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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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ein Name, aber das ist nicht meiner«, sagt der Ifrit.
    Hinterher konnte Salim sich nicht erinnern, wo der Sex aufgehört und wo die Träume begonnen hatten.
    Als Salim erwacht und die kalte Sonne ins Zimmer kriecht, ist er allein.
    Außerdem muss er feststellen, dass sein Musterkoffer verschwunden ist, all die Flaschen und Ringe und Souvenirtaschenlampen aus Kupfer sind weg, ebenso sein Reisekoffer, seine Brieftasche, sein Pass und sein Rückflugticket nach Oman.
    Dafür findet er, achtlos auf den Boden geworfen, ein Paar Jeans, das T-Shirt und den staubfarbenen Wollpullover. Darunter liegt ein Führerschein, ausgestellt auf den Namen Ibrahim bin Irem, ein Taxischein mit demselben Namen und einen Schlüsselbund, an dem ein Stück Papier mit einer auf Englisch geschriebenen Adresse befestigt ist. Die Fotos auf den Dokumenten sehen Salim zwar nicht sehr ähnlich, aber andererseits sahen sie dem Ifrit auch nicht sehr ähnlich.
    Das Telefon klingelt. Es ist jemand von der Rezeption, der ihn darauf hinweist, dass Salim bereits abgereist sei und dass auch sein Besuch jetzt bald gehen müsse, damit man das Zimmer für den nächsten Gast herrichten könne.
    »Ich erfülle keine Wünsche«, sagt Salim und lässt dabei die Worte, die sich in seinem Mund bilden, nachwirken.
    Während er sich anzieht, überkommt ihn ein seltsames Schwindelgefühl.
    New York ist simpel gestrickt: Die Avenues verlaufen von Norden nach Süden, die Streets von Westen nach Osten. Was kann da schon passieren?, fragt er sich.
    Er wirft die Autoschlüssel in die Luft und fängt sie wieder auf. Dann setzt er sich die schwarze Plastiksonnenbrille auf, die er in einer der Hosentaschen gefunden hat, und verlässt das Hotel, um sein Taxi zu suchen.
     

8
    … daß die Toten Seelen hätten. Doch als ich ihn dann fragte, wieso das möglich sei, ich hätt gemeint, die Toten, das wären Seelen, brach er meine Trance ab.
    Da kommt es einem doch wohl, daß Verstorbne etwas für sich behalten. Meinen Sie nicht?
     – Robert Frost, ›Die Hexe von Coös‹
     
     
    Die Woche vor Weihnachten sei für Bestattungsunternehmer häufig eine ruhige Zeit, erfuhr Shadow beim Abendessen. Sie saßen in einem kleinen Restaurant, zwei Straßen vom Bestattungsinstitut »Ibis & Jacquel« entfernt. Shadows Mahl bestand aus dem hier ganztägig servierten großen Frühstück – inklusive deftigen Maismehlkrapfen –, während Mr. Ibis ein kleines Stückchen trockenen Kuchen in seine Einzelteile zerlegte. Ibis erläuterte ihm die Sachlage. »Da sind einmal die Verweilenden, die noch durchhalten, weil sie ein letztes Mal Weihnachten oder sogar Neujahr erleben wollen, während die anderen, für die sich die allgemeine Fröhlichkeit und die Feiern als zu schmerzlich erweisen werden, noch nicht reif sind für den letzten Schritt, bevor nicht Ist das Leben nicht schön? wieder im Fernsehen gelaufen ist – der letzte Tropfen, oder sollte ich sagen: der Becher Adventspunsch, der das Fass, oder vielmehr die Schüssel, zum Überlaufen bringt.« Er machte beim Reden ständig kleine Geräusche, halb Schnauben, halb Glucksen, was die Vermutung nahe legte, dass er mit der ausgefeilten Formulierung, die er da vortrug, äußerst zufrieden war.
    Ibis & Jacquel sei ein kleines Familienunternehmen, eines der letzten wirklich unabhängigen Bestattungsinstitute in der Region, wie Mr. Ibis darlegte. »In den meisten Bereichen des Warenverkehrs vertrauen die Menschen auf landesweit bekannte Markenidentitäten«, sagte er. Mr. Ibis sprach im Gestus der Erläuterung: Es war ein sanftes, aber leidenschaftliches Belehren, das Shadow an einen College-Professor erinnerte, der seinerzeit im Fitnesscenter trainiert hatte, einer, der nicht normal reden konnte, sondern immer nur erklärte, ausführte, darlegte. Shadow hatte bereits in den ersten Minuten seiner Bekanntschaft mit Mr. Ibis herausgefunden, dass die ihm zugedachte Rolle bei jeglicher Unterhaltung mit dem Bestattungsunternehmer darin bestand, so wenig wie möglich zu sagen. »Das ist, wie ich glaube, der Tatsache geschuldet, dass die Leute gern von vornherein wissen wollen, was sie bekommen. Daher McDonald’s, Wal-Mart, Woolworth (seligen Angedenkens): konfektionierte Marken, im ganzen Land verbreitet und äußerst präsent. Wo immer man hingeht, überall wird man, mit geringen regionalen Abwandlungen, das Gleiche bekommen.
    Im Bereich der Bestattungen freilich liegen die Dinge notgedrungen etwas anders. Da braucht man das Gefühl, einen

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