Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
Vom Netzwerk:
ein »offener Prozess«, schreibt Gordon Wood, einer der größten Experten auf diesem Gebiet, »in dem die Amerikaner nicht einfach eine neue Regierungsform erfanden, sondern ein vollkommen neues Konzept der Politik«. Dieses Konzept, und darin unterschied es sich von allen anderen revolutionären Systemen, war selbstreparierend; es enthielt zahllose Möglichkeiten, sich selbst zu korrigieren und zu verbessern, es war ein System der permanenten Reform. Daraus erklärt sich auch, dass die Amerikanische Revolution »nicht detailliert in einem einzigen Buch konzipiert wurde; sie war vielmehr das Produkt einer demokratischen Gesellschaft«.
    Thomas Jefferson war gerade mal dreiunddreißig Jahre alt, als er 1776 die Unabhängigkeitserklärung verfasste, eines der schönsten Staatsdokumente, die je geschrieben wurden: » We hold these truths to be selfevident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable rights, that among these are Life, Liberty and the Pursuit of Happiness …« Sein Ausgangspunkt war ein Staat, in dem die Bürger nicht nur Rechte hatten, um sich gegen Machthaber zu verteidigen – so wie es hier und da in Europa der Fall war –, sondern in dem alle Souveränität beim Volk lag.
    In der Verfassung wurde dieses System weiter ausgearbeitet: Die Vereinigten Staaten von Amerika sollten gemeinsam eine Föderation bilden, die die Macht mit den verschiedenen Staaten und, letztendlich, mit dem amerikanischen Volk teilte. Die Gewalten sollten streng getrennt sein, mit dem Präsidenten an der Spitze der Exekutive, dem Senat und dem Abgeordnetenhaus als Judikative und dem Supreme Court , dem Obersten Gerichtshof, als letzter Instanz der strikt unabhängigen Judikative. Der Verfassung wurden zehn Zusatzartikel, die Bill of Rights , angehängt, in denen unter anderem die Religionsfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Versammlungsrecht, das Petitionsrecht, das Recht auf Eigentum und andere Grundrechte garantiert wurden.
    Dem Beschluss der Dokumente gingen lange Diskussionen voraus – zum Beispiel zwischen den Föderalisten und den Antiföderalisten und zwischen mehr oder weniger demokratisch gesinnten Gruppen. Die Zusatzartikel sind, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, demnach auch nicht als unveränderliche, nahezu heilige Texte konzipiert, wie viele Konservative behaupten. Im Gegenteil, sie waren dazu gedacht, sich weiterzuentwickeln. Es war ein dynamisches System, und darin bestand die große Kraft dieser neuen Revolution.
    Die jungen Vereinigten Staaten hatten dabei zahlreiche Bundesgenossen, auch im alten Europa. Der erste ausländische Salutschuss für die amerikanische Flagge wurde am 16. November 1776 im niederländischen Fort Sint Eustatius in der Karibik abgefeuert. Der erste Gesandte aus dem revolutionären Amerika, der spätere Präsident John Adams, wurde in Amsterdam und Paris mit offenen Armen empfangen und sammelte dort Millionen als Kriegsanleihen ein. Frankreich, Spanien und die Niederländische Republik unterstützten den Aufstand gegen England mit allen Kräften – wenn auch in erster Linie, weil sie die Briten schwächen wollten.
    Es war allerdings auch die von Grund auf demokratische Haltung der Amerikaner, die verbreitet Annerkennung und Würdigung fand. Hier wurden schließlich die politischen Ideale der Aufklärung zum ersten Mal im großen Maßstab in die Realität umgesetzt, hier entstanden ein neues System und eine neue Welt, wovon die Europäer nur träumen konnten. Als Erste in der Geschichte wagten die Amerikaner es, die Ideale der Volkssouveränität zu verwirklichen, und das auf eine brillante Weise.
    Daraus entstand sehr bald schon ein ideologischer Echo-Effekt: Die Europäer – vor allem die Franzosen – inspirierten die Amerikaner mit ihrer Aufklärungsphilosophie, und die Amerikaner ihrerseits inspirierten die Europäer mit ihrem mutigen politischen und sozialen Experiment.
    Wagnisse solchen Ausmaßes finden nie ohne heftige und langwierige politische Debatten statt, und das war auch in Amerika der Fall. Längst nicht alle Kolonisten unterstützten die Rebellion. Das niederländische Pro-Oranje-Service, das ich in Deerfield sah, hatte mit seiner aristokratischen und antirevolutionären Botschaft in Amerika vermutlich ebenfalls eine politische Bedeutung. Mindestens eine halbe Million britische Untertanen, ein Fünftel der amerikanischen Kolonisten, blieb dem König von England treu.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher