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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wer sie herstellt. In der Praxis sieht die Sache natürlich anders aus. Die Qualität variiert in umgekehrter Proportion zum Produktionsumfang. Je mehr fabriziert werden, um so mehr Unregelmäßigkeiten schleichen sich ein, durch Fehler menschlicherseits oder schlichtweg durch Verschleiß der Herstellungsanlagen. Je weniger produziert werden, um so geringer fallen die Unregelmäßigkeiten aus. Außer es ist Inkompetenz mit im Spiel, aber in dem Fall kann man sowieso nicht erwarten, daß ein Chip funktioniert.«
    »Das heißt«, folgerte Hashi, »wird ein Chip illegal hergestellt, müßte er ein qualitativ höheres Niveau als unsere Exemplare haben.«
    Ohne stehenzubleiben, nickte Lane. »Dieser Chip stammte aber vom Anodynum-Systemewerk. Er ist von der letzten Lieferung, die wir vor sechs Tagen abgeholt und in Gebrauch genommen haben, nicht zu unterscheiden.«
    »Mit anderen Worten«, lautete Hashis nächster Schluß, »in unseren Reihen gibt es einen Verräter.«
    »Entweder haben wir’s mit einem Verräter zu tun«, berichtigte Lane ihn, »oder einem Schwarzmarkt. Oder schlichter Bestechung. Hier oder im Anodynum-Systemewerk.«
    »Völlig richtig, besten Dank.« Beifällig strahlte Hashi sie regelrecht an. Genauigkeit war eine seltene, lobenswerte Tugend. »Mit einem Verräter, Schwarzmarkthandel oder Bestechung… Hier oder dort.« Er schwieg für einen Moment. »Wissen Sie was?« meinte er dann. »Es paßt.«
    Lane hielt lange genug im Hin- und Herwandern inne, um für einen flüchtigen Augenblick zart auszusehen. »Es paßt?«
    »Es paßt zu dem Sachverhalt«, verdeutlichte Hashi seelenruhig, »daß der Kaze mit dem Shuttle von Suka Bator gekommen war, wo ihn der EKRK-Schutzdienst schon gecheckt hatte. Diese Tatsache ermöglichte es ihm, hier bei uns Erfolg zu haben. Wäre er auf einem anderen Raumhafen gestartet, hätten die Mitarbeiter der ehrenwerten Direktorin Min Donner ihn gründlicher überprüft, und vielleicht hätte er nicht passieren dürfen.«
    Lane setzte sich wieder in Bewegung. »Trotzdem verstehe ich nicht…«
    »Es ist ganz einfach«, versicherte Hashi, ohne ungeduldig zu werden. Auch an den eigenen Erklärungen hatte er sein Vergnügen. »Direktorin Donners Leute sind durchaus nicht fahrlässig gewesen. Sie hatten allen Grund, um sich auf den EKRK-Schutzdienst zu verlassen. Die routinemäßigen Sicherheitsvorkehrungen auf und um Suka Bator sind zu den besten Zeiten so strikt wie bei uns. Und gegenwärtig, so kurz nach dem Attentat auf Kapitän Sixten Vertigus – in seinem eigenen Büro –, sind die Kontrollmaßnahmen am strengsten. Da kommt bestimmt nichts und niemand Dubioses durch. Der Kaze wäre kaum zur Gefahr geworden, hätte ihn der EKRK-Schutzdienst nicht schon kontrolliert und ihm damit auf gewisse Weise Unbedenklichkeit bescheinigt gehabt. Aber wie konnte so etwas geschehen? War der EKRK-Schutzdienst nachlässig? In Anbetracht der Umstände zweifle ich daran. Demnach müssen die Legitimationen des Kaze einwandfrei gewesen sein.«
    Die rauchende Technikerin konnte den Mund nicht halten. »Na klar, jetzt kapier ich’s. Wer den Kaze geschickt hat, versteht sich nicht nur unsere KMOS-SAD-Chips zu verschaffen, sondern auch die Paßwort-Codes des EKRK-Schutzdienstes, von unseren Kontrollcodes gar nicht erst zu reden. Also müssen die Urheber unterm EKRK-Personal stecken. Oder in der VMKP.«
    »Oder bei den VMK«, äußerte Hashi. »Das Anodynum-Systemewerk gehört ihnen.«
    »Ja, oder bei den VMP«, pflichtete Lane ihm bei.
    »Aber das EKRK können wir streichen«, sagte Hashi. »Im Gegensatz zu den Vereinigten Montan-Kombinaten und der Vereinigte-Montan-Kombinate-Polizei hat das Konzil keinen Einfluß auf das Anodynum-Systemewerk. Umgekehrt hingegen verfügt der Drache in seiner Höhle über genug Lobbyisten im EKRK, um alles zu erreichen, was er will.«
    Lane dachte kurz über diese Argumentation nach, dann nickte sie, wobei sie eine Qualmwolke ausstieß. »Und wo stehen wir folglich?« fragte sie, als feststand, daß Hashi seine Darlegungen nicht zu ergänzen beabsichtigte.
    »Meine liebe Lane…« Er spreizte die Hände. »Wir stehen genau da, wo wir stehen. Sie haben ein gewisses Faktum ermittelt. Jedes Faktum ist ein Schritt vorwärts, und eine hinreichende Anzahl von Schritten ergibt einen Weg. Wir sind auf unserem Weg einen Schritt vorangelangt. Ich bin sehr gespannt, ob Sie uns noch ein Faktum ergründen können. Oder vielleicht sogar zwei Fakten.«
    Lane kannte kein Zögern.

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