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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Daoud, das wird bestimmt amüsant.«
    Er trat zurück und hielt höflich den Vorhang auf, worauf nicht eine, sondern zwei verhüllte Gestalten den Raum betraten.
    Einer zart besaiteten Person wäre jetzt gewiss nicht ganz wohl in ihrer Haut gewesen. Der Robenstoff bedeckte ihre Gesichter und reichte bis zum Boden, so dass sie eher zu gleiten als zu gehen schienen. Wie ich, glaube ich, schon erwähnte, waren die Priesterinnen der Isis in jener Gesellschaft für die medizinische Versorgung zuständig. Sie übernahmen die Methoden ihrer Vorfahren, ein Wissen, das von einer Generation auf die nächste überging. Erfahrungsgemäß sind Tradition und Aberglaube allerdings der Feind jeder Wissenschaft. Die bedeutendste Errungenschaft der altägyptischen Ärzte war demnach die Erkenntnis, dass der Puls »die Stimme des Herzens« ist und ein landläufiger Indikator für den Gesundheitszustand eines Patienten – eine stolze Leistung für eine antike Kultur, aber als Diagnose leider nicht immer aussagekräftig. Ich war mir sicher, dass ich diese Mädchen irreführen könnte; als eine der beiden allerdings einen verkorkten Flakon unter ihrem Gewand hervorholte und den Inhalt in einen Becher goss, entschied ich mich blitzschnell für eine andere Taktik. Die klebrig dunkle Flüssigkeit roch höchst eigenwillig.
    Ich fragte gar nicht erst, was es war. Stattdessen schüttelte ich den Kopf und schob den Becher von mir. »Mir geht es wieder besser«, räumte ich ein. »Meine Medikamente haben mir geholfen.«
    Meine Versuche, sie in ein Gespräch zu verwickeln, waren zunächst nicht besonders erquicklich, allerdings überzeugte ich sie davon, die Schleier zurückzustreifen. Eine der jungen Frauen war recht hübsch, mit gutgeschnittenen aristokratischen Gesichtszügen, wenn sie mich mit ihren engstehenden schwarzen Augen auch argwöhnisch musterte. Das andere Mädchen war noch jünger, mit rundlichen Wangen und einem bezaubernden Lächeln. Sie reagierte völlig arglos auf mein Lächeln und meine höflichen Fragen. Es ließ sich recht harmonisch an, bis Emerson hereinplatzte.
    »Die Sache spitzt sich zu. Verflucht, der König hat eine ganze Truppe hergeschickt, die uns abholen soll. Die Knilche lassen sich auf nichts ein. Daoud juckt es in den Fingern, ihnen eine kleine Abreibung zu verpassen, aber –«
    »Nein, nein, das wäre verfrüht.« Ich schwang die Beine aus dem Bett und sprang auf. »Ich komme mit.«
    »Ich wollte dich eigentlich mit Krankheit entschuldigen. Vielleicht gelingt es uns mit ebendiesem Argument, die Zeremonie hinauszuzögern.«
    »Ich kann jederzeit einen Rückfall bekommen.« Ich nickte wohlwollend zu den Zofen, die sich hinter das Bett geflüchtet hatten und verzweifelt ihre Schleier ordneten. »Hier ist ein kleines Geschenk für euch, Mädchen, als Ausdruck meiner Dankbarkeit.«
    Es waren Schmuckstücke, etwas, das bei jungen Damen immer gut ankommt. Da ich nichts Nennenswertes an Preziosen mitgebracht hatte, hatte ich mich kurzerhand bei Daria bedient. Die Ohrringe waren groß und glitzernd. An einem baumelten lange Goldperlenschnüre, an dem anderen leuchtend rote Steine – vermutlich geschliffenes Glas und keine Rubine. Da die Bewohner des Heiligen Berges aber keine Ahnung von Edelsteinen hatten, machten sie einiges her. Ich gab jedem Mädchen einen. Die Jüngere der beiden nahm ihren mit einem gemurmelten Dank. Die andere inspizierte das Ohrgehänge und meinte: »Und wo ist der andere?«
    Ich hatte richtig getippt: Sie war besitzgierig, womöglich sogar bestechlich. Ausgezeichnet, dachte ich bei mir. »Den gebe ich dir, wenn du das nächste Mal kommst.«
    Ich lächelte. »Und noch viel, viel mehr Schmuck, wenn du meine Tochter, die Hohepriesterin, zu einem Besuch mitbringst.«
    Ich hatte ihr die Sache noch schmackhafter machen wollen, aber Emerson ließ mir keine Zeit. Die Mädchen glitten wortlos hinaus.
    Seine Hoheit hatte Amenislo sowie ein Dutzend Wachen unter dem Kommando eines jungen, ruppigen Offiziers geschickt. Der bedauernswerte Graf tat mir allmählich Leid. Gab es denn niemanden außer ihm, der halbwegs Englisch konnte? Viele der jüngeren Adligen, auch Tarek, hatten die Sprache von Nefrets Vater gelernt. Waren sie alle tot oder mit ihrem König in die Verbannung gegangen?
    Als ich ihm zusicherte, dass wir ihn umgehend begleiten würden, war der Graf so erleichtert, dass er in sich zusammenschrumpfte – wie ein Ballon, dem die Luft entweicht, und mit einem vergleichbaren Pfeiflaut.
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