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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ihre Nerven stärker als die Folgeerscheinungen der Geburt reizten. Von Kopf bis Fuß fühlte sie sich nackt; trotzdem hielt irgend etwas sie warm. Ganz langsam näherte sie sich einem Zustand wirklichen Wachseins.
    Bald darauf konnte sie wieder richtig sehen.
    Ein paar Schritte entfernt stand eine Gestalt in einem EA-Anzug, doch mit offener Helmscheibe, neben dem anderen brutkastenartigen Behälter. Greulich-gelbes Licht glänzte überall auf der Mylarhülle des Anzugs.
    Nick.
    Zugewandt war er einem rostfarbenen, monströsen Ungetüm, das der Amnion-Mediziner sein mußte.
    »Der Nachfahre kommt zu Bewußtsein«, sagte der Amnioni, der über den Kasten aufragte, in sein Mikrofon und die ätzende Luft. »Bei Menschen ist danach eine Anpassungszeit erforderlich. Ein Transfer des Geistes verursacht… Die Übersetzungsoptionen empfehlen den Terminus ›Desorientierung‹. Es tritt eine Übergangsphase auf, während deren Dauer der transferierte Geist sich selbst noch nicht von seiner Quelle unterscheiden kann. Unsere Datenlage ist nicht adäquat, um den Verlauf der Desorientierungsperiode vorauszusagen. Vermutungen zufolge kann die Umstellung bei hinreichender Stimulation schnell geschehen.«
    Der Arzt bewegte einen seiner Arme am Rande des Kastens entlang, und der Deckel klappte hoch.
    Morn sah nackte Gliedmaßen zucken, hörte ein schleimiges Husten: den schwächlichen Laut eines Säuglings, der zuwenig Luft bekam.
    Ihres Kinds.
    Sie versuchte sich zu regen.
    Irgendein Gewicht schien sie niederzudrücken. Schwer war es nicht, aber zu schwer für sie. Morn durchschaute den Sachverhalt nicht. Hatte der Amnioni sie festgeschnallt?
    Mühevoll richtete sie den Blick auf den eigenen Körper.
    Sie war nicht fixiert. Ausschließlich der dünne Stoff ihrer Bordmontur bildete das Gewicht. Vermutlich hatte der Amnioni sie entkleidet, damit das Kind geboren werden konnte. Danach mußte er ihr die Montur wieder übergestreift haben.
    Sie war zu schwach, um bloß das Gewicht einer gewöhnlichen Bordmontur heben zu können. Wie ein Neugeborenes müßte sie nackt zu sich selbst finden.
    Irgendwie schaffte sie es, den Kopf noch einmal so weit zu drehen, daß sie wieder den anderen Kasten sah.
    Der Arzt stülpte eine Atemmaske über den Mund der Gestalt, die in darin lag, befestigte sie mit einem Gurt. Das Husten verstummte, doch die matten, unsicheren Bewegungen der Gliedmaßen setzten sich fort.
    Mit dreien seiner sekundären Arme half der Amnioni Morns Sohn in eine Sitzhaltung auf; einen Moment lang blieb er hocken, atmete nur mühsam. Dann war der Arzt ihm dabei behilflich, die Beine über die Kante der Liegefläche zu schieben, um aufzustehen.
    Ausgenommen die Maske auf seinem Gesicht und die vergleichsweise Schmalheit seines Körperbaus, hätte er ohne weiteres Angus Thermopyle sein können.
    Sein Anblick hätte Morn erschreckt, wäre sie in ihrer gegenwärtigen Verfassung zum Erschrecken fähig gewesen. Doch das Z-Implantat hielt sie in so dichter Nachbarschaft zum Nichts, daß sie nicht einmal auf ein Ebenbild des Mannes reagierte, der ihr Fleisch mißhandelt, ihr Gemüt zerspellt hatte.
    Erst eine Stunde war Davies Hyland alt, und schon ähnelte er in seiner düsteren Ungeschlachtheit einer aufgedunsenen Kröte. Sein Brustkorb und die Arme wirkten, als wären sie auf nichts als Gewalt angelegt; er hatte sich mit gespreizten Beinen hingestellt, als hätte er vor, den Schikanen des gesamten Universums zu trotzen. Sein Penis baumelte ihm so häßlich wie irgendein beliebiges Vergewaltigungsinstrument am Unterleib.
    Nur die Augen verrieten das Erbteil seiner Mutter. Sie hatten Morns Augenfarbe – und spiegelten die gleiche Furcht wider.
    Lediglich aufgrund dieser Furchtsamkeit sah er wehrlos wie ein Kind aus.
    Davies Hyland. Ihr Sohn.
    Ihr Geist in Angus’ Körper.
    Er brauchte sie. Für ihn waren diese Momente schlimmer, als sie je für sie sein könnten. Er litt unter allem, was sie jemals entsetzt hatte – aber verfügte über kein Z-Implantat, um sich dagegen zu schützen.
    Seine Notlage verlieh Morn genug Kraft, um eine Hand in die Tasche ihrer Bordmontur zu schieben.
    »Wir unterbreiten noch einmal das Angebot«, sagte der Amnioni, »den weiblichen Menschen zu kaufen. Ein angemessenes Entgelt kann ausgehandelt werden. Für Sie hat der Muttermensch keinen Nutzen mehr. Die einzige Methode, durch die sein Geist rekonstruiert werden kann, ist die Veränderung seiner genetischen Identität.«
    »Mit anderen Worten«,

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