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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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hoffen, dass sie auch hier bleibt«, sagte Wednesday.
    »Es war ein Traum«, sagte Shadow. »Vergessen Sie das nicht.«
    »Gut so«, sagte Wednesday. »Eine gesunde Einstellung. Haben Sie sie letzte Nacht gefickt?«
    Shadow holte Luft. Dann sagte er: »Das geht Sie einen feuchten Dreck an. Außerdem, nein.«
    »Wollten Sie?«
    Shadow sagte gar nichts mehr. Er fuhr stur nach Norden in Richtung Chicago. Wednesday kicherte und ging dann wieder die Landkarten durch, faltete sie auseinander und wieder zusammen, nur um gelegentlich seinen großen silbernen Kugelschreiber zu zücken, mit dem er sich auf einem Schreibblock Notizen machte.
    Schließlich war er damit fertig. Er steckte den Kugelschreiber weg und legte die Kartenmappe auf den Rücksitz. »Das Beste an den Staaten, die wir ansteuern«, sagte Wednesday, »Minnesota, Wisconsin, die ganze Gegend, das Beste daran ist, dass es dort die Sorte Frauen gibt, die ich in meiner Jugend immer bevorzugt habe. Blasse Haut und blaue Augen, die Haare so blond, dass sie fast weiß sind, weinfarbene Lippen und runde, volle Brüste, die von Adern durchzogen sind wie ein guter Käse.«
    »Nur in Ihrer Jugend?«, sagte Shadow. »Hatte den Eindruck, dass Sie sich gestern Nacht auch ganz gut amüsiert haben.«
    »Und ob.« Wednesday lächelte. »Soll ich Ihnen das Geheimnis meines Erfolges verraten?«
    »Sie bezahlen sie für ihre Dienste?«
    »Doch nicht so was Primitives. Nein, man muss sie bezaubern. Schlicht und einfach.«
    »Bezaubern, hm? Na ja, entweder man hat’s, oder man hat’s nicht, wie man so schön sagt.«
    »Zauber können erlernt werden«, sagte Wednesday.
    Shadow stellte das Radio auf einen Oldie-Sender ein und lauschte Liedern, die aus der Zeit vor seiner Geburt stammten. Bob Dylan sang von einem schweren Regen, der niedergehen werde, und Shadow fragte sich, ob das bereits geschehen war oder ob damit für die Zukunft noch gerechnet werden musste. Die Straße vor ihnen war leer, und die Eiskristalle auf dem Asphalt glitzerten in der Morgensonne wie Diamanten.
    Chicago kam allmählich daher, wie eine Migräne. Zuerst durchfuhren sie noch ländliche Gegend, dann dehnten die gelegentlichen Ortschaften sich unmerklich zu Vorstadtgürteln aus, und schließlich wurde aus dem Gürtel der Bauch der Stadt.
    Sie parkten vor einem gedrungenen schwarzen Sandsteinhaus. Der Bürgersteig war schneefrei. Sie gingen zur Eingangstür. Wednesday drückte auf den obersten Knopf des mit einer Gegensprechanlage aufwartenden Metallklingelbretts. Nichts passierte. Er drückte noch einmal. Dann drückte er versuchsweise auch auf andere Klingelknöpfe, provozierte aber auch damit keine Reaktion.
    »Das ist kaputt«, sagte eine hagere alte Frau, die gerade die Treppe herunterkam. »Funktioniert nicht. Wir rufen jedesmal den Hausmeister an, fragen, wann er sich drum kümmern will, wann er die Heizung reparieren will, ist ihm aber alles ganz egal, er fährt den ganzen Winter nach Arizona wegen seiner Brust.« Sie sprach mit schwerem Akzent, einem osteuropäischen, wie Shadow vermutete.
    Wednesday machte eine tiefe Verbeugung. »Sarja, meine Liebe, darf ich Ihnen sagen, wie unbeschreiblich hübsch Sie aussehen? Welch ein strahlendes Wesen! Sie sind kein bisschen gealtert.«
    Die alte Frau sah ihn feindselig an. »Er will Sie nicht sehen. Ich will Sie auch nicht sehen. Bedeutet nichts Gutes, wenn Sie kommen.«
    »Was wohl daran liegt, dass ich nicht komme, wenn es nicht wichtig ist.«
    Die Frau rümpfte die Nase. Sie hatte ein leeres Einkaufsnetz in der Hand und trug einen alten roten Mantel, den sie bis unters Kinn zugeknöpft hatte. Sie sah Shadow misstrauisch an.
    »Wer ist der große Mann?«, fragte sie Wednesday. »Wieder einer von Ihren Mördern?«
    »Sie tun mir furchtbar Unrecht, meine Gute. Dieser Gentleman heißt Shadow. Er arbeitet für mich, das ist richtig, aber er tut es in Ihrem Interesse. Shadow, darf ich Ihnen die reizende Miss Sarja Wetschernjaja vorstellen.«
    »Freut mich«, sagte Shadow.
    Wie ein Vogel spähte die alte Frau zu ihm hinauf. »Shadow«, sagte sie. »Ein guter Name. Wenn die Schatten länger werden, dann kommt meine Zeit. Und Sie sind ein wirklich langer Schatten.« Sie musterte ihn von oben bis unten, dann lächelte sie. »Sie dürfen mir einen Handkuss geben«, sagte sie, indem sie ihm ihre kalten Finger hinstreckte.
    Shadow beugte sich herab und drückte einen Kuss auf die dünne Hand. Die Frau trug am Mittelfinger einen großen bernsteinfarbenen Ring.
    »Guter

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