Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses
wurde mir versichert, daß alles bestens gelaufen war. Diese Zusicherung kam, wie ich kaum erwähnen muß, von Ramses. David überließ ihm gewöhnlich das Reden – da es ohnehin schwierig war, ihn zu unterbrechen –, meine untrüglichen Instinkte vermittelten mir jedoch, daß Ramses’ vage Schilderung ihrer Aktivitäten unvollständig war. Ich war mir ganz sicher, daß sie irgend etwas gemacht hatten, womit ich nicht einverstanden war.
Ich ließ die Sache auf sich beruhen. Emerson brannte darauf, ins Tal zu kommen. Als ich ihn fragte, wo er an diesem Tag zu arbeiten beabsichtigte, wechselte er das Thema.
Die Temperatur war angenehm kühl, und obwohl ich meine immer noch steife Muskulatur schmerzhaft spürte, versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen – um so mehr, da Abdullah uns mit einigen seiner Männer begleitete. Abdullah war längst nicht mehr so gut zu Fuß wie früher, auch wenn er lieber gestorben wäre, als das zuzugeben. In meinem Fall genügten einige Tage der Übung, und ich würde meine alte Form wiedererlangen. Seine Kondition jedoch würde sich im Lauf der Zeit nur verschlechtern. Deshalb ließ ich zu, daß er mir bei den steileren Wegstrecken behilflich war, und bestand darauf, gelegentlich stehenzubleiben, um wieder zu Atem zu kommen.
Während einer dieser Pausen sagte er: »Es ist gut, wieder zu arbeiten, Sitt. Aber ich verstehe nicht, warum der Vater der Flüche nicht nach einem weiteren Königsgrab sucht.«
»Du kennst doch seine Methoden, Abdullah«, erwiderte ich. »Er interessiert sich mehr für Wissen und Weisheit statt für den Reichtum.«
»Huh«, sagte Abdullah.
Ich lächelte ihn freundlich an. »Ich stimme dir voll und ganz zu, alter Freund. Das wird eine langweilige Saison, fürchte ich.«
Abdullahs Lippen formten sich unter seinem Bart zu einem Lächeln. »Das glaube ich nicht, Sitt. Nicht, wenn du hier bist.«
Ich war gerührt und aufgewühlt, und deshalb sagte ich zuviel. »Tatsächlich, Abdullah, ist etwas eingetreten, das möglicherweise auf interessante Aktivitäten hinweist. möglicherweise auf interessante Aktivitäten hinweist. A?«
»Es gibt kein solches Grab, Sitt.«
Ich informierte ihn darüber, daß mir diese Tatsache bekannt war, und erzählte ihm von den früheren Mitteilungen und Drohungen, die wir noch in Kairo erhalten hatten. »Es muß dir doch genauso einleuchten wie mir«, schloß ich, »daß dieses rätselhafte Individuum Emerson dazu zu bringen versucht, nach dem Grab zu suchen, das sich irgendwo zwischen Nr. 20 und Nr. 21 befinden muß.«
»Muß?« erwiderte Abdullah abwesend.
»Du bist gar nicht richtig bei der Sache, Abdullah. Hör mir zu, und ich werde dir meine Begründung noch einmal erklären.«
»Nein, Sitt, das brauchst du nicht. Ich habe deine Worte verstanden. Also, dann willst du dieses Grab suchen?«
»Ich brauche deine Hilfe dazu, Abdullah. Du kennst die Hinweise auf verborgene Gräber.«
»Aywa. Ja, Sitt. Wir werden es suchen.« Abdullahs Gesichtsausdruck hellte sich auf. »Das ist sicherlich besser, als in leeren Löchern zu graben.«
Obwohl es noch sehr früh war, waren schon Reisende der Cook’s Tours eingetroffen. Unser Führer, der aufgrund des steilen Serpentinenpfades unvermeidlich langsam gehen mußte, wurde von einem der Reiseleiter beobachtet, und als wir das Tal erreichten, wurden wir von einer Horde Touristen angestarrt. Der junge Mann hatte uns bereits seiner Reisegruppe vorgestellt und befand sich mitten in einem stark übertriebenen Vortrag über unsere Arbeit. Dem setzte Emerson wie gewöhnlich mit seiner Entschiedenheit ein Ende, und die Touristen stoben schreiend und fluchend auseinander. Den jungen Reiseleiter schien das nicht sonderlich zu beeindrucken, denn er schlenderte langsam hinter ihnen her.
»Ich vermute, jetzt werden wir uns eine weitere Beschwerde von Mr. Cook einhandeln«, bemerkte ich.
»Er wird sich von mir eine weitere Beschwerde einhandeln«, brummte Emerson. »Wie können diese Burschen über uns Vorträge halten, als wären wir ein antikes Monument!«
Der Zwischenfall hatte ihm die Laune verdorben, und keiner von uns anderen wagte es, ihn zu fragen, wohin er eigentlich gehen wollte. Meine Hoffnung wuchs, als Emerson in Richtung des kleinen Seitenwadis marschierte, wo wir am Tag zuvor das Grab von Hatschepsut besucht hatten – Grab Nr. 20, wie ich für den werten Leser kaum zu wiederholen brauche –, das sich an dessen Ende befand. Aber statt dorthin zu gehen, bog der aufgebrachte Mann
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