Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Aufsehen zu erregen«, spottete ich. »Du müßtest außerdem eine Lokomotive beschlagnahmen, um den Waggon zu ziehen. Und Holz, um den Kessel zu heizen, und einen Lokführer und noch einiges andere mehr. Nein, ich fürchte, es ist nicht durchführbar. Wir müssen es aufgeben, Emerson, wenigstens für dieses Jahr. Im nächsten Herbst haben unsere tapferen Soldaten sicher schon Khartum erobert und den Schandfleck getilgt, der die britische Flagge verunziert, seit wir versäumt haben, den tapferen Gordon zu rächen.«
    »Ein tapferer Idiot war er«, schnaubte Emerson. »Man hatte ihn losgeschickt, damit er Khartum evakuiert, nicht damit er herumhockt wie eine Kröte in einer Pfütze und brav wartet, daß der Mahdi ihn umbringt. Nun denn, vielleicht ist es das beste so. Selbst wenn das Land befriedet wäre, hat es doch sehr gelitten. Kein passender Aufenthaltsort für unseren Jungen, wenn er auch noch so robust ist.«
    »Ramses hat damit nichts zu tun«, widersprach ich. »Er geht in Kairo zur Schule. Wo werden wir dann unsere Ausgrabungen machen, Emerson?«
    »Es gibt nur einen Ort, Peabody. Napata.«
    »Napata?«
    »Am Gebel Barkal in der Nähe von Merawi. Ich bin überzeugt, daß dort die erste kuschitische Hauptstadt liegt, die sechshundert Jahre lang blühte und gedieh, bis die Kuschiten den Berg hinauf nach Meroë zogen. Budge ist schon dort – zum Teufel mit ihm«, fügte Emerson hinzu und biß so fest auf das Mundstück seiner Pfeife, daß ein Knacken zu vernehmen war. »Ich wage gar nicht daran zu denken, was er mit den Pyramiden anstellen wird.«
    Also trug der arme Mr. Budge die Schuld, weil er die Frechheit besaß, sich bereits im Sudan zu befinden. Es wäre sinnlos gewesen, Emerson darauf hinzuweisen, daß er selbst sofort dorthin gereist wäre, hätte sich ihm nur die Gelegenheit geboten – mittels einer Einladung durch die britischen Behörden. »Einladung, daß ich nicht lache …«, höhnte Emerson nur und gab dann eine Reihe Ausdrücke von sich, die mich zwangen, mir die Ohren zuzuhalten. »Er hat sich selbst eingeladen! Er hat so lange gedroht, gedrängelt und gekatzbuckelt, bis man ihn fahren ließ. Mein Gott, Peabody, wenn dieser Dreckskerl mit Nubien fertig ist, wird dort kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Und er wird alles, was in diesem Land nicht niet- und nagelfest ist, für sein verdammtes Museum stehlen …«
    Und so weiter und so fort – ein Ende war nicht abzusehen. Obwohl ich mich normalerweise bemühte, Mr. Budge vor Emersons unvernünftigen Angriffen in Schutz zu nehmen, muß ich zugeben, daß ich diesmal auch ein wenig verärgert über ihn war. In einem Bericht, den er auf dem militärischen Dienstweg hatte weiterleiten lassen, brüstete er sich, er habe die Strecke von Kairo nach Kerma in nur zehneinhalb Tagen zurückgelegt. Ich wußte nur zu gut, welche Wirkung diese Behauptung auf meinen aufbrausenden Ehemann haben würde. Emerson würde darauf bestehen, Budges Rekord zu brechen.
     
    Die erste Etappe, von Kairo nach Assuan, war uns bereits wohlbekannt, so daß ich nicht mit besonderen Schwierigkeiten rechnete. Ich hatte recht, doch Assuan, einst ein verschlafenes kleines Dorf, hatte sich in ein riesiges Armeedepot verwandelt. Obwohl Captain Pedley es uns gegenüber nicht an Höflichkeit fehlen ließ, besaß er doch die Taktlosigkeit, Emerson zu sagen, er solle seiner Frau keine Reise in eine so einsame und gefährliche Gegend erlauben. »Erlauben!« wiederholte Emerson. »Sagten Sie erlauben?«
    Obwohl ich gleichermaßen verärgert war, hielt ich es für das beste, das Thema zu wechseln. Man durfte nie vergessen, wie beschränkt doch so ein Soldatengehirn war, wie ich Emerson später erklärte. Nach einem gewissen Alter – irgendwann Anfang Zwanzig – wird es nahezu unmöglich, es mit einem neuen Gedanken, ganz gleich welcher Art, vertraut zu machen.
    Da eine Schiffsreise durch die reißenden und steinigen Stromschnellen des Ersten Katarakts voller Gefahren steckt, mußten wir den Dampfer in Assuan verlassen und mit der Bahn nach Shellâl am südlichen Ende des Katarakts fahren. Dort bekamen wir glücklicherweise Plätze auf einem Schaufelraddampfer. Der Kapitän entpuppte sich als ein alter Freund Emersons. Zudem wurde mein Gatte in jedem kleinen Dorf, wo der Dampfer Holz für seine Heizkessel aufnehmen mußte, von den Einwohnern lautstark begrüßt: » Essalâmu ’alaikum ,Emerson Effendi! Marhaba, oh Vater der Flüche!« Es war schmeichelhaft, aber auch ein wenig

Weitere Kostenlose Bücher