Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
nannte ihr die Einzelheit, die ihr noch zum Durchblick fehlte. Sobald dieser letzte Stein sich in ihr Gedankengebäude einfügte, hatte sie zum aktuellen Stand der Dinge zurückgefunden.
    Erstmals nahmen Morns Augen ihren Retter vollauf wahr.
    Bleib ruhig, empfahl der Teil ihres Ichs, der alles wußte. Nichts überstürzen. Du hast genügend Zeit. Begehe keine Patzer.
    »Wo ist er?« erkundigte sie sich in einer gespannten Ruhe, die keinen Zweifel daran zuließ, wen sie meinte.
    Mackern war alles andere als ruhig. »Er ist vor… äh… vor zwanzig Minuten zu der Kosmokapsel gebracht worden.« Morn war, als könnte sie seinem Gesicht das Verrinnen der Zeit ansehen. »Bis dahin mußte ich warten. Liete stand vor seiner Tür Wache, bis er geholt worden ist. Sie sagte, sie verläßt sich nicht darauf, daß du eingeschlossen bleibst. Ehe sie gemeldet hat, daß er in der Kapsel sitzt, konnte ich’s nicht riskieren, mich zu dir zu schleichen. Sie hat gesagt…« Er mußte schlucken, um weiterreden zu können. »Sie sagte: Er hat uns keine Scherereien gemacht. Anscheinend steht er unter ’ner Art von Schock. Als ob er wüßte, was wir mit ihm anstellen, wäre aber zu demoralisiert, um sich zu wehren.«
    Noch neunzehn Minuten.
    Morn dachte nicht an Davies. Sie brauchte nicht an ihn zu denken. Er gab ohnedies den Grund für alles und jedes ab. Vielmehr richtete sie eine letzte Frage an Sib Mackern.
    »Hat Nick seine Prioritätscodes geändert?«
    Der Datensysteme-Hauptoperator schüttelte den Kopf. »Dazu hatte er noch keine Zeit.«
    Nein, natürlich nicht. Und weshalb hätte er sich der Mühe unterziehen sollen? Die einzige Person, die es wagen würde, statt seiner diese Codes zu benutzen, war um den Verstand gekommen, hatte er sicher eingesperrt.
    Mackerns Auskunft ergänzte alles, was sie, ohne es zu wissen, geplant und vorbereitet hatte.
    Mit einer Mühsal, die ihr Beschwerden in den Gelenken verursachte, erhob sich Morn. »Geh in deine Kabine«, riet sie Sib, indem sie ihr Zonenimplantat-Kontrollgerät hervorholte. »Du bist mutiger, als du glaubst.«
    Zerschrammtheit und Blutschorf machten ihre Handteller steif. Die Fingerkuppen waren wund. Aber nichts davon zählte.
    Eine Funktion des Kontrollgeräts erfüllte ihre Glieder mit frischen Kräften.
    »Wenn einer von uns beiden lebend davonkommt, ist es dir zu verdanken.«
    Eine zweite Funktion stählte ihre Nerven, optimierte ihre Reflexe.
    »Ich tu, was ich kann, um dich aus allem rauszuhalten.«
    Eine dritte Funktion erlaubte es ihr, die Hände schmerzfrei zu bewegen, als wären sie unvermindert biegsam.
    »Vergiß nicht, meine Kabine wieder zu verriegeln.«
    Sechzehn Minuten.
    Hier konnte sie nichts unternehmen, um Mackern zu schützen. Sein Leben hing völlig von seinen eigenen Vorsichtsmaßnahmen ab. Sie nickte ihm dankend zu, öffnete die Tür und eilte im Laufschritt in den Korridor.
    »Viel Glück!« zischelte Sib ihr gedämpft nach. »Um mich mach dir keine Sorgen.«
    Morn ließ ihn zurück. Der Korridor war frei. Gut. Morn strotzte vor Kraft, fühlte sich wie eine aufgeladene Materiekanone. Sie würde jeden töten, der ihr den Weg vertrat.
    Jedenfalls wollte sie es versuchen. Wert legte sie darauf nicht. Sie mochte nicht noch mehr Blut an den Händen haben. Ihr eigenes genügte.
    Auf nackten Füßen gelangte sie lautlos zum Lift, drückte die Taste.
    Nur die Ruhe bewahren.
    Sie war ruhig. Dennoch hielt sie sich bereit, um sofort jeden attackieren zu können, der sich möglicherweise in der Liftkabine befand.
    Niemand stand darin. Morn stieg hinein und fuhr hinab in den Innenbereich des Raumschiffs, zum Maschinenraum und zur Hilfssteuerwarte.
    Falls Nick sie beobachtete, bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, darüber auf dem laufenden zu bleiben, wo sie sich umherbewegte. Der Wartungscomputer konnte ihm anzeigen, welche Türen sich öffneten und schlossen, welche Lifts benutzt wurden; er hatte die Kapazität, um in bezug auf die Räumlichkeiten die anteilmäßige Beanspruchung der Luftfilterlage zu errechnen und anhand dessen mitzuteilen, wie viele Personen sich gerade in einem bestimmten Gang oder einer bestimmten Kabine aufhielten. Allerdings erst, wenn man ihn danach fragte – und das zu tun, hatte Nick keine Veranlassung, solange er keinen Verdacht hegte.
    Wenn Sib sich nicht auf irgendeine Weise verraten hatte…
    Falls die Friedliche Hegemonie und die Startvorbereitungen für die Kosmokapsel Nick hinlänglich beanspruchten…
    Noch fünfzehn

Weitere Kostenlose Bücher