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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Flöhe übertragen, von denen manche Fachleute glauben –«
    »Genug, Ramses.«
    »Ja, Mama. Hast du Lust, dir einige meiner Versuchsreihen anzuschauen? Der Vorgang der Austrocknung ist bei verschiedenen kleineren Arten schon recht weit fortgeschritten, was mich in dem Glauben bestätigt, daß festes und nicht flüssiges Natron –«
    »Danke, nein.« Ich blickte zu dem Tisch neben dem Fenster, auf dem Ramses’ Versuchstiere, jeweils einzeln in kleinen Behältnissen, lagen. Auf dem Tisch befanden sich auch noch andere Objekte, die ich mir ebenfalls nicht anschauen wollte, denn da ich Ramses’ gewissenhafte und logische Auseinandersetzung mit den ägyptologischen Verfahren kannte, war ich mir sicher, daß er keine der herkömmlichen Methoden ausgelassen hatte, um einen Leichnam für die letzte Stufe des Mumifikationsprozesses zu präparieren.
    Ich beeilte mich, meinem Sohn die gute Nachricht zu unterbreiten, und fügte noch hinzu, daß ich das umgehend getan hätte, wenn er mich nicht mit seinem Mumifizierungsvortrag abgelenkt hätte. Er reagierte mit einem seiner seltenen Lächeln. »Nicht, daß ich ernsthaft an ihrer Rückkehr gezweifelt hätte«, bemerkte er. »Aber das Leben ist nach Aussage des Korans –«
    »Erzähl mir nichts vom Koran, Ramses. Ich muß jetzt gehen; ich habe noch einiges zu erledigen. Ich bin nur gekommen, um dir von Bastets Rückkehr zu berichten.«
    »Ich bin dir zutiefst dankbar, Mama. Darf ich fragen, ob es irgendwelche neuen Enthüllungen in dem Fall gibt, den man als das Mysterium des Britischen Museums bezeichnen könnte?«
    »Ich glaube nicht, Ramses.«
    »Die gestern abend von mir angesprochene Theorie war vermutlich nicht stichhaltig«, sagte Ramses nachdenklich. »Wie auch immer, Mama, ich wäre erleichtert, von dir zu hören, daß Papa nicht die geringste Gefahr von diesem merkwürdigen Individuum droht.«
    Seine Stimme klang so unterkühlt wie immer, und auch sein Gesicht blieb ausdruckslos. Während ich ihm über seine zerzausten Locken fuhr, meinte ich zuversichtlich: »Ich bin sicher, daß für Papa keinerlei Gefahr besteht, Ramses. Und selbst wenn es so wäre – was ich, wie gesagt, für unwahrscheinlich halte –, ist er in der Lage, sich überaus kompetent und energisch zu verteidigen. Konzentriere dich einfach auf deine niedlichen Mumien, und mach dir keine Sorgen um deinen Papa.«
    Während der Nacht hatte es geregnet, doch als ich das Haus verließ, versuchte die Sonne gerade, sich durch die rauchgeschwängerte, dunkle Londoner Wolkendecke zu kämpfen. Als ich durch die Pfützen der schmutzigen Straßen stapfte, war ich dankbar um meine festen Stiefel. Während ich in östlicher Richtung an der Themse entlangging, wurde der Verkehr dichter und der Lärmpegel ohrenbetäubend. Karren und Omnibusse rumpelten an mir vorüber, Pferdehufe klapperten, brüllende Straßenhändler boten ihre Waren feil. Und doch besaß die Szenerie einen gewissen lebendigen Charme, denn vor mir erhob sich wie ein göttliches Mahnmal für die menschliche Vergänglichkeit die riesige Paulskathedrale, deren gewaltige Kuppel von Wolkenfetzen verhangen war.
    Die Büros der Daily Yell befanden sich auf der Fleet Street. Ich hatte noch nie die Gelegenheit zu einem Besuch gefunden und war mir nicht sicher, um welche Uhrzeit Mr. O’Connell dort anzutreffen war, wollte jedoch den Versuch wagen. Sicherlich kannten seine Vorgesetzten seine Privatadresse.
    Nach Aussage des Pförtners war Mr. O’Connell tatsächlich in seinem Büro. Er wies mir den Weg über die Treppe zu einem riesigen, überfüllten und extrem schmutzigen Raum voller Schreibtische, von denen die meisten besetzt waren. Die Luft war erfüllt von Zigarren- und Zigarettenrauch und von (diese rüde Bemerkung sei mir erlaubt) Flüchen – Äußerungen, die man lautstark und gedankenlos von sich gab. Ein Großteil dieser Beschimpfungen galt den Botenjungen, die von einem Schreibtisch zum anderen eilten und irgendwelche Schriftstücke verteilten.
    Die meisten der »Herren« des vierten Standes waren hemdsärmlig, und einige trugen noch ihre Kopfbedeckungen. Meine Ankunft blieb nicht völlig unbemerkt, dennoch hielt es niemand für erforderlich, den Hut zu lüften oder ins Jackett zu schlüpfen oder sich vom Stuhl zu erheben oder mir in irgendeiner Form behilflich zu sein. Das irritierte mich keineswegs. Schließlich war es mir ein Vergnügen, auf eine Gruppe von Männern gestoßen zu sein, deren Umgangsformen noch indiskutabler waren als die

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