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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Frau. Sie war dabei, den Schädel des Vogels mit einem Feuerstein aufzuknacken. Sie wühlte sich durch die nassen Knochenstücke und das Gehirn, bis sie einen glatten, reinen Stein, gelbbraun wie Granat, gefunden hatte, in dessen Tiefen opalisierende Feuer flackerten. Adlersteine, dachte Shadow. Sie würde den Stein zu ihrem kleinen Sohn bringen, der drei Nächte tot gelegen hatte, und ihn auf seine kalte Brust legen. Bis zum nächsten Sonnenaufgang würde der Junge wieder lebendig und fröhlich sein, der Edelstein aber grau und trübe und tot wie der Vogel, von dem er gestohlen worden war.
    »Ich verstehe«, sagte er zu dem Vogel.
    Der Vogel warf den Kopf zurück und krähte, und sein Schrei war der Donner.
    Die Welt unter ihnen raste als ein seltsamer Traum an ihnen vorbei.
     
    Laura veränderte den Griff, mit dem sie den Stock hielt, und wartete darauf, dass der Mann, den sie als Mr. World kannte, zu ihr trat. Sie stand von ihm abgewandt und blickte dabei hinaus in den Sturm und auf die dunkelgrünen Hügel unter ihnen.
    In dieser trostlosen Welt, dachte sie, kommt es auf Symbole an. Jawohl.
    Sie spürte seine Hand, die sich weich um ihre rechte Schulter schloss.
    Gut, dachte sie. Er will mich nicht erschrecken. Er hat Angst, dass ich sonst seinen Stock in den Sturm hinauswerfe, dass er den Abhang hinunterfällt und er ihn dann nicht wieder findet.
    Sie lehnte sich zurück, allerdings nur ein bisschen, nur so weit, dass sie mit dem Rücken seine Brust berührte. Sein linker Arm bog sich um sie herum. Es war eine vertrauliche Geste. Seine linke Hand schwebte offen vor ihr. Sie schloss beide Hände um das obere Ende des Stocks, atmete aus und konzentrierte sich.
    »Bitte. Meinen Stock«, sprach er ihr ins Ohr.
    »Ja«, sagte sie. »Es ist Ihrer.« Und dann, ohne zu wissen, ob es irgendetwas bedeutete, sagte sie: »Diesen Tod widme ich Shadow«, stieß sich den Stock dicht unterhalb des Brustbeins in die Brust und fühlte, wie er dabei zitterte und sich in ihren Händen in einen Speer verwandelte.
    Die Grenze zwischen Gefühl und Schmerz war seit ihrem Tod unscharf geworden. Sie fühlte, wie die Speerspitze ihren Brustkorb durchdrang, fühlte, wie sie im Rücken wieder austrat. Ein kurzer Widerstand – sie drückte kräftiger –, und der Speer bohrte sich in Mr. World hinein. Sie konnte seinen warmen Atem auf ihrer kühlen Nackenhaut spüren, als er, vom eigenen Speer aufgespießt, vor Schmerz und Überraschung aufheulte.
    Sie verstand die Worte nicht, die er ausstieß, kannte nicht einmal die Sprache, der sie angehörten. Sie drückte den Schaft des Speeres weiter nach hinten und zwängte ihn durch ihren Körper in seinen hinein und hindurch.
    Sie fühlte, wie ihr sein heißes Blut auf den Rücken spritzte.
    »Miststück«, sagte er in ihrer Sprache. »Du verdammtes Miststück.« Es lag etwas Nasses, Gurgelndes in seiner Stimme. Vermutlich hatte die Speerspitze einen Lungenflügel durchschnitten. Mr. World bewegte sich jetzt, versuchte es jedenfalls, und jede seiner Bewegungen brachte auch sie ins Schaukeln: Sie waren durch die Stange miteinander verbunden, hingen wie zwei Fische auf einem einzigen Spieß. Er hatte jetzt ein Messer in der Hand, wie sie sah, und er stach damit wahllos und wie wild auf ihre Vorderseite, ihre Brust, ein, ohne überhaupt sehen zu können, was er tat.
    Es kümmerte sie nicht. Was können Messerstiche einer Leiche schon anhaben?
    Sie ließ eine Faust hart auf sein wedelndes Handgelenk niedersausen, worauf das Messer zu Boden flog. Mit dem Fuß stieß sie es in einen entlegenen Winkel der Höhle.
    Nun war er am Heulen und Zähneklappern. Sie fühlte, wie er gegen sie drückte und mit den Händen an ihrem Rücken herumfummelte, wie ihr seine heißen Tränen auf ihren Nacken fielen. Ihr Rücken war von seinem Blut klatschnass, Blut, das mittlerweile auch hinten an ihren Beinen herunterlief.
    »Das muss furchtbar würdelos aussehen«, flüsterte sie, nicht ohne eine gewisse grimme Belustigung.
    Sie merkte, dass Mr. World hinter ihr stolperte, worauf auch sie stolperte, und dann rutschte sie in dem Blut aus – es war alles seines –, das sich auf dem Höhlenboden sammelte und Lachen bildete, und sie schlugen beide hin.
     
    Der Donnervogel landete auf dem Parkplatz von Rock City. Es regnete in Strömen. Shadow konnte kaum fünf Meter weit sehen. Er ließ die Federn des Donnervogels los, und halb rutschte er, halb stürzte er auf den nassen Asphalt.
    Ein Blitz zuckte, und der Vogel war

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