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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gedehnt.
    »Das haben sie«, beteuerte ich. David schnellte zu mir herum. Nachdem ich den Mund so voll genommen hatte, musste ich mit der Sprache herausrücken. »Ich war so frei und habe gestern im Verlag angerufen«, führte ich aus. »Mr Constable war hocherfreut. Ich – ähm – wollte sichergehen, dass das Angebot noch steht, bevor ich … wir mit dir darüber diskutieren.«
    »Klar«, seufzte David.
    »Es macht dir doch hoffentlich nichts aus, mein lieber Junge?«
    »Nein, ganz und gar nicht, Tante Amelia. War ungeheuer nett von dir.« Sein Blick glitt von mir zu Ramses. »Können wir kurz miteinander reden?«
    Unser Sohn hatte innerlich mit sich zu kämpfen. Er hasste es, seinen Freund anlügen zu müssen, würde es aber im Ernstfall tun. Ihm blieb gar nichts anderes übrig. David schien unschlüssig, verständlicherweise. Etwas Besseres als diese Geschichte war uns leider nicht eingefallen. Obwohl ausgebildete Kopisten bei einer solchen Expedition unabdingbar waren, behaupteten wir, auf den besten seiner Zunft verzichten zu können.
    »Und, waren wir überzeugend?«, erkundigte sich Nefret, nachdem die beiden Jungen zusammen den Raum verlassen hatten.
    »Überzeugend, pah!«, raunzte Emerson. »Der Junge tut, was ihm gesagt wird, und damit basta. Teufel noch, so ein verliebter Jungspund soll doch froh sein, wenn er bei seiner Verlobten bleiben darf, was, Peabody?«
    »Was bist du doch für ein unverbesserlicher Romantiker, Emerson.«
    Ramses’ Argumente – wie auch immer geartet – griffen letztlich. David begehrte nicht länger auf. Er fuhr nach London zu einer Konferenz mit dem Verleger und kehrte hellauf begeistert mit seinem Auftrag zurück – einer Porträtserie ägyptischer Herrscher und Herrscherinnen, selbstverständlich »geschönt« für den modernen Geschmack, wie der Junge betonte. Er brütete gemeinsam mit Ramses und Nefret über Photo- und Kunstbänden, aus denen sie die entsprechenden Motive auswählten. Dabei schienen sie viel Spaß zu haben, denn aus Davids Zimmer drangen häufiger Gelächter und schlagfertige Bemerkungen.
    Vielleicht lag es an der bevorstehenden Trennung, dass sie so anhänglich waren. Selbst Ramses igelte sich nicht mehr so ein und ließ sich Nefrets impulsive schwesterliche Umarmungen seit langem wieder nachsichtig lächelnd gefallen. Manchmal, wenn es ihm zu viel wurde, unternahm er lange, einsame Wanderungen durch die Wälder, von denen er dann verschwitzt und von Dornen zerstochen heimkehrte.
    Als ich meinte, ob er nicht ein wenig übertreibe, erwiderte er, er wolle fit werden für die anstrengende Reise. Wenn er mit »fit« dünn meinte, dann hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Rose rang die Hände und es gab nur noch seine Lieblingsgerichte.
    Als wir England verließen, war er braungebrannt und schlank wie die Holzstatuen im Kairoer Museum. »Du siehst aus wie Fürst Hesi-Re«, kicherte Nefret. Sie piekste ihm mit dem Zeigefinger in den Brustkorb. »Autsch. Du fühlst dich auch so an. Massives Holz.«
    »Ich fasse das als Kompliment auf«, konterte Ramses. »Sieht gar nicht übel aus, der Bursche. Soll ich mir auch so einen Schnauzbart wachsen lassen?«
    »Igitt, ich verabscheue Bärte.«
    »Du wirst dich daran gewöhnen müssen«, sagte Emerson, der interessiert gelauscht hatte. Er warf mir einen provokanten Blick zu und kratzte sich demonstrativ sein Kinngrübchen. »Glaub ja nicht, dass ich in der Wüste Wasser fürs Rasieren verplempere!«
    Emerson sucht ständig nach einem Vorwand, um sich einen Bart wachsen zu lassen. Ich ging auf seine Provokation nicht ein. Selbstverständlich hatte ich Rasierzeug eingepackt.
    Kurz vor unserer Abreise kamen Walter und Evelyn aus Yorkshire zu einem Abschiedsbesuch. Natürlich brachten sie Lia mit und David verlor kein Wort mehr darüber, dass er lieber mit uns gekommen wäre. (Die Liebe – an dieser Stelle sei mir eine poetische Metapher gestattet – hüllt den Verstand wie eine flauschigwarme Decke ein und dämpft die kritische Urteilsfähigkeit.)
    Walter ließ sich nicht so leicht in die Irre führen. Eines Nachmittags – Nefret plauderte angeregt mit Evelyn – krallte er sich Emerson und mich.
    »Das ist euer erster Sudan-Besuch seit langem«, hob er an.
    »Ähm … ja«, stammelte Emerson.
    »Wir wollten seinerzeit schon in Meroe graben«, erinnerte ich meinen Schwager. »Da das Expeditionskorps 1897 aber noch nicht so weit vorgerückt war und der Südsudan von den Derwischen beherrscht wurde, mussten wir

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