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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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sich um ein und dasselbe Land handeln, sind die amerikanische Währung, die Tonight Show und McDonald’s.« Sie näherten sich dem Park am Ende der Straße. »Seien Sie nett zu der Dame, die wir jetzt gleich besuchen. Aber auch nicht zu nett.«
    »Ich werde ganz cool sein«, sagte Shadow.
    Sie betraten den Rasen.
    Ein junges Mädchen, nicht älter als vierzehn, mit grün, orange und rosa gefärbtem Haar, blickte sie unverhohlen an, als sie an ihr vorbeigingen. Sie saß neben einem Hund, einer Promenadenmischung, die statt Halsband und Leine ein Stück Schnur um den Hals trug. Das Mädchen sah sogar noch hungriger aus als der Hund. Der Hund kläffte Shadow und Wednesday kurz an, wedelte dann aber mit dem Schwanz.
    Shadow gab dem Mädchen einen Dollar. Sie starrte den Schein an, als wüsste sie nicht genau, worum es sich handelte. »Kannst Hundefutter davon kaufen«, schlug Shadow ihr vor. Sie nickte und lächelte.
    »Lassen Sie es mich unverblümt ausdrücken«, sagte Wednesday. »Was die Dame, die wir nun aufsuchen, betrifft, müssen Sie sich sehr vorsichtig verhalten. Sie könnte Gefallen an Ihnen finden, aber das wäre schlecht.«
    »Ist sie eine enge Freundin von Ihnen oder was?«
    »Nicht um so ziemlich alles in der Welt«, sagte Wednesday aufgeräumt. Sein Zorn schien verflogen zu sein, oder aber er hatte ihn sich für die Zukunft aufgespart. Shadow hegte den Verdacht, dass Zorn der Motor war, der Wednesday antrieb.
    Unter einem Baum saß eine Frau auf dem Rasen. Sie hatte ein Tischtuch aus Papier vor sich ausgebreitet, auf dem allerlei Tupperware-Behälter arrangiert waren.
    Sie war – nicht dick, nein, alles andere als das: Was sie am besten beschrieb, das war ein Wort, für dessen Verwendung Shadow bis dahin nie recht Anlass gesehen hatte: kurvenreich . Ihr Haar war so hell, dass man es als weiß bezeichnen konnte, die Sorte platinblonder Locken, die zu einem lange verstorbenen Filmstarlet gepasst hätten, die Lippen waren purpurrot angemalt, und ihr Alter schien irgendwo zwischen fünfundzwanzig und fünfzig zu liegen.
    Als sie bei ihr ankamen, nahm sie gerade ein gefülltes Ei aus einer der Schüsseln. Sie blickte auf, als Wednesday herantrat, legte die Eihälfte, die sie sich ausgesucht hatte, wieder beiseite und wischte sich die Hand ab. »Hallo, alter Schwindler«, sagte sie, lächelte aber dabei, und Wednesday beugte sich hinab, ergriff ihre Hand und hob sie an die Lippen.
    »Du siehst göttlich aus«, sagte er.
    »Wie zum Teufel sollte ich auch sonst aussehen?«, antwortete sie liebenswürdig. »Trotzdem bist du ein Lügner. New Orleans war so eine Pleite – ich habe dort, na, dreißig Pfund zugenommen. Ich schwör’s dir. Mir ist klar geworden, dass ich wegmusste, als ich angefangen habe wie eine Ente zu watscheln. Meine Oberschenkel reiben jetzt aneinander, wenn ich gehe, ist das nicht unglaublich?« Die letzten Worte waren an Shadow gerichtet. Er hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte, und fühlte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. Die Frau lachte entzückt. »Er wird rot ! Wednesday, mein Lieber, du hast mir einen richtig Schüchternen mitgebracht. Wirklich wundervoll von dir. Wie heißt er denn?«
    »Das ist Shadow«, sagte Wednesday. Er schien Spaß an Shadows Unbehagen zu haben. »Shadow, sagen Sie Hallo zu Easter.«
    Shadow sagte etwas, das man als »Hallo« verstehen konnte, und die Frau strahlte ihn abermals an. Er fühlte sich, als würden ihn Scheinwerfer erfassen – und zwar die besonders blendende Sorte, mit denen Wilderer das Wild lähmen, bevor sie es abknallen. Er konnte von seinem Standort aus ihr Parfüm riechen, eine berauschende Mischung aus Jasmin und Geißblatt, aus süßer Milch und weiblicher Haut.
    »Und? Was macht die Kunst?«, fragte Wednesday.
    Die Frau – Easter – lachte, tief und kehlig, vollmundig und freudig. Wie konnte man jemanden nicht mögen, der so lachte? »Alles bestens«, sagte sie. »Und bei dir, alter Wolf?«
    »Ich bin in der Hoffnung gekommen, deine Hilfe zu gewinnen.«
    »Dann verschwendest du nur deine Zeit.«
    »Hör mich wenigstens erst an, bevor du mir eine Abfuhr erteilst.«
    »Sinnlos. Gib dir keine Mühe.« Sie sah Shadow an. »Bitte, setzen Sie sich und nehmen Sie sich etwas von dem Essen. Hier, da haben Sie einen Teller, füllen Sie ihn sich ordentlich voll. Es ist alles sehr zu empfehlen. Eier, Brathähnchen, Hühnercurry, Geflügelsalat, und hier drüben, das ist Kaninchen, kaltes Kaninchen, eine Köstlichkeit, und in

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