Amnion 2: Verbotenes Wissen
Milos’ stumpfen Augen –, daß Angus es nicht über sich brachte, sich Widerreden zu verkneifen.
»Wahrscheinlich glauben Sie«, sagte er grob, »ich wäre Ihnen auch noch dafür dankbar, daß Sie mich mit einem Verräter und Feigling ins selbe Raumschiffe stecken, der nicht bloß schlechte Reflexe hat, sondern obendrein die Macht, um mich glattweg per Tastendruck auszuknipsen, sobald er seiner Hosenscheißerei nicht mehr Herr wird. Er ist genau der Kerl, den ich mir als Begleiter ausgeguckt hätte, um mich zu verdünnisieren.«
Zum erstenmal ergriff Min Donner das Wort. »Angus, hier begeht niemand den Irrtum zu glauben, Sie seien für irgend etwas dankbar.«
Angus überhörte ihre Zwischenbemerkung. »Aber darum dreht’s sich ja gar nicht. Sie streuen bloß Statik-Minen aus. Sie möchten, daß ich ganz versessen darauf bin, dieses Stück Scheiße zu übertölpeln, und dabei übersehe, um was es in Wirklichkeit geht.«
»Und um was«, fragte Dios mit gleichgültiger Stimme, »geht es nach Ihrer Meinung in Wirklichkeit?«
»Das müßten Sie mir sagen können. Wir sind hier beide schon seit Monaten. Auf einmal ist es eilig. Welche beschissenen ›Dinge‹ sind denn plötzlich so scheißig ›dringend‹?«
Dios’ Mund zuckte; möglicherweise schmunzelte er. »Die Ereignisse spitzen sich zu. Alles, was Sie in diesem Zusammenhang wissen müssen, ist schon in Ihrem Data-Nukleus gespeichert. Sie erhalten beizeiten darauf Zugriff. Aber ich möchte vorab erwähnen« – über den Tisch hinweg streifte sein Blick Min Donner, ehe er wieder Angus anschaute –, »daß darin Ihnen bekannte Personen verwickelt sind. Nick Succorso müßte… hm… praktisch jeden Moment mit der Käptens Liebchen bei Kassafort eintreffen.«
Seine Worte fielen so geruhsam, als käme den Einzelheiten keine besondere Bedeutung zu. »Er hat Morn Hyland an Bord«, fügte er hinzu. »Wir wissen nicht, wo sie gewesen sind, aber eine Analyse der Richtfunk-Vektoren deutet darauf hin, daß sie Thanatos Minor aus der Richtung Station Potentials anfliegen.«
Morn.
»Sie müssen sich für einige Zeit im Bannkosmos herumgetrieben haben.«
Angus sank auf seinem Stuhl in sich zusammen. Der Bannkosmos scherte ihn nicht. Seine Anteilnahme galt Morn Hyland. Sie war der einzige lebende Mensch, der nun sein letztes Geheimnis noch aufdecken, seine letzte Hoffnung zerstören konnte.
Er lebte noch, weil er mit ihr eine Übereinkunft vereinbart hatte. War die Abmachung von ihr respektiert worden? Würde sie sie auch künftig beachten?
»Min«, fragte der Polizeipräsident, »wie hat Nicks letzter Funkspruch gelautet?«
»Er ist nur kurz gewesen«, gab Min Donner auf eine Weise zur Antwort, als bereitete es ihr Mühe, sich eines hämischen Prustens zu enthalten. »Der Text lautete: ›Ich habe sie für Sie gerettet. Nun hauen Sie mich hier raus. Tun Sie es nicht, kann ich sie nicht mehr vor der Vereinnahmung durch die Amnion schützen.‹«
Für Angus bestand die größte Gefahr keineswegs darin, daß sie in die Hand der Amnion fallen mochte. Er erachtete es als die ärgste Bedrohung, daß er darauf programmiert sein könnte, sie zu befreien, sie der VMKP zurückzubringen – und sie zum Schluß ihr Versprechen nicht hielt.
Und doch griff die Vorstellung, sie wiederzusehen, ihm ans Herz wie eine Anwandlung des Grams.
Hinter seiner Nik schnitt Milos Taverner eine Miene, als müßte er sich übergeben.
»Bedauerlicherweise ist Nick Succorso keine allzu vertrauenswürdige Person«, merkte Dios an. »Aber wir können über die Möglichkeit, daß eine VMKP-Leutnantin in die Pfoten der Amnion gerät, auf keinen Fall hinweggehen. Begleiten Sie Milos zur Posaune.« Er erteilte Min Donner die Anweisungen, ohne daß sich an seiner Haltung oder seinem Ton etwas änderte. »Erinnern Sie ihn sicherheitshalber nochmals an seine Instruktionen. Belehren Sie ihn über die Konsequenzen, falls er dagegen verstößt. Haben Sie keine Skrupel, ihn zu langweilen. Einige Gedächtnisstützen können ihm kaum schaden. Ich möchte noch für ein paar Minuten mit Angus plaudern. Ich bringe ihn Ihnen, wenn ich fertig bin.«
Donner verengte die Lider. »Halten Sie das für unbedenklich?«
»Sie nicht?« entgegnete Dios.
Sofort erhob Min Donner sich vom Stuhl. Im trüben Licht wirkte ihr Gesicht verschlossen und hart. »Kommen Sie mit, Milos.«
Taverners Hände schlotterten wie im Fieber, als er die Nik aus dem Mund nahm, sie achtlos auf den Fußboden schmiß und aufstand. Er
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