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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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des Jungen an.
    Meine anfängliche Zuversicht erwies sich als Irrtum. Das Lüftchen, das sich gegen Abend erhob, reichte nicht, um mir die glühende Stirn zu kühlen. Der Boden wurde immer rauher und rissiger, was das Gehen erschwerte. In der Ferne erhob sich eine niedrige Hügelkette, die so trocken und hart schien wie der Wüstenboden. Sie verlief quer über den Weg, den wir laut Kompaß nehmen mußten, und verhieß trügerischen Schutz. Also tröstete ich mich damit, daß ich mich ausruhen könnte, wenn wir diese Hügel erst einmal erreicht hätten. Doch ein plötzliches Straucheln verriet mich. Das stets wachsame Auge meines Gatten sah, wie mir die Knie weich wurden, und sein starker Arm fing mich im Fallen auf. Die leise gemurmelten Flüche klangen wie Musik in meinen Ohren, als er mich aufhob. Und als ich den Kopf an seine breite Brust lehnte, war ich so erleichtert, daß ich nicht mehr gegen die Ohnmacht ankämpfte.
    Wohltuendes Wasser, zwischen meine ausgedörrten Lippen geträufelt, brachte mich wieder zu Bewußtsein. Es war lauwarm und schmeckte nach Ziege, doch kein Schluck aus einer eisgekühlten Quelle war mir je erfrischender vorgekommen. Ich trank gierig, bis die Vernunft zurückkehrte. Mit einem Aufschrei fuhr ich hoch und stieß den Wasserschlauch zurück.
    »Mein Gott, Emerson, was soll das? Du hast mir viel mehr als meinen Anteil gegeben.«
    »Mama geht es wieder besser«, stellte Ramses fest.
    »Am Abhang stehen einige abgestorbene Bäume«, sagte Kemit und stand auf. »Ich mache Feuer.«
    Dieser Vorschlag war sehr willkommen, denn die Nachtluft war bitterkalt. Nach einer kurzen Beratung beschlossen wir, den Brandy herumgehen zu lassen, den ich für medizinische Zwecke bei mir trug. Er linderte zwar meine Kopfschmerzen, machte mich aber ungewöhnlich schläfrig, so daß ich immer wieder einnickte. Als ich zwischendurch einmal erwachte, hörte ich die anderen sprechen.
    Kemits Stimme hatte mich aufgeweckt. Er redete lauter, als es sonst seine Gewohnheit war. »Es gibt Wasser, ich weiß es. Ich habe … ich habe gehört, wie die Männer der Wüste es sagten.«
    »Hmmm«, brummte Emerson. »Heute sind wir nur langsam vorangekommen. Bei diesem Tempo wird es zwei Tage länger dauern.«
    »Einen halben Tag, wenn man rennt.«
    Emersons zweifelndes Schnauben war nicht zu überhören. »Niemand von uns kann so schnell rennen, Kemit. Und Mrs. Emerson …« Der Arme mußte innehalten, um sich zu räuspern.
    »Sie hat das Herz eines Löwen«, meinte Kemit ernst. »Aber ich befürchte, daß die Dämonen den Sieg über sie erringen werden.«
    Emerson schneuzte sich kräftig. Ich fragte mich benommen, was er wohl als Taschentuch benutzte.
    Eine kleine Hand berührte meine Stirn. »Mama ist aufgewacht«, sagte Ramses, der sich über mich beugte. »Soll ich ihr etwas zu trinken geben, Papa?«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, widersprach ich mit Nachdruck und döste wieder ein.
    Mir kam es vor, als verbrächte ich den Rest der Nacht in einem Dämmerzustand. Dann aber mußte ich doch tief eingeschlafen sein, denn als ich ruckartig erwachte, stellte ich fest, daß Emerson mich fest an sich gepreßt hielt. Er schnarchte so laut, daß mir die Ohren klingelten. Ich fühlte mich zwar noch ein wenig schwummerig, aber erheblich besser, und als es heller wurde, betrachtete ich voll Freude das geliebte Gesicht so nah an meinem. Dabei sah Emerson nicht unbedingt einnehmend aus. Stachelige, schwarze Bartstoppeln bedeckten seinen markanten Kiefer, und seine entschlossen geschwungenen Lippen waren aufgesprungen und voller Blasen. Ich wollte ihn schon küssen, als eine schrille Stimme die Stille durchbrach.
    »Mama? Papa? Hoffentlich verzeiht ihr, daß ich euch wecke, aber ich muß euch sagen, daß Kemit fort ist. Er hat den Wasserschlauch mitgenommen.«
     
    Wenn man rannte, brauchte man einen halben Tag, um die Wasserstelle zu erreichen. Das hatte Kemit gesagt, und offenbar hatte er sich zum Handeln entschlossen. Indem er uns verließ, hatte er eine Chance, sich selbst zu retten. Ich zweifelte nicht daran, daß er auf seinen langen Beinen die Strecke so rasch zurücklegen konnte, wie er behauptet hatte. Besonders, wenn er die beim Schwitzen verlorene Flüssigkeit danach sofort durch frisches Wasser ersetzen konnte.
    »Ich bin sehr enttäuscht von Kemit«, verkündete ich, als wir meine Feldflasche herumgehen ließen. Jeder nahm einen Schluck; nach meiner Schätzung war genug übrig, um diese Völlerei noch ein einziges

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