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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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einen ansprechenden Eindruck, finden Sie nicht?«
    »Oh, in Gegenwart von Damen ist er außerordentlich charmant! Und«, bemerkte Kevin mißgünstig, »in den letzten ein bis zwei Jahren ist es relativ ruhig um ihn geworden. Sagt, daß er sich geläutert habe. Vielleicht ist das eine ganz neue Seite an ihm, wie er behauptet, aber da habe ich meine Zweifel.«
    Die Godolphin Street befand sich in einem der alten Viertel zwischen dem Fluß und der Kathedrale; zu beiden Seiten wurde sie von ehrwürdigen, im letzten Jahrhundert erbauten Häusern gesäumt, und in einem von diesen logierte Miss Minton. Breite Treppenaufgänge führten zu den Eingangsportalen. Als wir die Stufen hochgingen, sprang die Tür auf, und Mr. Eustace Wilson trat ins Freie.
    Tief in Gedanken versunken, las er stirnrunzelnd die Zeitung und bemerkte mich erst, als wir uns auf einer Höhe befanden. »Oh«, entfuhr es ihm, während er seinen Hut abnahm. »Sie sind das, Mrs. Emerson? Ich hatte nicht damit gerechnet …«
    »Ich bin wegen Miss Minton gekommen.«
    »Ich auch. Wir waren zum Mittagessen verabredet. Aber sie ist nicht hier.«
    »Sie hat Sie versetzt?«
    Die Lippen des jungen Mannes formten sich zu einem schwachen, sympathischen Lächeln. »Das wäre keineswegs ungewöhnlich, Mrs. Emerson. Sie … Aber Sie wissen, wie junge Damen sind. Sie war immerhin so nett, mir eine Nachricht zu hinterlassen, die besagt, daß sie plötzlich auf unbestimmte Zeit aus London abreisen mußte.«
    »Aha. Nun, in diesem Fall entschuldigt das ihre Unhöflichkeit. Vielleicht ist ihre Großmama krank geworden.«
    Bis er erfuhr, daß Miss Minton nicht da war, hatte O’Connell sich im Hintergrund gehalten. Jetzt gesellte er sich – die Hände in den Jackentaschen vergraben, seine Kappe tief ins Gesicht gezogen – schlurfenden Schrittes zu uns, und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß er zwanghaft versuchte, den krassen Gegensatz zu dem eleganten jungen Wilson zu bilden.
    »Zweifellos ist sie verschwunden, weil sie sich schämte«, feixte er. »Nachdem das Geheimnis um ihre Herkunft gelüftet –«
    »Sie hat überhaupt keinen Grund, sich zu schämen, Mr. O’Connell«, erwiderte ich streng. »Adlige Abstammung ist doch keine Schande; sie hat das gleiche Recht auf Respekt wie jeder andere Bürger.«
    »Treffend gesagt, Mrs. Emerson«, bekräftigte Mr. Wilson mit einem vernichtenden Blick zu O’Connell. »Miss Minton gebührt jede Anerkennung, daß sie ihren Titel nicht dazu verwandt hat, um sich gewisse Vorteile zu verschaffen. Auch wenn ich es zugegebenermaßen verabscheue, sie in diesem entsetzlichen, entwürdigenden Beruf zu wissen.«
    »Entwürdigend, soso.« O’Connell ballte seine Hände zu Fäusten. »Nehmen Sie dieses Wort noch einmal in den Mund, Sie aufgeblasener Gockel, und ich werde Ihnen Ihren dreckigen Hals umdrehen!«
    »Also wirklich«, entfuhr es Mr. Wilson, seine Brille zurechtrückend.
    »Na, na, Jungs, keinen Streit«, bemerkte ich. »Zumindest nicht auf offener Straße.«
    »Verzeihen Sie mir, Ma’am«, sagte Mr. Wilson höflich. »Ich darf sagen, wie froh ich bin, daß Ihnen gestern nichts passiert ist. Ihr Gatte war ganz Herr der Lage, denke ich.«
    »Mr. Budge hingegen nicht«, erwiderte ich.
    Wilson grinste. »Heute morgen war er übelster Stimmung. Ich war froh, daß ich mir einen halben Tag freinehmen und verschwinden konnte.«
    »Vermutlich ist er nervlich etwas angespannt«, meinte ich. »Was bei Ihnen auch der Fall sein sollte, Mr. Wilson. Dieser Irre scheint einen fanatischen Groll gegen das Britische Museum und seine Beschäftigten zu hegen.«
    Wilsons Grinsen verschwand. »Was in aller Welt meinen Sie, Mrs. Emerson? Der Bursche ist doch völlig harmlos.«
    »Seien Sie sich da nicht zu sicher, Mr. Wilson. Es hat bereits zwei Todesfälle gegeben – und beide sind nicht nur mit dem Museum, sondern sogar mit der ägyptischen Abteilung verknüpft! Ob der Priester harmlos ist oder nicht, ob er nun der Mörder ist oder nicht, sehr viel plausibler ist, daß es sich bei dem Mörder um jemanden handelt, dem die Orientalisten verhaßt sind. Ein verkannter Wissenschaftler oder ein Student, dem die Promotion verwehrt wurde oder … Aber ich schweife ab. Das alles sind bislang unbewiesene Theorien, Mr. Wilson. Vielleicht liege ich völlig falsch.«
    »Gütiger Himmel«, seufzte Mr. Wilson.
    »Verzeihen Sie, Mrs. E.« O’Connell trat neben mich. »Wollen Sie damit sagen … Haben Sie etwa den Begriff >Mordfanatiker<

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