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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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einstellte, wie sie es nur wagte: auf dreieinhalb Stunden. Danach rappelte sie sich aus ihrer Koje hoch und machte sich in der erträglichen Bordschwerkraft der Käptens Liebchen auf den Weg zum Kommandomodul.
    Vielleicht hatte sie die Funktionsdauer zu knapp bemessen; ihr Gehirn fühlte sich an, als läge es wie Blei im Schädel, lähmten es die Nachwirkungen künstlich hervorgerufenen Schlafs und zerstörerischer geistiger Klarheit. Aber sie konnte sich nun keine Dumpfheit leisten, so wenig wie fortgesetzte Unwissenheit. Und Nick hatte ihre Fragerei längst satt. Um ihn für sich einzunehmen, machte sie einen Abstecher in die Kombüse, kochte eine Kanne Kaffee und bereitete eine Anzahl Sandwiches zu. Dann erst ging sie, indem sie den Kaffee sowie ein Tablett mit den Sandwiches und mehreren Bechern schleppte, auf die Brücke.
    Falls sie versäumte, was Nick und die Amnion besprachen… falls sie ihre Vereinbarung nicht mitanhören konnte oder sie mißverstand…
    Morn durchquerte die Konnexblende, gerade als Mikka ihre Zweitoperatoren zur Ablösung von Nicks Schicht rief.
    Allen auf der Brücke sah man die Auswirkungen der Zermürbung und der G-Belastung an.
    Vector Shaheed befand sich in üblerer Verfassung als jeder andere. Sein Gesicht war verquollen und grau, hatte den Farbton kalter Asche angenommen; man hätte meinen können, er hätte einen leichten, aber folgenschweren Herzanfall gehabt. Aber er war nicht der einzige, der den Eindruck gänzlicher Ermattung erweckte, kurz vor dem Zusammenklappen stand.
    Malda lag mit zurückgelehntem Kopf in ihrem Andrucksessel, atmete stoßweise durch die Nase ein. Lind stierte auf die Bildschirme, offenbar ohne sie zu sehen; anscheinend merkte er gar nicht, daß seine Augen zu schielen angefangen hatten. Der Steueranlagen-Hauptoperator rieb sich fortwährend das Gesicht, als hätte er vor, durch Massage sein Kinn zum Vorschein zu bringen; seine Hände erzeugten auf seinen Bartstoppeln ein vernehmliches Schaben. Carmel hatte noch ihren festen, kompromißlosen Blick, doch ihre Haltung wirkte so schlaff, als wären ihr durch den Andruck der Bremsphase die Knochen verkürzt worden. Mackern stützte erschöpft den Kopf auf die Kontrollkonsole; Schweiß tröpfelte auf die Tastatur.
    Mikka bewegte sich mit ihrer gewohnten, griesgrämigen Selbstsicherheit umher; ihre Stimme bezeugte lediglich Müdigkeit, keine Erschöpfung. Dennoch zeigte sich der Preis ihrer Zähigkeit in den Falten des Gesichts; ihre finstere Miene schien inzwischen so tief und unauslöschlich eingekerbt zu sein, als hätte jemand sie ihr mit Säure eingeätzt.
    Was Nick betraf, so war die Spannkraft aus seinen Bewegungen gewichen; jede Regung seiner Schultern und Arme verlief langsam, weil die durchgestandenen Mühen sie ihm schwer machten. Seine Augen waren stumpf geworden, und unter dem Bart sah die Haut seiner Wangen bleich und verhärtet aus, so wie seine Narben.
    Trotz seiner Entkräftung befaßte er sich damit, von den anderen Plätzen der Brücke aktuelle Daten abzurufen und sich an seiner Kommandokonsole anzeigen zu lassen. In Abständen stellte er Fragen in einem Ton, der ihre umgehende Beantwortung durch seine Crew sicherstellte.
    Einen Moment nach ihrer Ankunft bemerkte er Morn. Mit einem beifälligen Brummen nahm er sich ein Sandwich und einen Becher, hielt ihr das Trinkgefäß zum Füllen hin; dann schickte er sie mit einem Nicken zu den übrigen Angehörigen der Schicht.
    Mikka griff sich ebenfalls einen Becher und ein Sandwiche. Carmel auch. Vector ließ sich mit einem dankbaren Lächeln Kaffee einschenken, mochte jedoch nichts essen. »Ich trinke keinen Kaffee«, nuschelte Lind, als wäre ihm diese Tatsache – oder der Umstand, daß jemand ihn bediente – peinlich; aber er krallte sich mit einer regelrecht zur Klaue verkrümmten Hand ein Brot. Der Steueranlagen-Hauptoperator und Malda waren zu ermüdet, um Morn überhaupt zu beachten. Als sie Sib Mackern anstieß, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sah sie, daß er schon schlief.
    Unvermittelt klatschte Lind eine Hand auf seine Funkgeräte. Er legte das Brot beiseite und schaltete den Ton ein.
    »Station Potential an vorgeblichen Human-Kapitän Nick Succorso.«
    Mittlerweile hatte der Sender seinen Standort so nahe, daß man die Stimme völlig klar und deutlich empfing. Ohne die Verzerrungen durch Statik hatte sie einen schärferen und deshalb paradoxerweise auch fremdartigeren Klang. Sie schreckte Sib aus dem Schlaf sowie Malda und

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