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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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beachtliche Strapazen und sogar Gefahren auf sich genommen, um seinen Onkel zu suchen oder sich zumindest persönlich von der Aussichtslosigkeit seines Vorhabens zu überzeugen. Und das alles seinem armen, alten Großvater zuliebe. Selbstverständlich würde die Nachricht vom bewiesenen Tod seines Sohnes Lord Blacktower sehr treffen, aber die qualvolle Ungewißheit ist noch viel schmerzlicher. Enttäuschte Hoffnungen können zu schwärenden Wunden werden …«
    »Schon gut«, sagte Emerson. »Also, wie wollen Sie bei Ihrer Suche vorgehen, Mr. Forthright?«
    Es war stockfinster. Ein schimmerndes Netz aus Sternen spannte sich über das hohe Himmelsgewölbe, und im Westen hoben sich die schartigen Grate der Berge gegen das silbrige Licht ab. Es tauchte die Landschaft in einen bleichen Schein, als der Mond – zur Hälfte voll – langsam aufging. Vom Kochfeuer her erhob sich eine Stimme zu einer klagenden Melodie.
    »Wie schön«, flüsterte Reggie. »Solch einen Augenblick mitzuerleben, entschädigt einen für die weite Reise. Es heißt ja, daß das Reisen den Horizont erweitert, und auf mich trifft das ganz sicher zu. Nun verstehe ich, was meinen Onkel in diese wilde und doch verzauberte Gegend gezogen hat.«
    »Hmmm«, brummte Emerson. »Es hat etwas für sich, gemütlich mit einem Glas Whisky in der Hand in der Abendkühle zu sitzen, während ein Diener das Essen zubereitet. Sie fänden es sicherlich weniger romantisch, wenn Sie sich in der Wüste verirrt hätten. Stellen Sie sich vor, Ihre Feldflasche ist leer, die Sonne brät Sie wie ein Hähnchen am Spieß, und Ihre Zunge ist so trocken wie ein Stück Leder. Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, Mr. Forthright.«
    »Oh.« Der junge Mann fuhr zusammen. »Ich bitte um Entschuldigung, Herr Professor. Man sagte mir, daß täglich Flüchtlinge aus den von den Derwischen besetzten Gebieten einträfen. Die Offiziere vom Geheimdienst, die sie verhören, haben mir versprochen, sie auch nach Gefangenen an abgelegenen Orten zu befragen.«
    »Das kann nicht schaden«, murmelte Emerson.
    »Und während ich auf Neuigkeiten warte, werde ich mich mit dem Studium und der Praxis der Archäologie befassen«, fuhr Reggie fröhlich fort. »Können Sie nicht noch zwei Hände gebrauchen, Herr Professor? Mit Untersuchungen kenne ich mich ein wenig aus, aber wenn Sie wollen, schwinge ich auch den Spaten wie der Bescheidenste unter den Eingeborenen.«
    Emerson nahm dieses freundliche Angebot mit weniger Begeisterung auf, als er es verdient hatte. Doch nachdem er die (von mir) erwarteten Einwände erhoben hatte, Reggie mangele es an Erfahrung und er habe schließlich nicht vor, sich über einen längeren Zeitraum hinweg der Archäologie zu widmen, ließ er sich erweichen, ihm seinen Plan des Geländes zu zeigen. Die darauf folgende Erläuterung wuchs sich bald zu einem Vortrag aus und wurde erst durch die Ankunft des Koches unterbrochen, der uns zum Abendessen rief. Nachdem wir es verzehrt hatten, sagte Reggie, er wolle sich nun gern zurückziehen, da er völlig erschöpft sei. Wir folgten bald seinem Beispiel, denn unser Arbeitstag begann bei Sonnenaufgang.
    Während wir uns zum Schlafengehen fertigmachten, wartete ich höchst interessiert auf Emersons Kommentar. Doch er sagte nichts. Also wagte ich, nachdem er das Licht gelöscht und sich neben mich gelegt hatte, das Thema selbst zur Sprache zu bringen.
    »Glaubst du nicht, daß Reggies Hilfe uns von Nutzen sein wird?«
    »Nein«, antwortete Emerson.
    »Wir hätten darauf gefaßt sein sollen, daß Mr. Budge Reggies Anwesenheit in Nubien auf die schlimmstmögliche Weise auslegen wird. Ich fand seine Gründe hierherzukommen sowohl vernünftig als auch ehrenwert.«
    »Hmmm«, meinte Emerson.
    »Wer, glaubst du, hat einen Stein nach ihm geworfen?«
    »Es kann kein Stein gewesen sein.«
    »Dem stimme ich zu. Du hattest ganz recht, mein Liebling. Ein Messer, ein Speer, ein Pfeil …«
    »Oh, es war mit Sicherheit ein Pfeil«, sagte Emerson, der sich inzwischen zu Sarkasmus hinreißen ließ. »Die kuschitischen Bogenschützen waren einst die Elitetruppen der ägyptischen Armee. Zweifellos hat der Geist eines Schützen Forthright mit einem alten Nubier verwechselt. In dieser Region verwendet man schon seit über tausend Jahren keine Bogen mehr.«
    »Dann also ein Messer oder ein Speer.«
    »Unsinn, Peabody. Wahrscheinlich ist er in Ohnmacht gefallen – das scheint bei ihm eine Gewohnheit zu sein. Dann ist er vom Kamel gestürzt und auf

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