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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gehört auch euch«, hatte sie das ehrlich gemeint; doch manchen Menschen fällt es leichter zu geben als zu nehmen, und daß Ramses ihre Unterstützung akzeptierte, war gewiß bemerkenswert. Dabei handelte es sich nicht allein um ihre Anerkennung als gleichberechtigte Persönlichkeit, er hatte auch seinen tief verwurzelten Stolz überwinden müssen. Ich bedachte ihn mit einem anerkennenden Lächeln. »Wir wollen es dabei belassen, schließlich scheint dein Vorgehen Wirkung gezeigt zu haben.«
    »Jedenfalls liefert es uns mehrere relevante Hinweise«, erklärte Ramses. »Ich – Nefret und ich – mußten umgehend handeln. Schließlich werden wir in einer Woche abreisen.«
    Das entsprach der Wahrheit, und wir alle fieberten diesem Zeitpunkt entgegen. Die tristen Herbsttage lagen vor uns; an den kahlen Zweigen hingen nur noch vereinzelte gelbe Blätter, und die letzten Rosen waren bereits erfroren. Die Tage wurden kürzer, die Witterung war feucht und kalt.
    Kurz gesagt, das Wetter war ideal für kriminelle Aktivitäten. An jenem Abend hatte sich der Pförtner mit seiner Familie in sein Haus zurückgezogen und die Vorhänge vor der regnerischen Dunkelheit geschlossen. Selbst unsere verwöhnten und trägen Hunde waren in einer solchen Nacht nicht bereit, ihre warme Hütte zu verlassen. Wir hatten den Tag mit Besichtigungen zugebracht, und auf meinen Vorschlag hin zogen sich alle früh zurück.
    Wenigstens dachte ich, daß wir alle früh schlafen gingen. Eigentlich hätte mir klar sein müssen, daß Ramses meinen mütterlichen Ratschlag ignorierte. Ich kam gar nicht erst dazu, ihn zu fragen, warum er um diese frühmorgendliche Stunde (es war exakt zwei Uhr) nicht schlief. Sein Zimmer befindet sich über der Bibliothek, und das Fenster stand weit offen (ich bin eine glühende Verfechterin der Vorzüge frischer Luft), trotzdem bezweifle ich, daß aufgrund des Unwetters außer Ramses noch weitere Personen das Geräusch zerberstenden Glases gehört hatten. Schließlich behaupten die Ägypter, daß unser Sohn die Wasserflöhe im Nil husten hört.
    Außerdem wäre es Ramses nicht im Traum eingefallen, uns um Hilfe zu bitten. Statt dessen stellte er seine Nachforschungen auf eigene Faust an.
    Der Lärm, der sich seiner Konfrontation mit den Einbrechern anschloß, hätte Tote geweckt. Selbst Emerson, der tief und fest schlief und jede Berechtigung auf eine ungestörte Nachtruhe hatte, schoß aus dem Bett. Er stolperte über einen Stuhl, so daß ich die Tür noch vor ihm erreichte, doch als ich in die Eingangshalle stürmte, vernahm ich dicht hinter mir sein keuchendes Fluchen. Wir durften keine Zeit verlieren, ich streifte nicht einmal einen Morgenmantel über; die Detonation, die mich aufgeweckt hatte, war ein Schuß.
    Ich hätte nicht einmal genau gewußt, wo die Auseinandersetzung stattfand, wenn ich nicht eine weiße Gestalt vor mir bemerkt hätte. Bleich wie ein Gespenst, floh sie durch die dämmrige Halle, bis sie den Treppenabsatz erreichte, und dann … Einen verzweifelten Augenblick lang glaubte ich tatsächlich, sie könne fliegen. Ein unüberhörbarer Aufprall und ein lautes »Verflucht!« dokumentierten mir, daß die Gestalt ein Mensch war – um genau zu sein, handelte es sich um Nefret, die das Treppengeländer hinuntergerutscht war, um wertvolle Sekunden zu gewinnen. Sie rappelte sich hastig auf und stürmte durch den Flur in Richtung Bibliothek.
    Meine Bewältigung der Stufen gestaltete sich notgedrungen weniger stürmisch. Emerson, der im hellwachen Zustand eine ungeahnte Schnelligkeit entwickelt, stieß am Fuß der Treppe mit mir zusammen. Er packte meine schwankende Gestalt, blickte wütend um sich und schnaubte: »Wo zum Teufel …«
    Die Antwort lag klar auf der Hand; der Lärm einer heftigen Auseinandersetzung, das Zersplittern von Einrichtungsgegenständen und das Licht, das in den Flur drang, wiesen einwandfrei auf die Bibliothek. Emerson verwendete einen überaus üblen Kraftausdruck und zerrte mich weiter.
    Unseren Augen bot sich ein Bild der Zerstörung. Der Regen drang durch die zersplitterte Fensterscheibe ins Zimmer, und überall lagen Glasscherben. Man hatte die Stühle umgeworfen und Bücher aus den Regalen gerissen. Eine reglose Gestalt lag bäuchlings vor dem Schreibtisch; mehrere Schubfächer standen offen, und ihr Inhalt breitete sich auf dem Teppich aus. Diesen zierten zwei weitere Männer, die verzweifelt miteinander kämpften. Einer von ihnen war ein stämmiger Mann in schäbiger, dunkler

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