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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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war weiß, die Schrift rot, in der Mitte war eine Glühlampe abgebildet. Der Autor war offenbar Schweizer, was sonst, wenn er René Egli hieß. Der Untertitel des Buches lautete Die Vollkommenheit der Welt . Sie öffnete das Buch, um den Klappentext zu lesen. Ob Hermann Hesse, Voltaire, Laotse, Krishnamurti, der Atomphysiker J.E. Charon, Buddha oder Jesus – René Egli integriert sie alle in seinem einzigartigen LOLAPrinzip… Amelie kicherte leise. Na servus, Ulitschek, wie bist du denn auf den Schinken verfallen…Im hinteren Klappentext freilich stand ein Absatz, der sie ansprach: Es könnte ja sein, dass das Leben kein Kampf zu sein braucht. Es könnte ja sein, dass alles viel einfacher ist, als Sie je gedacht haben. Es könnte ja sein, dass Sie viel mehr Macht haben, als Sie jemals gedacht haben… Und weiter unten… Das Paradies wartet; es ist nur ein Gedanke von Ihnen entfernt – aber Sie müssen ihn denken. Das Paradies wartet…Amelie schüttelte den Kopf. »Wer’s glaubt, wird selig«, sagte sie laut, legte das Buch auf ihr Bett und ging nach unten, um nach den Eltern zu sehen.
    Sie saßen nebeneinander auf der Bank im Wohnzimmer und sahen die Abendnachrichten im Fernsehen an. Josef klopfte einladend auf den Platz an seiner Seite und legte, sobald Amelie sich gesetzt hatte, seinen Arm um ihre Schulter. Leicht, aber bestimmt. Eine Geste, die nicht beschwerte. ›So wie Vater eben ist. Er hält dich, ohne dich festzuhalten.‹ Amelie rieb ihre Wange an seiner Schulter.
    Wetternachrichten. »Na bitte, wieder kein Schnee«, sagte die Mutter ärgerlich. Für sie waren weiße Weihnachten ebenso wichtig wie für ihre Tochter. »Wollt ihr noch hören, oder kann ich abdrehen?« Lizzi war davon durchdrungen, dass man Nachrichten nicht sah, sondern hörte. »Wer hat Hunger?«, fragte sie. Ihr Ton ließ keinen Zweifel zu: Josef und Amelie hatten jetzt keinen Hunger zu haben.
    Zwanglos lagerte die Familie auf der Eckbank. Das Mittagessen wurde beredet. Es war klar, dass Sissis taktlose Bemerkung zur Sprache kommen würde. »Sie war schon als Kind ein Rabenbraten«, meinte Lizzi. »Wenn niemand von den Erwachsenen hingeschaut hat, hat sie Amelie so lang gezwickt, bis sie geschrien hat und ausgeschimpft wurde. Größere hat sie nie angerührt, nur auf die Kleinen ist sie losgegangen – immerhin ist sie fünf Jahre älter als Amelie. Ein feiger, hinterhältiger Fratz, diese Sissi.«
    »Ein armes Luder ist sie.« Josef hatte zwar auch nicht viel für seine ältere Nichte übrig, aber es widersprach seiner Natur, über eine nicht anwesende Person ohne Plädoyer den Stab zu brechen. »Ihr Mann hat sie sitzen lassen, ihr Sohn ist ein Sargnagel, und ihre Zukunft ist trübe.«
    »Wieso trübe? Sie ist gesund, hat keine finanziellen Sorgen, ist noch keine vierzig, und irgendwann wird sich wieder ein Dodel finden, der sie heiratet. Sie denkt ja an nichts anderes…« Lizzi brach ab, sah ihre Tochter an und nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe, ehe sie das Thema anschnitt, das ihr seit dem Mittagessen nicht mehr aus dem Kopf gegangen war. »Es ist also aus mit dem Hermann…eigentlich schade, ich hatte nichts gegen ihn.«
    Verächtlich verzog Amelie ihren Mund. »Hermann. Der Mann, gegen den niemand etwas hatte.« Sie richtete sich auf und klopfte ein Diwanpolster zurecht. »Nicht einmal ich hatte etwas gegen ihn, Mutter. Aber für eine Ehe schien mir das zu wenig.«
    Lizzi seufzte tief und nickte. »Du hast ja Recht, Herzerl. Nur keine zweite Wahl. Damit versaust du dir das Leben. Andererseits…«, sie überlegte kurz, ob sie tatsächlich sagen sollte, was sie sagen wollte, ehe sie es sagte. »Die Zeit rennt. Deine besten Jahre sind jetzt. Für Kinder, meine ich. Als du auf die Welt gekommen bist, war ich noch keine dreißig.«
    Josef zog seine Augenbrauen in die Höhe, ein Zeichen, dass ihm etwas nicht passte. »Zwischen damals und heute ist ein Quantensprung, meine Liebe.« Lizzi wollte ihn unterbrechen, aufs Neue schwangen Josefs Augenbrauen aufwärts, Lizzi verstummte. »Heutzutage heiraten Frauen später, und wenn sie heiraten, bleiben sie im Beruf. Sie kriegen ihre Kinder später, überlege bloß, wie viele Erstgebärende heutzutage über vierzig sind. Wie viele sich ein Kind machen lassen und gar nicht die Absicht haben, den Kindesvater zu heiraten. Und wie viele freiwillig ledig und kinderlos bleiben, weil sie ihre Unabhängigkeit nicht verlieren wollen und ihre Bequemlichkeit schätzen.«
    Amelie schwieg und

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