América
unersetzlich.«
Sie schwiegen und starrten beide dumpf auf den Fernseher, in dem ein Schauspielerpaar, das Delaney nicht erkannte - unbedeutende Stars aus den Vierzigern -, sich vor einem wechselnden Hintergrund aus zweispurigen Schnellstraßen und Hotelhallen voller Palmen leidenschaftlich umarmte. Schließlich sagte Delaney: »Wie wär's mit einem Spaziergang vor dem Abendessen? Wir könnten dabei nach Dame Edith suchen ...«
Einen Moment lang befürchtete er, das Falsche gesagt zu haben - die Katze war jetzt seit drei Tagen verschwunden, und das war ein weiterer wunder Punkt -, aber Kyra lächelte ihn matt an, faßte nach seiner Hand, um sie zu drücken, und stand dann auf.
Draußen war es bedeckt und kühl, und der Wind, der vom Meer her wehte, roch nach Regen. Warum hatte er nicht vier Tage früher kommen können? Aber das war immer so: nach den Bränden kam der Regen, und der brachte wieder andere Probleme mit sich. Immerhin ließ der Gestank nach Glut und Asche langsam nach, der Jasminbusch der Cherrystones stand in voller Blüte und verströmte einen starken, süßlichen, nußartigen Duft, der die Luft kandierte, ja, überall in der ganzen Straße blühte es, Beete von Balsaminen und Begonien, Bleiwurz und Oleander und Chrysanthemen in großen goldgelben Büschen. Die Asche war aufgekehrt, in die Rasenflächen gespült und von den Blättern der Bäume gewaschen, und die Wohnanlage sah unberührt und jungfräulich aus, bis hin zu den frisch polierten Autos auf den Einfahrten. Feuer? Was für ein Feuer?
Sie gingen Hand in Hand, Kyra in ihrer StanfordWindjacke, Delaney trug einen leichten Wanderanorak aus Gore-Tex, den er über den Sierra Club bestellt hatte, und riefen gemeinsam »Miez, Miez«, als Jack Jardines Oldtimer, ein 1953er MG TD, um die Ecke bog, mit Jack am Steuer. Der Wagen war ein langes, geschwungenes silberfarbenes Wunder aus Metall mit einem Motor wie zwei unisono blasende Waldhörner, die, je nachdem, in welchem Gang Jack gerade fuhr, lauter oder leiser wurden. Er legte eine schnittige Wende hin, hielt direkt neben ihnen am Bordstein an und schaltete die Zündung aus. »Kleiner Spaziergang?« fragte er und steckte den Kopf aus dem Fenster.
»Klar«, sagte Delaney. »Wird ja auch Zeit, daß das Wetter umschlägt. Gutes Gefühl.«
»Hallo, Jack.« Kyra schenkte ihm ein offizielles Lächeln. »Alles wieder geregelt? Wie geht's Erna?«
»Alles prima«, sagte Jack, ließ den Blick schweifen und sah sie dann wieder an. »Hört mal, eigentlich ... also, ich hab da etwas entdeckt, das ihr euch auch mal ansehen solltet, nicht weiter wichtig, aber falls ihr gerade einen Moment Zeit habt ...?«
Er öffnete die Beifahrertür, und Delaney und Kyra zwängten sich hinein - es war wirklich eng, extrem eng, der Fußraum erinnerte an das schmale Ende eines Sarges, die Kopffreiheit war bestenfalls klaustrophobisch zu nennen. Im Wagen roch es nach Öl, Leder, Benzin. »Da fühlt man sich ja gleich wieder wie in der High-School«, sagte Delaney.
»Wird nicht lange dauern.« Jack drehte den Zündschlüssel, drückte einen Knopf auf dem Armaturenbrett, und der Motor erwachte spotzend zum Leben. Das Auto war eines seiner Hobbys. Er fuhr damit gerne an den Wochenenden, doch für den gewöhnlichen Schnellstraßenkampf bevorzugte er seinen Range Rover, fünf Tage die Woche den Cañyon hinunter auf den Pacific Coast Highway, den Santa Monica Freeway hinauf, auf die 405 und dann über den Sunset Boulevard zu seinem Büro in Century City.
Sie schwiegen eine Weile in dem allumfassenden Bullern des Wagens, jede Bodenwelle und Unebenheit der Straße teilten sich unmittelbar Hüfte und Wirbelsäule mit, dann sagte Delaney: »Ist eigentlich Dom Flood je wieder aufgetaucht?«
Jack warf ihm einen kurzen Blick zu und sah dann wieder auf die Fahrbahn. Das Thema machte ihn verlegen, das merkte Delaney, und dies wiederum war eine Offenbarung - noch nie hatte er Jack verlegen gesehen. »Ich hab ihn ja nur in den ... äh, finanziellen Angelegenheiten vertreten, in dieser Bankgeschichte - er hat jetzt andere Anwälte.«
»Und was meinst du - der ist abgehauen, was?«
Jack schien diese Formulierung noch verlegener zu machen, und er schaltete unnötigerweise in einen anderen Gang, um sich einen Extramoment Bedenkzeit zu verschaffen. »Abgehauen würde ich nicht sagen, nicht direkt ...«
Jetzt war Kyra an der Reihe. »Aber er ist doch flüchtig, stimmt's? Und was er meiner Mutter angetan hat, das ist unverzeihlich. Sie kann
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