Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin
vor kurzem zum drittenmal den Bund der Ehe eingegangen war.
»Aha«, sagte Emerson. »Hat sie ein eigenes Haus? Sie muß eine wahre Schönheit sein, wenn er ihr ein eigenes Heim schafft – oder eine wohlhabende Witwe. Wahrscheinlich eher letzteres. Hamed liebt Geld noch mehr als … äh … hm. Marhaba , Sitt ; Allah isabbehkum bilkheir .«
Beim Hinausgehen sah ich, wie das Mädchen näher an die alte Frau heranrückte und diese mütterlich den Arm um sie legte. Die Polygamie ist eine sündhafte und widernatürliche Sitte, die ich niemals verstehen oder billigen werde – doch selbst aus einem Komposthaufen kann die zarte Blüte der Zuneigung entspringen. Ich fragte mich, ob die alte Frau ihren Mann verraten hatte, weil das junge Mädchen auf die dritte Gattin eifersüchtig war – nicht wegen Hamed selbst, der weiß Gott nicht sehr einnehmend sein konnte, sondern weil er seiner Neuerwerbung soviel Aufmerksamkeit schenkte.
Unsere Anwesenheit und Emersons Getöse hatten verschiedene Neugierige angelockt. Bei den meisten handelte es sich um die üblichen Gaffer aller Altersgruppen und beiderlei Geschlechts, aber ich entdeckte in der Menge außerdem einige Verbrechervisagen. »Sollen wir Verstärkung holen?« fragte ich Abdullah leise.
Abdullah, in der einen Hand das Messer, die andere im Ausschnitt seines Gewandes, sah mich erstaunt an. »Nein, Sitt, warum?«
Mit einer Geste forderte er mich auf voranzugehen. Ich umfaßte fest meinen Sonnenschirm und folgte Emerson.
Einer der Zuschauer gab Emerson fröhlich die gewünschte Antwort. Das Haus befand sich gleich in der Nähe. Es war ein ziemlich prunkvolles Anwesen, größer und besser instand als die meisten anderen hier und mit einer wunderschön geschnitzten, antiken Tür versehen. Rücksichtsvoll verzichtete Emerson darauf, sie einzutreten. Allerdings sparte er sich das Anklopfen.
Die Züge der Frau waren in besonders auffälliger Weise vom Erbe der verschiedenen Volksstämme geprägt, die im Süden Ägyptens ansässig sind. Sie hatte volle Lippen, hohe Wangenkochen, weit auseinanderstehende Augen, die eher grün als haselnußfarben waren, und eine Adlernase wie ein römischer General. Ihre Haut war dunkelbraun und samtig.
Nach einem gelangweilten Blick auf mich musterte sie Emerson von Kopf bis Fuß, und ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. Anscheinend hatte sie mit Besuch gerechnet, denn sie trug ihre besten Kleider. Silberschmuck baumelte von ihren Ohren und auf ihrer Stirn und klapperte an ihrem Handgelenk, als sie eine Zigarette an die Lippen führte.
» Salaam aleikum … äh …«, begann Emerson. Sie unterbrach ihn und wedelte mit ihrer Zigarette herum.
»Ich heiße Layla, Vater der Flüche. Er ist hier.«
»Hier?« wiederholte Emerson ziemlich dümmlich. Mit soviel Entgegenkommen hatte er nicht gerechnet. »Er versteckt sich in einer Ecke und zittert vor Angst«, lautete die verächtliche Antwort. »Du würdest ihn sowieso rasch finden. Warum sollte ich es dir also nicht verraten, bevor du mein bescheidenes Haus verwüstest?«
»Sehr vernünftig«, lobte Emerson und stürmte durch die Tür, auf die sie gezeigt hatte. Ein Aufkreischen sagte mir, daß er Hamed entdeckt hatte. Als Emerson zurückkehrte, schleppte er den Alten am Schlafittchen hinter sich her.
Die Frau erhob sich und folgte ihm zur Tür. »Wenn du mich besuchen möchtest, Vater der Flüche, berechne ich dir einen geringeren Preis für …«
»Da hört sich doch alles auf!« rief ich aus. »Das reicht, Miss … Madam …«
»Schon gut, Peabody«, meinte Emerson. »Glaubst du etwa, ich bin jetzt in der Stimmung für … Selbst wenn dem so wäre, würde ich nie … Zum Teufel mit den Frauen, ständig müssen sie einen aus dem Konzept bringen!« Als wir aus dem Haus kamen, zerstreuten sich die Zuschauer, um sich in einiger Entfernung erneut zu sammeln. Nur drei von ihnen blieben stehen. Es handelte sich um die Männer, die mir schon zuvor aufgefallen waren, und nun wirkten ihre Gesichter noch bedrohlicher. Hamed zerrte an seinem Halsausschnitt, der ihm die Luft abschnürte, und keuchte: »Laß mich los. Laß mich los, oder sie werden …«
»Das bezweifle ich«, entgegnete Emerson und drückte noch fester zu, so daß die Drohung in einem erstickten Röcheln endete. »Peabody, deinen Sonnenschirm bitte.«
Obwohl ich nicht wußte, was genau er im Schilde führte, schwenkte ich besagtes Gerät.
Zwei unserer Widersacher wichen hastig zurück, und einer – der größte und
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