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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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keine Kennzeichnung. Falls wir uns hier verliefen, würden wir nie mehr zurückfinden.
    Emerson folgte Amenit auf den Fersen. Immer wieder warf er einen Blick auf die rauhen Felswände um uns herum. »Wenn wir nur mehr Licht hätten«, murmelte er. »Ausgehend von dem, was ich sehen kann … Ja, das würde eine Menge erklären.«
    »Was meinst du?« fragte ich.
    »Erinnerst du dich an das berühmte kuschitische Gold, Peabody? Die meisten Wissenschaftler vermuten die Minen in der westlichen Wüste – aber wenn dieser Irrgarten nicht ursprünglich ein Grubenschacht war, will ich einen Besen fressen. Inzwischen ist die Ader ausgebeutet, und die Gänge dienen nun anderen Zwecken. Doch es gibt immer noch Gold in diesem Berg – es muß welches geben. Wo sonst haben unsere Gastgeber das Material für ihren Schmuck her? Und über welche anderen Reichtümer verfügen sie, um sie gegen die Lebensmittel einzutauschen, die sie einführen?«
    »Du hast sicher recht, Papa«, ließ sich Ramses hinter mir vernehmen. »Und hast du die kleinen Öffnungen in der Wand bemerkt? Bestimmt sind es Schächte, die an die Oberfläche führen, wie bei manchen ägyptischen Pyramiden. Die Luft hier ist erstaunlich frisch, wenn man bedenkt, wie tief unter der Erde wir uns befinden.«
    Als besonders frisch hätte ich die Luft nicht bezeichnet. Sie war sehr trocken, und ich bekam allmählich Halsschmerzen. Ich schubste Emerson in den Rücken. »Frag sie, wie weit es noch ist«
    »Verdammt, Peabody, hast du etwa deinen vermaledeiten Sonnenschirm dabei? Ich habe dir doch gesagt …«
    »Du hast nur gesagt, daß ich nicht klappern darf, Emerson. Mein Sonnenschirm klappert nicht. Frag sie …«
    Amenit unterbrach mich, indem sie mich eindringlich zum Schweigen mahnte. »Nicht mehr weit. Sie hören uns sonst. Ruhe!«
    Nach einigen Minuten verbreiterte sich der Tunnel. Mit einem Zischen rief Amenit uns zu sich. Wir standen vor einer Wand, die offenbar keine Öffnungen aufwies. »Ruhe«, hauchte Amenit. »Ruhe!« Dann blies sie die Lampe aus.
    Ich hatte nicht gewußt, daß eine solche Finsternis überhaupt möglich war.
    Plötzlich erblickte ich wohltuendes Licht. In der Wand vor uns hatte sich ein kleines, viereckiges Loch geöffnet, aus dem dieses Licht drang – zwar schwach, gelblich und flackernd, aber doch willkommener als die hellsten Sonnenstrahlen. Ich nahm Ramses fest beim Arm und schob ihn von meinem linken Fuß; er drängte sich eng an mich, um einen Blick durch die Öffnung zu erhaschen, die sich allerdings oberhalb seiner Augenhöhe befand. Emersons Wange berührte meine, als wir zusammen in den Raum spähten, der sich hinter der Öffnung befand.
    Archäologenfieber! Keine Leidenschaft der Welt kommt ihm gleich, und kaum eine kann einen Menschen zu ähnlicher Verzückung hinreißen. Es ergriff mich genau so, wie es meinen außergewöhnlichen Gatten befallen hatte. Welchem Zweck die Kammer vor unseren Augen diente, stand außer Frage. Die prächtige Ausstattung – geschnitzte Truhen, riesige Krüge voller Wein und Öl, Statuen, mit Gold und Fayence geschmückt – wurde von mehreren Alabasterlampen erleuchtet. Das Wichtigste ruhte auf einem niedrigen Bett in der Mitte des Raumes – eine modernde Leiche, von der Zeit und den natürlichen Zerfallsprozessen fast zum Skelett verwittert. Die vergilbten Zähne waren zu einem grausigen Lächeln entblößt. Die Knochen eines Armes staken durch das faulige Fleisch.
    »Sie mumifizieren ihre Leichen nicht!« rief Emerson aus. »Es ist wohl schwierig, Natron aufzutreiben, ich … autsch!«
    Ich weiß nicht, ob Reggie oder Amenit ihn ein wenig heftig darauf hingewiesen hatten, daß absolutes Schweigen angesagt war, doch die gewünschte Wirkung trat ein. Und das gerade noch rechtzeitig. Das Licht wurde heller.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

    Die Königin von Meroë durchbohrt in kindlicher Begeisterung Gefangene mit einem Speer.
     
    Es rührte von Lampen in den Händen zweier Gestalten her. Ihre Umrisse waren mir nur allzu vertraut, denn es handelte sich um zwei Mägde, von Kopf bis Fuß verschleiert. Aber ich glaubte nicht, daß eine von ihnen Mentarit war.
    Die Hohepriesterin folgte ihnen.
    Nur durch ihre goldbestickten Schleier unterschied sie sich von den anderen. Auf ihr Zeichen hin stellten die Mägde die Lampen auf eine Truhe und nahmen ihre Plätze zu ihrer Rechten und ihrer Linken vor dem grausigen Leichnam ein. Gemeinsam stimmten sie einen leisen

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