furcht vor einem weiteren Wutanfall nicht darlegen; eine Lüge widersprach meiner offenen und aufrichtigen Persönlichkeit.
    »Es war ein Vorwand«, überlegte Emerson. »Zwar kein besonders geschickter, wenn ich das sagen darf; normalerweise fallen dir logischere Beweggründe ein, um dich in Mordfälle einmischen zu können. Du willst dich doch einmischen, stimmt’s, Peabody?«
    »Aber nein, Emerson. Ich mische mich nie ein.«
    Werter Leser, das entsprach der Wahrheit. Ich habe mich noch nie in die Angelegenheiten anderer Leute eingemischt und werde das auch nie tun. Etwas Derartiges verabscheue ich zutiefst. Wenn ein zarter Hinweis oder ein hilfreicher Vorschlag unnötiges Leid ersparen können, kenne ich keine falschen Skrupel, diese auch zu geben. Aber einmischen – niemals.
    Mein geliebter Emerson hatte sich wieder unter Kontrolle. Ein rosiger Hauch überzog seine gebräunten Wangen; sein unwiderstehliches Lachen erklang, und er umschlang mich mit seinen Armen.
    »Was bist du doch für eine unverbesserliche Lügnerin, Peabody. Du kannst es kaum erwarten anzufangen. Wir sind noch keinen Tag in London, und du hast bereits Scotland Yard aufgesucht, Budge, die Mumie –«
    »Emerson, ich protestiere gegen die ungerechte, um nicht zu sagen unverschämte –« Allerdings war es mir nicht vergönnt, eine sachliche Diskussion fortzuführen, da Emersons Handlungen eine – in vielen Fällen – merkwürdige Auswirkung auf mein Konzentrationsvermögen haben. Ich machte noch einen letzten Einwurf: »Emerson. Deine Hände sind voller Druckerschwärze; ich bin sicher, du wirst meine gesamte Bluse mit Fingerabdrücken übersäen, und was wird Wilkins von uns denken, wenn er sieht … Oh, mein geliebter Emerson!«
    »Wen interessiert schon, was Wilkins denkt?« murmelte Emerson. Und ich mußte mir eingestehen, daß er mit seinem ausgesprochenen Scharfsinn wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
     
    »Abergläubisch« ist, so glaube ich, kein Charakteristikum, das man auf MICH anzuwenden wagte. Amelia Peabody Emerson, Opfer eines entarteten

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