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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich elementare Begierden. Die Beschwernis ihrer Unzulänglichkeiten glitt von ihren Schultern. Die Bordatmosphäre des Raumschiffs schien sauberer, klarer zu werden. Morn erlebte das Gefühl einer gründlichen Wiederherstellung, Wiederaufrichtung, endlich von neuem sie selbst zu sein, Morn Hyland.
    Auch das war eine Form von Irrsinn. Trotzdem war dieser Eindruck ihr willkommen wie ein Liebhaber.
    Sie merkte nicht, daß sie sich tatsächlich die Wangen zerkratzt hatte, bis ein Tropfen Blut auf ihre Hände fiel.
    Huch. Sie biß die Zähne zusammen, um nicht laut zu kichern.
    Indem sie sich sorgsam still verhielt, weil katatonisch gewordene Menschen keinen Mucks von sich geben, ging sie in die Hygienezelle und betrachtete sich im Spiegel.
    Bei ihrem Anblick verflog ihre jede Lust zum Lachen.
    Die Augen saßen tief eingesunken in den Höhlen, hatten infolge des Entzugs und der Strapazen dunkle Ränder. Neue Falten hatten sich ihrem Gesicht eingekerbt, als hätte sie monatelang düstere Grimassen geschnitten. Seitlich des Munds klebte getrocknetes Erbrochenes. Sie hatte fahle Haut, den Teint einer Kranken, und die Weise, wie ihr Fleisch um die Knochen wabbelte, zeigte an, daß sie erhebliches Gewicht verloren hatte.
    Die wunden Kratzer auf ihren Wangen ähnelten wegen der Blässe ihrer Haut einer grotesken Parodie auf Nicks Narben.
    Das Z-Implantat enthob sie ihrer Schranken nicht. Es verlieh ihr lediglich die Leistungskraft, deren sie bedurfte, um die Grenzen ihrer Überlebensfähigkeit auszuweiten.
    Und das genügt, sagte sie sich in einer Stimmung kalter Sicherheit. Mehr benötige ich nicht.
    Sie wandte sich vom Spiegel ab.
    Also gut. Schluß mit der Besinnlichkeit. Das schwarze Schaltkästchen war wieder in ihrem Besitz. Als nächstes stand sie vor dem Problem, aus der Kabine zu gelangen.
    Nun jedoch neigte sie auf einmal zur Zaghaftigkeit.
    Infolge irgendwelcher Zusammenhänge unterminierte das Z-Implantat, während es ihr Stärke einflößte, sie mit artifizieller Tüchtigkeit versah, gleichzeitig ihre Sicherheit. Es blockierte ihre Verbindung zu jenem Teil ihrer selbst, der alles durchschaute und nichts offenbarte. Wie könnte sie denn die Kabine verlassen? Irgendwann hatte sie auf diese Frage die Antwort gekannt; sie hatte sich schon auf das erforderliche Vorgehen vorbereitet. Jetzt war es ihrem Denken entfallen.
    Kraft. Das mußte die Lösung sein. Das Z-Implantat gab ihr größere Körperkräfte, sonst nichts, was hier irgendwie von Nutzen sein mochte. Keine besondere Schnelligkeit der Gedankengänge oder des Handelns konnte sie aus ihrem Gefängnis befreien. Aber wenn sie genügend Körperkraft einsetzte…
    Die Tür war so konstruiert worden, um Druck auszuhalten, der in rechtem Winkel zu ihrer Fläche entstand – durch Dekompression oder wuchtige Stöße –, nicht hingegen in der Richtung ihrer eigenen Bewegung. Der Servomechanismus, der sie öffnete und schloß, gab nach, sobald er ein Hemmnis bemerkte. Morn Aufgabe umfaßte also lediglich die Anwendung von Körperkraft und Druck; sie brauchte nur die Tür nachdrücklich genug in Schließrichtung zu schieben, um dadurch die Rückkopplungsschaltkreise auszulösen, dann würde die Tür sich öffnen.
    Und eine Störfallmeldung die Brückencrew genau darauf hinweisen, was sich ereignete. Nick käme persönlich angerast, um ihr Vorhaben zu vereiteln. Oder er schickte bewaffnete Besatzungsmitglieder…
    Nein, sie durfte sich von solchen Erwägungen nicht abschrecken lassen. Eines nach dem anderen. Zuerst mußte sie aus der Kabine. Danach erst brauchte sie sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie sie einer neuen Gefangenschaft entging.
    Sie bezog an der Tür Aufstellung und intensivierte ihre künstliche Kraft so sehr, wie es überhaupt möglich war – so weit, daß das Rauschen der Endorphine und Dopamine in ihrem Gehirn ein Brausen wie ein starker Wind zu erzeugen schien, und ihr Brustkorb wogte, weil sie gar nicht ausreichend Luft einatmen konnte, um derartig viel Adrenalin zu bewältigen. Dann legte sie die Handteller an die Tür, stemmte sich gegen sie und schob.
    Schob.
    In ihrem Innern schwoll der Druck, bis in ihren Ohren ein Sturm zu tosen schien, ihr vor Augen alles verschwamm. Ihre Arme bebten wie zu stark gespannte Trossen; wahrscheinlich hatte sie genug Kraft, um sich die eigenen Knochen zu brechen. Schmerzhafte Stiche durchfuhren immer häufiger ihre Lungen, als Blutgefäße platzten.
    Plötzlich riß die Haut ihrer Handflächen. Vom Blut

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