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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Wickelgamaschen. »Hier – ich glaube, er wacht auf. Steck deine Pistole in sein Ohr. Er ist ein hartnäckiger Bursche und ich möchte mich nicht noch einmal mit ihm auseinander setzen.«
    Ramses hielt das für eine gute Idee und willigte ein. Emerson nahm die Taschenlampe und positionierte sie zweckmäßiger als zuvor, ehe er die Stoffstreifen von den Beinen des Burschen wickelte. Interessiert musterte Ramses das Gesicht des Mannes. Seine flache Stirn, die breiten Wangenknochen und das vorstehende Kinn strahlten Brutalität aus, doch sein auf Grund der Bewusstlosigkeit entspannter Mund war beinahe wohlgeformt. Er war jünger als erwartet. Haar, Bart und die schmalen Brauen waren blond, fast weiß gebleicht von der Sonne. Seine Lippen bewegten sich, er öffnete die Augen. Sie waren blau.
    »Rühren Sie sich nicht«, befahl Ramses. »Eine Bewegung und ich schieße. Haben Sie mich verstanden?«
    »Verstanden.«
    »Sie ziehen die englische Sprache vor?«, erkundigte sich Emerson, während er Stoffstreifen um seine Stiefel band. »Es ist nicht so gut, müssen Sie wissen. Sie haben sich verraten, als Sie Ihre Waffe zogen.«
    »Ich weiß.«
    »Sind Sie allein?«
    Die blassblauen Augen schweiften zu Ramses, dann senkte er den Blick. Emerson war es gelungen, die Stoffstreifen zu verknoten, indem er ein Ende zwischen seinen Zähnen hielt. Mit seinen verzerrten Lippen wirkte er wie ein Wolf, der die zerrissene Kleidung seines Opfers in den Fängen hält. Der Deutsche schluckte.
    »Was haben Sie mit mir vor?«
    »Wir werden Sie nach Kairo zurückbringen«, erwiderte Ramses, da sein Vater noch immer mit den Knoten beschäftigt war. »Aber zuerst haben wir einige Fragen. Ich rate Ihnen dringend zu wahrheitsgemäßen Antworten. Mein Vater ist beileibe kein geduldiger Mensch und bereits ziemlich verärgert über Sie.«
    »Sie foltern Gefangene?« Der Junge verzog das Gesicht. Er kann nicht viel älter als zwanzig sein, überlegte Ramses. Genau das richtige Alter für einen solchen Auftrag – Feuer und Flamme, für das Vaterland oder das Mutterland oder für eine entsprechend chaotische Sache zu sterben, aber dennoch nicht damit rechnend, dass der Tod ausgerechnet ihn holen könnte. Er musste seine Schulzeit in England verbracht haben.
    »Großer Gott, nein«, entfuhr es Emerson. »Aber ich kann nicht dafür garantieren, was Sie in Kairo erwartet. Sie tragen die Uniform des Feindes, mein Junge, und Sie wissen, was das heißt. Wenn Sie mit uns kooperieren, bleibt Ihnen vielleicht die Konfrontation mit einer Feuerschwadron erspart. Als Erstes will ich Ihren und den Namen des Mannes wissen, der Sie hergeschickt hat.«
    »Ich heiße …« Er zögerte. »Heinrich Fechter. Mein Vater ist Bankier in Berlin.«
    »Sehr gut«, meinte Emerson leichthin. »Ich hoffe aufrichtig, dass Sie ihn eines Tages lebend wieder sehen. Wer hat Sie geschickt?«
    »Ich …« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wie ich sehe, muss ich kapitulieren. Sie haben gewonnen. Meinen Glückwunsch.«
    Er hob seine linke Hand, als wollte er salutieren. Ramses registrierte die Bewegung, doch für den Bruchteil einer Sekunde begriff er nicht die wahre Intention des Jungen. Da war es bereits zu spät. Hand- und Armmuskulatur spannten sich in dem Versuch, die Pistole zu umklammern; bevor er dem Jungen die Waffe entreißen konnte, hatte dieser Ramses’ Finger am Abzug ertastet und drückte ab. Die großkalibrige Kugel verwandelte seinen Kopf in eine grässliche Wolke aus Blut und Gehirnmasse, Knochensplittern und Haaren.
    »Großer Gott!« Ramses rappelte sich auf, wandte sich ab und ließ die Pistole fallen. Die Nachtluft war kühl, aber nicht so kalt wie das eisige Entsetzen, das seinen Körper schaudern ließ.
    Sein Vater legte Ramses’ Jacke um dessen entblößte Schultern und hielt sie mit fester Hand umklammert. »Ist es so besser?«
    »Ja, Sir. Tut mir Leid.«
    »Entschuldige dich niemals für deine Gefühle. Nicht bei mir. Also gut. Dann wollen wir es hinter uns bringen, was?«
    Es war eine üble, grauenvolle Aufgabe, doch er hatte sich wieder gefasst. Die Leibesvisitation förderte eine Reihe geschickt gefälschter Dokumente zutage, darunter auch eine abgegriffene Fotografie von einer sanftmütig wirkenden, grauhaarigen Dame, die vermutlich nicht die Mutter des Jungen war. Emerson verstaute alles in seiner Jackentasche. »Sollen wir uns auf die Suche nach seinem Pferd machen?«
    »Wir können es nicht hier zurücklassen, wo es verdurstet.«
    »Nein,

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